Was treibt die Suche nach der kosmologischen 'Einheitstheorie' alias Weltformel denn an?
Einerseits ist da ein harmlos-pragmatisches Motiv: Könnte man die Sätze der Quan-tenphysik unverkürzt in Sätze der Relativitätstheorie übersetzen und umgekehrt, öffnete sich den Berechnungen zu technischen Zwecken ein unermessliches Feld - und wer wollte dagegen Vorbehalte haben?
Andererseits ist da ein spekulativ-metaphysisches Motiv: Könnte man erweisen, dass die Welt "irgendwie" aus einem Guss ist, ließe sich die Frage, wer da gegossen haben mag, schwerlich umgehen; wenn Alles auf dieselbe Formel hört, muss sie sich einer ausgerechnet haben. Ein intelligentes Design macht einen intelligenten Designer unabdinglich.
Letzteres wird natürlich nicht geraderaus posaunt, sondern nach länglichen Ter-giversationen über die pragmatische Hypothese bescheiden nachträglich "zu be-denken" gegeben; aber es ist Augenwischerei.
Würden die Forschungsergebnisse eine Weltformel erlauben, wäre die Kritische alias Transzendentalphilosophie zwar nicht widerlegt, aber ihre Plausibilität erhielte einen ernsten Schaden.
Es könnte immer noch sein, dass es sich um eine faktische Koinzidenz handelte - aber das wäre ausgesprochener Zufall, von denen es in der Naturwissenschaft zwar einige, aber bei Lichte besehen doch sehr wenige gibt. Dass sich einstweilen aber keine Koinzidenzen finden ließen, bewiese schlicht ganz und gar nichts: Bis vor hundert Jahren hat man ja nicht einmal nach ihnen suchen können!
Um faktische Wahrscheinlichkeiten kann man hier allenfalls würfeln; doch über Motive lässt sich manches ergründen. Noch vor hundert Jahren ging man davon aus, dass der Weltraum 'überall gleich beschaffen' ist - weil es sich so für den dog-matischen Metaphysiker, der in jedem von uns schlummert, eben so gehörte. Inzwi-schen weiß die Forschung, dass es in dem uns zugänglichen Teil des Kosmos kaum eine Gegend gibt, die einer anderen Gegend gleicht.
Dass eines dem gesunden Menschenverstand einleuchtet, ist wissenschaftlich nicht ausschlaggebend. Bedenklich - nämlich des Bedenkens wert - ist der gesunde Men-schenverstand selbst. Zwar ist er auch kritisch, wo es um die Zweckmäßig keit geht. Doch um die Zwecke selbst macht er nur bei besonderen Gelegenheiten Sorgen; und eben nicht bei alltäglicher Selbstverständlichkeit.

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