duckduckgo zu Jochen Ebmeiers Realien
Unsere alltägliche Vorstellung von Zeit und Raum hat sich über Millionen und Mil-liarden von Jahren ausgebildet aus dem Erleben der Generationen, aus denen wir schließlich hervorgegangen sind. Sie ist es, die uns seit gut zehntausend Jahren er-laubt, uns, wie die Bibel uns auftrug, die Welt, nämlich den Raum, den wir bewoh-nen, so einzurichten, dass es uns dort zunehmend leichter und angenehmer wird.
Die Frage, ob diese Vorstellungen der Wahrheit entsprechen, ist nicht in diesem tätigen Leben aufgekommen. Sie ist ein Einfall von Philosophen. Denn überhaupt ist die Vorstellung von einer Wahrheit im Unterschied zu unserem Erleben eine philosophische Idee. Der erste große Schock, der aber inzwischen längst in der Ecke der akademisch Gebildeten ruhiggestellt ist, war Kants Erkenntnis, dass es Raum und Zeit gar nicht an sich gebe, sondern nur als zwei Formen, unter denen wir die Welt anschauen.
Das war aber ein rein theoretischer Sophismus. Praktisch macht es keinen Unter-schied, ob es Raum und Zeit wirklich gibt oder nur als Vorstellung: Wenn es nur eine Vorstellung ist, die wir alle notwendig teilen, läufts auf dasselbe hinaus.
Ein noch größerer Schock, der bis ins Alltgsbewusstsein gedrungen ist, war Ein-steins Einsicht, dass Raum und Zeit im Grunde Erscheinungen ein und derselben Sache sind, des "Raum-Zeit-Kontinuums" - ähnlich wie Masse und Energie. Das ist nun nicht mehr Philosophie, sondern Realwissenschaft, die als solche zur Grundla-ge von technischen Nutzanwendungen werden kann und längst geworden ist.
Wie das möglich ist, würden wir uns gerne vorstellen können, weil es heute schon in unser Alltagsleben eingreift. Aber unser Vorstellungsvermögen hat sich in einem dreidimensionalen Raum entwickelt und in einer gerichteten, messbaren Zeit, und wo Masse und Energie einander fremder sind als Tag und Nacht, die regelmäßig ineinander übergehen. Unser Vorstellen stammt weder aus dem Makrokosmos der Relativitätstheorie noch aus dem Mikrokosmos der Quantenphysik, sondern aus unserer Mesosphäre von Stunden und Zentimetern.
Wir müssen nicht beklagen, dass unsere Vorstellung nicht in Dimensionen vor-dringt, aus denen wir keine eigenen sinnlich-analogen, sondern nur symbolisch verschlüsselte digital-diskursive Meldungen haben, sondern darüber staunen, dass wir mit unserm Denken in Regionen vordringen, von wo wir keine Bilder haben.
Die Kenntnis der Kant'schen Kritik ist für eine solche Bescheidung hilfreich.
Kommentar zu Woraus besteht die Raumzeit? JE, 19. April 2022
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