Egal, welcher Ausdrücke er sich bedient: Wer sagt, dass sich etwas ändert, unter-scheidet eo ipso zwischen einer Substanz, die so heißt, weil sie den Phänomenen zugrunde liegt, und einer Azidenz - die so heißt, weil sie hinzu kommt. Die Wörter mögen ihm fehlen, aber dass er unterscheidet, macht seine Vorstellung aus: nämlich von etwas, das geschieht. Das muss man verstehen; das, was ist, bräuchte man nur anzuschauen.
Was
man aber als Substanz und was man als Akzidens auffasst, ist freilich
eine Fra-ge der Perspektive. Die Idee, das Ewige Werden sei das
eigentlich zu Grunde Lie-gende, stand fast am Anfang der Philosophiegeschichte. Sie hatte zum Preis, das Werden als bloßen Schein, nämlich als Ewige Wiederkehr auffassen
zu müssen. Mit andern Worten: Werden und Vergehen als Substanz und das
scheinbar Bleibende als Akzidenz aufzufassen, ist pragmatisch
unergiebig.
Doch damit ist eigentlich alles gesagt. Pragmatisch ergiebig, nämlich für Schlussfol-gerungen (und womöglich die Lebensführung) brauchbar ist dies: Veränderung ist sinnvoll nur als Folge absichtsvoller Tätigkeit aufzufassen (weshalb unsere animi-stisch gesonnenen Vorfahren
hinter allem Geschehen willensgegabte Subjekte an-nahmen). Das war der
historische Ausgangspunkt der Vernunftentwicklung, er führte zur Ausbildung des Kausalitätsprinzips als harter Kern der Vernunft, und schließlich in der Transzendentalphilosophie zu seiner kritisch-dialektischen Über-windung.
Dem
Verfasser des Obigen sei gesagt: Mit dem Definieren und semantischen
Dre-hen und Wenden von Begriffen lässt sich gedanklich nicht viel
ausrichten. Es ist ohne Ende und klingelt lediglich im Ohr. Es geht um
das, was man sich vorstellen kann, will, muss.
Bei
den Begriffen kann man nach Belieben immer wieder vor und zurück und zu
den Seiten. Bei den Vorstellungen ist es anders. Da kann eine nur aus einer anderen hervorgehen, doch andersrum kann man - und muss daher auch - nur die andere als der einen vorausgesetzt
denken. Mit andern Worten, das Vorstellen hat eine Rich-tung: Es geht
vom relativ Unbestimmten zum relativ Bestimmteren; es kommt neu-er Sinn hinzu. Während die Begriffe einander erschöpfen. An den Begriffen ist näm-lich die tätige Seite ausgelöscht, während zum Vorstellen immer der Vorstellende und sein Tun hinzugedacht werden.
Kommentar zu 'Nichts ist so beständig wie der Wandel.' JE 24. 5. 19
Nachtrag. Begriffe kann man in Tabellen setzen und gegeneinander verschieben wie Schachfiguren. Die erzählten Vorstellungen der Andern muss man zu anschaulichen Bildern erst wieder umformen. Und da die Anderen ihre angeschauten Bilder erst zu Wörtern umgeformt haben, um sie mitteilen zu können, öffnet das anschauliche Rückbilden der Phantasie ein weites Feld der Ausdeutung. Die Begriffe sind dage-gen bestimmter, die Vorstellungen waren - und werden wieder - farbiger. Was Stärke des einen und was Vorzug der andern ist, hängt von den Umständen ab.
JE
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