Venus von Medici
aus Die Presse, Wien, 26. 5. 2025 zu öffentliche Angelegenheiten
Eine Gleichstellungsbeauftragte ließ den Bronze-
abguss einer „sexistischen“ Statue aus einer deutschen Behörde entfernen.
aus FAZ.NET, 22. 5. 2025
Wenn Prüderie zur Gefahr für die Kunst wird
Empfindungsstörung:
In einem Bundesamt wurde der Abguss einer nackten Venus-Statue
abgeräumt, weil er als „sexistisch empfunden“ werden könnte. Da waren
wir schon einmal weiter.
Jahrhundertelang erfreute sie die Menschen, Botticelli nahm den „Pudica“-Typus zum Vorbild seiner schaumgeborenen Venus, Dürer verwandelte die zarte antike Geste des Verhüllens ihrer Scham und ihrer Brust in viele Evas auf Bildern und Stichen, zahllose andere Künstler taten es den beiden gleich. Die Ironie dabei: Berlins Nacktheitsgegner hätten ein simples Totschlagargument zur Hand gehabt, um die unliebsame Statue aus dem Verkehr zu ziehen – sie stammt aus dem einstigen Besitz Hermann Görings, wurde nach einem unfreiwilligen zweiten Bad zu Kriegsende in dessen Gut Carinhall aus dem See vor der Villa gefischt und gelangte in das Bundesvermögen. Mit der Nazi-Keule hätte die Göttin leichterdings für kontaminiert erklärt und in die Besenkammer verfrachtet werden können.
Aber nein, man war im Bundesamt so plump und argumentiert über das, was eine Venus-Statue erst zu einer solchen macht, nämlich ihre attributive Nacktheit, ähnlich widersinnig mithin, als würde man antike Darstellungen ihres ebenfalls nackten Gemahls Mars heutzutage als kriegstreiberisch verbieten wollen, weil dieser Waffen trägt. Es gebe „Hinweise“ – also sprach die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesamtes –, die Venus werde als „sexistisch empfunden“.
Welche Hinweise? Von wem? Der Römer in einem heult vor Schmerz auf, die Anhänger des neuen Prüderismus jubeln. Den Stoßseufzer „Wir waren schon einmal weiter als derzeit“ kann man sich kaum verkneifen, denn nicht einmal im angeblich so prüden Mittelalter wurde die Liebesgöttin und ihre Abbilder durchgängig verfemt und zu Kalk verbrannt, vielmehr von gar nicht wenigen ihr verfallenen Klerikern hochverehrt, wie der Kunsthistoriker Berthold Hinz in seiner fulminanten Studie „Statuenliebe“ aufgezeigt hat.
Es ist leider auch nicht der erste Fall gecancelter Nacktheit in Deutschland. Im Jahr 2023 beseitigte die Universität Flensburg die schon im Namen auf Botticelli anspielende Bronzestatuette „Primavera“ des Bildhauers Fritz During wegen ihres vorgeblich „überholten Frauenbilds“ aus ihrem Eingangsbereich, um sie dann nach Protesten mit einem regenbogenfarbenen Fragezeichen auf dem Sockel wiederaufzustellen. Die Gleichstellungs- und Diversitätsbeauftragte der Uni argumentierte, die Nackte, die dort seit 1956 stand, reduziere Weiblichkeit auf Fruchtbarkeit und Gebärfähigkeit, doch selbst die „Emma“ titelte damals „Quo vadis, Unis?“
Idolino von PescaroNota. - Weiter waren wir da schon vor hunderten von Jahren. Stell'n Sie sich erstmal vor, vorm Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stünde obi-ges Stück Kinderpornographie! Das gäb ein Geschrei...
PS. Und stelln Sie sich erst den Typ vor, der solche Entscheidungen trifft! Kommt er Ihnen bekannt vor?*
*PPS. Ich wollt' so gerne wissen, wer sowas veranlasst. Heute bin ich fündig geworden, doch statt es nachzutragen, habe ich es der Meldung vorangestellt; s. o. 26. 5. 25
JE
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