aus derStandard.at, 18. Mai 2025 Im Schlaf werden Erinnerungen nicht nur gefestigt. Die Vorgänge sind komplexer als bisher angenommen. zu Jochen Ebmeiers Realien
Dass Schlaf entscheidende Bedeutung für das Gedächtnis hat, ist seit längerer Zeit bekannt. Im Schlaf verarbeitet das Gehirn Erinnerungen und festigt sie. Eine neue Studie im Fachjournal Nature Communications berichtet nun von einer Entdek-kung, die zeigt, dass im Schlaf nicht nur vergangene Erinnerungen verarbeitet wer-den. Das Gehirn bereitet sich auch auf das Abspeichern neuer Erinnerungen vor, indem es Nervenzellen gezielt aktiviert.
Spezialisierte Zellen
Nachdem die Wissenschaft sich dem Phänomen der Erinnerung nur mühevoll nä-hern konnte, lichtet sich zunehmend der Nebel. Heute weiß man, dass spezielle Neuronen, sogenannte Engrammzellen, bestimmte Erinnerungen physisch abbil-den wie Speicherplätze in einem Computer. Vieles um diesen Prozess ist aber nach wie vor ein Rätsel.
Eine Forschungsgruppe rund um Kaoru Inokuchi von der Universität Toyama untersuchte nun an Mäusen, wie sich Schlaf auf Engrammzellen auswirkt. Dazu kombinierte man zwei Verfahren, um die Aktivität von Engrammzellen abzubilden: einerseits eines, das Kalzium in lebenden Zellen sichtbar macht, und andererseits eines, das es erlaubt, Engrammzellen gezielt ein- und auszuschalten. Damit war es möglich, Neuronen in verschiedenen Situationen zu beobachten, darunter auch in Schlafphasen, vor oder nach Ereignissen, in denen die Tiere lernten.

Nachbearbeitung und Vorbereitung
Auf diese Weise konnte das Team zwei verschiedene Prozesse nachweisen. Einmal zeigte sich, dass Neuronen, die eine bestimmte, einmal gemachte Erinnerung speicherten, während des Schlafs erneut aktiv waren. Das bestätigte den bereits bekannten Vorgang der Festigung von Erinnerungen.
Doch erstaunlicherweise zeigte auch eine zweite Gruppe von Neuronen Aktivität, die keine Erinnerungen speicherte. Später nutzte das Hirn gerade diese Zellen zur Bildung neuer Erinnerungen.
Studienautor Inokuchi betont, dass die künftigen Engramm-Zellen während des Schlafs bereits kombinierte Aktivität mit bestehenden Erinnerungszellen zeigten. "Das legt nahe, dass diese Interaktion hilft, neue Erinnerungsnetzwerke zu bilden", sagt Inokuchi. Diese Aktivität trat besonders bei den Festigungsprozessen vergangener Erinnerungen auf.
Um zu verstehen, wie dieser Vorgang genau abläuft, erstellte das Team ein Modell des Hippocampus, der Hirnregion, in der die Engrammzellen beheimatet sind. Dabei entdeckten Inokuchi und sein Team, dass vermutlich Regulationsprozesse für die Aktivität von Neuronen, die zur sogenannten synaptischen Plastizität beitragen, die Aktivierung der neuen Erinnerungszellen mit beeinflussen.
Wichtigkeit von Schlaf
Auch wenn diese Grundlagenergebnisse weiterer Untersuchungen bedürfen, um die genauen Zusammenhänge besser zu verstehen, ist das Forschungsteam überzeugt, dass sie unterstreichen, wie wichtig Schlaf für die Gesundheit ist.
"Wir möchten, dass die Menschen verstehen, dass es beim Schlaf nicht nur um Erholung geht, sondern dass er eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie das Gehirn Informationen verarbeitet", sagt Inokuchi. "In diesem Sinne hoffen wir, dass jeder mehr Wert auf den Schlaf legt und ihn als Mittel zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebensqualität nutzt."
Er glaubt, dass es anhand der neuen Erkenntnisse künftig auch möglich sein könnte, durch Manipulation von Schlafrhythmen oder sogar der Hirnaktivität die Gedächtnisleistung zu verbessern und versteckte Potenziale des Hirns zu aktivieren.
Nota. - Was als Begriff 'klar und deutlich' geschnitten ist, lässt sich in der Wirklich-keit nur nach und nach und oft leicht verschwommen wahrnehmen. - Bewusst wird die Erinnerungsbereitschaft und gar ihr allmählicher Aufbau ja gerade nicht; aber eine Absicht wird man in ihnen wohl schon erkennen. So verstehen wir erst unsere Redensart, dass uns etwas bewusst wird: Wir haben es erwartet und uns darauf vor-bereitet. Die Rede ist ja vom Default mode - dem 'latenten' Proto-Ich.
JE
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