Aus dem Schlagwort der politischen Korrektheit entwickelte sich die Tyrannei einer vorgeblichen Mehrheit. Das war schlimm genug: Was geäußert werden durfte, un-terlag der Genehmigung einer lautstarken Mehr- oder Minderheit. Nicht was getan werden sollte, sondern was gesagt werden durfte wurde entschieden nach der Me-thode Spartas: Auf der Volksversammlung wurde entschieden nicht nacht Zahl der Abstimmenden, sondern nach ihrer Stimmkraft. Die Partei, die am lautesten brüllte, gab den Ton an.
Dass das demokratisch gewesen wäre, wird selbst ein Populist nicht behaupten wol-len.
Doch abgestimmt wurde immerhin über etwas, was gesagt worden war. Die woke Welle schwappte weit darüber hinaus - es wurde vorab gefiltert, was gemeint worden sein konnte. Einen procès d'intention nennt man das auf Französisch: Nicht was ausge-sprochen wird, unterliegt der mehrheitlichen Zensur, sondern was gemeint sein könnte. Das ist nicht ex post tyrannisch, sondern ex ante totalitär.
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Anfang der dreißiger Jahre brachte die Linskurve, das Literaturblatt der längst stali-nisierten KPD, ein gefälschtes Zitat der expressionistischen Dichters Ernst Toller. Als andere linke Blätter die Fälschung entlarvten, antwortete die Linkskurve scham-los, nicht auf das, was Toller gesagt habe, käme es an, sondern darauf, was er gesagt haben könnte. Die Kühnheit macht Eindruck, es klingt ja nicht völlig falsch. Es ist es aber. Es geht nämlich nicht um die persönliche Einschätzung des Privatmanns Toller, sondern um ein öffentliches Urteil über einen politischen Sachverhalt. Jeder mag vom Autor oder selbst der Privatperson meinen, was er will. Aber hier handel-te es sich um eine politische Lüge im politischen Raum.
Zu welchen Konsequenzen die Vermutung über korrekte Gesinnung im Herr-schaftsbereich des Stalinismus noch führen sollte, ist bekannt. Die Wokerey kann man gar nicht früh genug stoppen. Dass die Amerikaner die Sache Donald Trump überlassen haben, ist die eigentliche politische Katastrophe dieser Zeit. Mittlerweile bedarf es der ukrainischen Front, um sie in Grenzen zu verweisen.
Ich stamme noch aus dem vergangenen Jahrtausend. Für mich ist Totalitarität schlechterdings rechts, in welche Schleier sie sich auch hüllt.
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