Montag, 7. Juli 2025

Einheit der Apperzeption.

heimwerker                                                              zu  Philosophierunge

Der Mensch nimmt nicht erst eine Welt wahr und fragt sich danach nach deren Sinn. Sondern er nimmt zuerst Sachen ("Dinge", "Erscheinungen", "dieses", "je-nes") wahr und setzt dabei selbstverständlich voraus,* dass sie "irgendwie" zu einem Ganzen (unum; das Eine, das Absolute, das Wahre, Wesen, Sein...) gehören - wo-durch sie ihren Sinn vorab schon mitgeteilt bekommen haben. Der 'Sinn' ist ein Name für das, was die Phänomene 'zusammenhält', indem es sie gewissermaßen "auf die Welt gebracht" hat - welche eben dadurch erst "zustande kam".

Wie kommt der Mensch aber auf diese Voraussetzung, 'dass Alles irgendwie doch einen Sinn haben muss'? Sinn, Bedeutung - das heißt, dass es (mir) nicht ausreicht, dass das, was da ist, einfach nur da ist. Sondern es muss um eines Andern willen 'da' sein; 'für' etwas...

Das ist doch aber eine Schnapsidee, wie kommen die Leute darauf? Aus dem 'ur-sprünglichen Akt', der 'Tathandlung' des sich-selbst-als-bestimmt-durch-das-Nicht-ich-setzenden Ichs, kann es nicht 'abgeleitet' werden. Mit andern Worten, nicht "transzendental" [=genetisch], sondern nur historisch.

Der Mensch stammt aus einer (tierischen) Umwelt, in der Alles seine Bedeutung hatte. Und die hat er nun eben verloren. Aber diesen Verlust will und kann er nicht wahrhaben. 

Wie er sich in die Welt, in die er aufgebrochen ist und wo er sich vorkommt, als ob ihn einer geworfen hätte, eine sekundäre Umweltnische alias Arbeitsgesellschaft hineingebaut hat, so hat er derselben einen "Sinn" als ihr 'Absolutes' zu Grunde gelegt. 

Die Arbeitsgesellschaft schwindet, die Nische löst sich auf, das Absolute, der Sinn... verfällt; wenn er nicht als gewollte Fiktion quia absurdum festgehalten wird.
*) Kants transzendentale Einheit der Apperzeption

aus e. Notizbuch, 27. 1. 04


Bei Kant ist die transzendentale Einheit der Apperzeption unverursacht. Er hat sie aufgefunden, das reicht. Fichte muss aber alles herleiten, aus einem ursprünglichen Akt hervorgehen lassen. Das gelingt ihm mit der Finte, den ursprünglichen Akt be-reits in einer Gemeinschaft vernünftiger Wesen stattfinden zu lassen: 'Anders kann es nicht gewesen sein'...  Die Gemeinschaft vernünftiger Wesen, die er voraussetzt, ist aber die bürgerliche Verkehrsgesellschaft, in der die Arbeitsgesellschaft gewisser-maßen "zu ihrer Bestimmung gelangt" ist.
11. 1. 15 


 
Nachtrag. Es geht zwar um etwas wirklich Geschehenes, doch weil keine Zeugnisse vorliegen, kann nur spekuliert werden. Der Ausgangspunkt ist von Uexkülls Um-welt-Begriff. Der hat seine Pointe in dem Umstand, dass er als bestimmter Gegen-satz zu unserm Welt-Bild geprägt wurde, dessen historischer Vorgänger er zugleich gewesen sein soll - nämlich durch Negation. 
 
In der Umwelt des Tieres hat alles, was ihm im Lauf der Evolution vorgekommen ist, seinen festen Platz. Man kann sagen, ihr Ensemble ist der feste Platz. 'Darüber hinaus' kommt ihm nur als regelwidrige Ausnahme 'etwas vor', das ihm sogleich wieder verloren geht und keinen topischen Bestand findet.
 
Welt entsteht als sein Gegenentwurf. Manches, was im Urwald vertraut war, begeg-net in der Savanne wieder, aber dort hat es einen sozusagen offenen Rahmen. Wur-de der feste Rahmen der Umwelten nicht als ein solcher wahrgenommen, so wird das neue Umfeld als ein zwiespältiger Mangel erfahren: als Rahmen zwar ange-schaut, aber als einer, der 'weicht, je näher man ihm kommt'; ein offener Horizont. Der Animismus ist eine zweifelhafte Synthese: Der 'Rahmen' bleibt unbestimmt, aber bevölkert ist er von unzähligen belebten Gegenständen, die ihre eignen Absich-ten haben, die unvorhersehbar sind - was aber durch Erfahrungen in der Zeit stellen-weise kompensiert wird. Aristoteles' Entelechien haben hier ihren mythischen Ur-sprung.
 
In Sesshaftigkeit und Ackerbau schaffen sich die Menschen künstlich ihre sekundä-ren Umwelten, die aus dem offenen Horizont wie vor einer verwaschenen Folie hervortritt. Es folgt die Entmythologisierung der Vorstellungswelt und die Karriere der Vernunft..
 
Konnten die sekundären Umweltnischen als kollektive Individuen sich noch wie Subjekte in einem mythologischen Flickenteppich vorkommen, so zerfiel der 'Rah-men' mit fortschreitenden Wissen in bestimmte Einzelheiten, die ihrerseits - da ihnen gemeinsam war, durch Intelligenz und Arbeit bestimmbar zu werden - neu zusammengesetzt wurden zu einem Tableau von Zwecken. Die Welt wurde zum Raum von Naturgesetzen entzaubert. 
 
Das war Kants historischer Ausgangspunkt. Er hat mit seinem Nachweis der Fiktionalität der vorausgesetzten Zwecke der Natur eine kopernikanische Wende vollzogen. Die Zwecke der Welt sind die Zwecke, die wir darin verfolgen (sollen).
JE 

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