aus scinexx.de, 13. August 2025 Im Regenwald Yucatans verbergen sich noch zehntausende Siedlungsspuren der Maya. zu öffentliche Angelegenheiten
Überraschende Entdeckung: Das Maya-Reich war offenbar dichter besiedelt und komplexer strukturiert als gedacht. Allein im zentralen Maya-Tiefland könnten bis zu 16 Millionen Menschen gelebt haben, wie LIDAR-Kartierungen nun enthüllen. Die Maya-Städte und -Siedlungen bildeten im Regenwald von Yucatan ein dichtes, verblüffend einheitliches und hierarchisch geordnetes Netz. Das legt nahe, dass das Maya-Reich bevölkerungsreicher war als es bisherige Funde nahelegten.
Mehr als 2.000 Jahre lang herrschten die Maya über weite Teile Mittelamerikas. Sie errichteten Städte mit gewaltigen Tempeln und Monumentalbauten wie in Chichen Itza, Tikal oder Palenque, konstruierten raffinierte Wassersysteme und entwickelten hochkomplexe Kalender. Doch gerade im Maya-Tiefland verbirgt der Regenwald nahezu alle Relikte dieser präkolumbischen Hochkultur.

Erst in den letzten Jahren hat das Laser-Scanning mittels LIDAR Archäologen einen Blick unter das verhüllende Kronendach erlaubt – und ihnen spektakuläre Entdeckungen beschert. Darunter sind das größte und älteste Monumentalbauwerk der Maya und mehrere zuvor unerkannte Mayastädte – darunter auch eine der größten Städte dieser Kultur mit bis zu 50.000 Einwohnern und gut 16 Quadratkilometer Fläche.
Doch wie viele Menschen lebten im Maya-Reich? Und wie waren ihre Siedlungen im Dschungel des Tieflands strukturiert? Die bisherigen Funde legten nahe, dass die Tiefland-Maya weniger auf kompakte Metropolen setzten, sondern eher auf Städte, die eine Mischform aus Stadt und Land darstellten. In diesen halburbanen Zentren gab es zwar auch Tempel, Zeremonialplätze und Häuser der Eliten, der Rest der Stadt war aber eher locker bebaut.
„Typisch für eine solche Urbanisierung geringer Dichte sind gleichmäßig verteilte, nicht abgegrenzte halburbane Siedlungen, die von landwirtschaftlichen Flächen durchsetzt sind“, erklären Francisco Estrada-Belli von der Tulane University in News Orleans und seine Kollegen. Zwischen diesen weit verstreuten Stadtsiedlungen lagen dünn besiedelte Flächen mit nur kleinen, weitgehend von den Ballungsräumen isolierten Dörfern – so glaubte man.
Damit lag man falsch, wie nun Estrada-Belli und sein Team entdeckt haben. Für ihre Stude hatten sie staatliche und private LIDAR-Kartierungen kombiniert und ausgewertet, die zusammen ein rund 95.000 Quadratkilometer großes Gebiet im zentralen Maya-Tiefland abdecken. Anhand der in diesen Kartierungen neu entdeckten Besiedlungsspuren konnten sie erstmals für diese Region in Guatemala, dem Süden Mexikos und dem Westen von Belize abschätzen, wie viele Menschen dort in der klassischen Maya-Periode lebten.
Die Auswertungen enthüllten Überraschendes: Der vermeintlich kaum besiedelte Dschungel war von einem dichten Netz an Maya-Bauten durchzogen – von Tempeln und Plazas bis zu kleineren Siedlungen, Steinmauern und Feldern. Auch abseits der größeren Zentren wie Tikal, Chactun oder Calakmul zeigten sich in den Kartierungen Spuren der Besiedlung. Das Team identifizierte im zwischen 30 und 60 Siedlungsstrukturen pro Quadratkilometer, im Nordteil des Gebiets war die Dichte deutlich höher als im Südteil.

Daraus ergibt sich auch eine unerwartet hohe Bevölkerungsdichte der Tiefland-Maya: „Wir haben gegenüber früheren Schätzungen einen leichten Anstieg der Bevölkerungsdichte erwartet – aber ein Sprung um 45 Prozent war wirklich überraschend“, sagt Estrada-Belli. Demnach lebten im südlichen Teil des Studiengebiets 67 bis 113 Menschen pro Quadratkilometer. Im zuvor kaum untersuchten Nordteil fanden sich dagegen 154 bis 260 Menschen pro Quadratkilometer.
Insgesamt könnten demnach allein in den 95.000 Quadratkilometern des Maya-Tieflands 9,5 bis 16 Millionen Menschen gelebt haben – fast doppelt so viel wie zuvor geschätzt. „Die Maya hören nie auf, mich zu überraschen“, sagt Estrada-Belli. „Unsere neuen Daten enthüllen, wie dicht besiedelt und organisiert die Tiefland-Maya auf dem Höhepunkt ihrer Zeit waren.“ Gerade das nördliche Tiefland sei den neuen Daten zufolge alles andere als dünn besiedelt und ländlich gewesen.
Doch das war nicht die einzige Überraschung: Die LIDAR-Kartierung enthüllte auch eine unerwartet einheitliche, hierarchische Struktur der Maya-Besiedlung. „Wir haben im gesamten Gebiet ein einheitliches Muster beobachtet: Wohnsiedlungen und landwirtschaftliche Nutzflächen gruppieren sich jeweils um Plazas mit den Wohnstätten der Eliten. Diese kleineren Plaza-Gruppen bilden wiederum Cluster um mittlere und größere urbane Zentren“, berichtet das Team.
Durch diese gestaffelte Struktur war kaum eine Maya-Wohnstätte oder Siedlung weiter als fünf Kilometer von der nächsten Plazagruppe entfernt, wie Estrada-Belli und seine Kollegen erklären. Diese flächendeckende Vernetzung könnte eines der Erfolgsgeheimnisse der Maya-Kultur gewesen sein: Die hierarchische Siedlungsstruktur ermöglichte es selbst im Dschungel, Ressourcen, Güter und Informationen effektiv zu verteilen.
„Zusammengenommen sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass der Urbanismus der Maya ausgedehnter, komplexer, strukturierter und einheitlicher war als zuvor angenommen“, sagt Estrada-Belli. „Wir haben nun weitere eindeutige Belege dafür, dass die Maya-Gesellschaft sowohl in den Städten wie den ländlichen Gebieten hochgradig strukturiert war – und weit fortgeschritten in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Organisation.“ (Journal of Archaeological Science: Reports, 2025; doi: 10.1016/j.jasrep.2025.105288)
Quelle: Tulane University; 13. August 2025 - von Nadja Podbregar
Nota. - Auch das Amazonasbecken war nicht immer von einem zusammenhängenden Urwald bedeckt. Dort sind sogar autochthone Kulturen entstanden, die nicht von der Küste her kolonisiert waren:
JE
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