Dem logischen Prinzip der Gattungen, welches Identität postuliert, steht ein an-deres, nämlich das der Arten entgegen, welches Mannigfaltigkeit und Verschieden-heiten der Dinge, unerachtet ihrer Übereinstimmung unter derselben Gattung, be-darf, und es dem Verstande zur Vorschrift macht, auf diese nicht weniger als auf jene aufmerksam zu sein. Dieser Grundsatz (der Scharfsinnigkeit, oder des Unter-scheidungsvermögens) schränkt den Leichtsinn des ersteren (des Witzes) sehr ein, und die Vernunft zeigt hier ein doppeltes, einander widerstreitendes Interesse, ei-nerseits das Interesse des Umfanges (der Allgemeinheit) in Ansehung der Gattun-gen, andererseits des Inhalts (der Bestimmtheit), in Absicht auf die Mannigfaltigkeit der Arten, weil der Verstand im ersteren Falle zwar viel unter seinen Begriffen, im zweiten aber desto mehr in denselben denkt.
Auch äußert sich dieses an der sehr verschiedenen Denkungsart
der Naturforscher, deren einige (die vorzüglich spekulativ sind), der
Ungleichartigkeit gleichsam feind, immer auf die Einheit der Gattung
hinaussehen, die anderen (vorzüglich empirische Köpfe) die Natur
unaufhörlich in so viel Mannigfaltigkeit zu spalten suchen, daß man
beinahe die Hoffnung aufgeben müßte, ihre Erscheinungen nach allgemeinen
Prinzipien zu beurteilen.
________________________________________________________________Kant, Kritik der reinen Vernunft, A 654/B 682
Der Witz ist der Finder (finder) und der Verstand der Beobachter.
______________________________________________________________ Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft J, N° 1288
Wenn Scharfsinn ein Vergrößerungsglas ist, so ist Witz ein Verkleinerungsglas. Glaubt ihr denn, dass sich bloß Entdeckungen mit Vergrößerungsgläsern
machen ließen? Ich glaube mit Verkleinerungsgläsern, oder wenigstens
durch ähnliche In-strumente sind wohl mehr Entdeckungen gemacht worden.
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ders., Heft D, N° 465
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