Samstag, 19. Juli 2025

Bonapartismus der Bismarckschen Hybride.

              zu öffentliche Angelegenheiten

Ein Liberaler mag die Geschichte als einen ewigen Kampf zwischen Gut und Böse auffassen; auf der einen Seite Freiheit und Markt, auf der andern Autorität und Staatseingriffe. Das steht ihm frei. Ein Historiker mag im Alltag ein Liberaler sein, auch dem steht das frei. Doch ein Historiker hat als solcher kein Liberaler zu sein. Wenn sein Urteil vor der Bestandsaufnahme feststand, ist er ein Ideologe und kein Wissenschaftler. Natürlich forscht er nicht voaussetzungslos. Aber seine Voraus-setzungen sind wissenschaftlicher Art und nicht der öffentlichen Meinung ver-pflichtet.

Und dann versteht es sich von selbst, dass ein Staatswesen, das das deutsche Kapi-tal bis an den Punkt entwickelt hatte, wo es nach der Weltmacht greifen konnte, kein Rückfall ins Mittelalter gewesen sein kann. Dass es gleichfalls nicht die Freiset-zung aller Marktdynamiken sein konnte, liegt ebenso auf der Hand - denn dann hätte es nicht zum Großen Krieg zusammenfinden können. Die Darstellung des Wilhelminischen Reichs kann nur eine widersprüchliche sein, die als Ergebnis kaum ein Jaja, Neinnein zeitigen wird.

So war der ehemalige liberale Sozialistenfresser Franz Mehring verfahren, der sich als Historiker durch die Analyse des Staatswesens, in dem er lebte, zum Sozialisten reformierte: indem er, nun belehrt durch Marx und Engels, das Bismarckreich als von Anfang an bonapartistisch definierte. Ein Charakter, den es nur bewahren konnte, indem es wirklich auf den Krieg hinauslief.

In der historischen Zunft hat es Mehring nie zu großen Ehren gebracht (auch er hat übrigens allgemeinverständlich geschrieben). Es könnte den Herr- und Damschaf-ten aber nicht schaden, die Nase mal in seine Texte zu stecken.

Kommentar zu Des Kaisers Aufbruch in die Moderne. JE, 31. 4. 21 

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