früher wars schöner zu öffentliche Angelegenheiten
aus Tagesspiegel.de, 11. 6. 2025
Mit einem „Manifest“ bringen SPD-Politiker Unruhe in die Partei – und wohl auch in die Koalition. Sie sind gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland und nennen ein viel diskutiertes Ziel „irrational“.
Das Papier ist explizit als Debattenbeitrag auch für den Bundesparteitag der SPD Ende Juni zu verstehen. Zu den Erstunterzeichnern gehören neben Mützenich und Stegner der frühere Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans sowie die Bundestagsabgeordneten Nina Scheer, Maja Wallstein und Sanae Abdi. Die gesamte Liste an Namen umfasst anderthalb Seiten, darunter ist viel Prominenz aus früheren Tagen der SPD.
Nota. - Entstanden war die SPD aus der Vereinigung von Lassalleanern und Eise-nachern - der ganzen damaligen politischen Arbeiterbewegung. Die Oktoberrevo-lution hat sie gespalten - in Anhänger des friedlichen Hineinwachsens in die Markt-wirtschaft und Betreiber der Weltrevolution. Erübrigt wurde die Spaltung duch die kampflose Kapitulation beider vor dem Nationalsozialismus.
'An sich', muss man sagen, denn der östliche Teil Deutschlands wurde sowjetisch besetzt und zum Experimentierfeld stalinistische Weltpolitik, der andere Teil wurde vom Marshall-Plan im Block der westlichen Demokratien verankert.
Im Osten prussifizierter Stalinismus, im Westen amerikanisierte Sozialdemokratie. So wurde sie regierungsfähig, aber die von Anfang an atlantisch gesonnenen Par-teien lagen meistens vor ihr.
Der Untergang des Realexistierenden Vergeudungs- und Verknappungssystems traf zwar auf einen christlich-demokratische Kanzeler, erschien aber mindestens eben-sosehr als Sieg des sozialdemokratischen "Wandels durch Annäherung" - auch in-nerhalb des vereinigten Dtutschlands: Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde das hiesige Parteinsystem der Sache nach obsolet.
Es erhielt sich, weil in der parlamentarischen Demokratie Parteien nicht allein poli-tische Größen sind, sondern auch den Zugang zu öffentlichen Posten aller Art re-gulieren. Und seit der Wiedervereinigung letzteres auf Kosten des ersten. Es gab darum nicht genügend Druck, die Parteienlandschaft neu zu gliedern, obwohl po-litisch alles danach schrie. Auf der einen Seite war der Ost-West-Konflikt entfallen, und auf der anderen Seite verlangten Globalisierung und Digitale Revolution nach konkreten Alternativen.
Machen wirs kurz: Putins bonapartistischer Imperialismus wird von der westlichen Großmacht durch altertümlichen Isolationismus honoriert, so dass Europa gar nichts übrigbleibt, als sich selbst zu behaupten - und zu seinem Glück von Amerika abgenabelt wird. Das eröffnet zuvor ungeahnte Perspektiven.
Doch solange es genügend Leute gibt, denen der Zugang zu den öffentlichen Ämtern aller Art enger am Herzen liegt als die Weltlage, finden sich außer der Masse der noch Unversorgten auch in den vorhandenen Parteien etliche, die sich nach der Vergangenheit sehnen. Dass Frieden ihr gemeinsames Gummibärchen wurde, war zwar nicht überraschend, ist aber von einem makabren Sarkasmus.
JE
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