
SPORT gibt es überhaupt nur an der Schule. Im wirklichen Leben gibt es Fußball, Turnen, Hockey, auch Schwimmen, Ringen und Rudern. Und weil man das alles nicht alleine machen kann, gibt es das typischerweise im Verein. 'Sport' ist Körper-ertüchtigung und hat einen öffentlichen Zweck. Angefangen hat er an den adligen englischen Public Schools, wo ein jeder erstmal Offizier wurde, bevor er sich ins Geschäftsleben herabließ. Nicht anders an den kontinentalen Gymnasien. Die wa-ren nicht ganz so aristokratisch, die schielten gleich aufs bürgerliche Erwerbsleben, und das geschah sitzend, da fielen nichtmal Reserveleutnants ab; die musste man mit Leibesübung in Form halten.
Und als dann die allgemeine Schulpflicht kam, ließ der allgemeine Wehrdienst nicht auf sich warten, und als die Rekruten aus den Arbeitervierteln alle schon krumme Rücken hatten, musste auch in den Volksschulen SPORT her.
Die Schule ist eine Anomalie, der Sportunterricht ist es erst recht. So wenig es einen Sinn hat, für eine Anomalie nach einer Idealvariante zu
suchen, so wenig hat es Sinn, einen idealen Schulsport auszuhecken.
Kinder, die sich bewegen wollen und in un-sern Städten nicht genügend
Platz dafür finden, gehören in die Sportvereine, wo sie wenigstens von
den Erwerbspädagogen verschont bleiben, und wo sie sich ohne Komplexe
und ohne verschämtes Rationalisieren auf Wettkampf und Kraftproben
einlassen dürfen: Das ist, woran man wächst. Nämlich wenn man sich selber er-probt; nicht von andern erprobt wird.
Dazu ist es erforderlich, die Schulzeit zu verkürzen und den Nachmittag freizuhal-ten - und den Wunsch, sich persönlich zu bewähren, nicht länger genderologisch zu verunglimpfen.
Man
kann auch Noten für gutes Deutsch, gepflegte Umgangformen und treuen
Blick geben; lauter Sachen, die die Schule schätzt und mit dem
Produzieren von Leistung, pfui Deibel, gar nichts zu tun haben. Kinder sollen nicht toben, sondern sich sinnvoll beschäftigen.
Kommentar zu Das Paradox des Schulsports. JE, 31. Mai 2022
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