Obwohl die bürgerlichen Politiker, die seit 1789 die Politik Frankreichs bestimmten, allesamt vom liberalen Prinzip des „laisser faire“ überzeugt waren, konnten sie ihre Augen vor der Not der breiten Unterschichten nicht verschließen. Denn Aufstände und Unruhen im Inneren und die Kriege gegen die Mächte des Ancien Régime an den Grenzen erschwerten die Versorgung, was vor allem Handwerker, Kleinbürger und Arbeiter in den Pariser Vorstädten traf, die Gruppen, aus denen sich die Sansculotten rekrutierten.
Deren Unzufriedenheit entlud sich wiederholt in blutigen Aktionen, die den seit 1792 amtierenden Nationalkonvent zum Handeln zwangen. Mit der Einrichtung des Wohlfahrtsausschusses im April 1793 wurde faktisch eine Diktatur eingeführt. Ihr wichtigstes Machtinstrument wurde die Guillotine.
Um den Druck von der Straße zu mildern, machten sich die Jakobiner deren Forderungen zu eigen und setzten am 4. Mai den Erlass über das „kleine“ Maximum durch. Damit wurde ein Höchstpreis für Getreide je Departement festgesetzt, der sich allerdings aus dem Durchschnittspreis der vergangenen sechs Monate ergab. Zugleich wurde ein monströser Kontrollapparat für Verwaltungs- und Zollerklärungen, Schätzungen, Hausdurchsuchungen und Strafen aufgebaut. Das hatte kuriose Folgen, denn in manchen Regionen stiegen die Preise, während sie in anderen sanken.
Unter dem Eindruck der militärischen Rückschläge stürmten die Sansculotten am 2. Juni das Théâtre des Tuileries, in dem der Nationalkonvent tagte. Die Massen – angeblich 80.000 Menschen – forderten Brot und die Verhaftung aller Verräter, die für die katastrophale Versorgungslage und die Rückschläge an den Fronten verantwortlich gemacht wurden. Auch die Methode wurde akklamiert: „Gesetzgeber! Setzt den Terror auf die Tagesordnung!“
Der Wohlfahrtsausschuss, in dem inzwischen die radikalen Jakobiner unter Führung von Maximilien Robespierre das Sagen hatten, kam dem nach und eröffnete einen „kontrollierten Bürgerkrieg“. Am 26. Juli wurde das Horten von Waren unter Todesstrafe gestellt. Nach einem weiteren Aufstand Anfang September wurden am 17. September die Terrorgesetze verabschiedet, die massive Einschränkungen der Grundrechte vorsahen.
Am 29. September folgte, angetrieben von Agitatoren auf denn Zuschauerbänken des Konvents, die Einführung des „großen“ Maximums. Es galt für alle Grundnahrungsmittel und wichtige Güter wie Seife und Tabak. Auch die Löhne wurden festgeschrieben, um die Hälfte dessen erhöht, was sie in einem Distrikt 1790 betragen hatten. Die Todesstrafe drohte jedem, der dagegen verstieß.
Das war eine Wirtschaftsdiktatur, deren Durchsetzung ein Heer an Kontrolleuren und Verwaltern erfordert hätte, die einzustellen sich der Wohlfahrtsausschuss allerdings weigerte. Einer seiner Anführer, Louis Antoine de Saint-Just, erklärte: „Ihr müsst überall die Anzahl der Beamten verringern ... Die Aufblähung des Schriftverkehrs und der Erlasse einer Regierung ist ein Merkmal ihrer Trägheit.“ Also würde Bürokratie durch Denunziation ersetzt.
Die Folgen erinnern an sozialistische Versuche im 20. Jahrhundert: „Zurückhalten von Waren, illegales Horten, Betrug, Schwarzmarkt“, schreibt der französische Historiker François Furet: Das Maximum „provozierte den Widerstand der Fabrikanten, der Kaufleute und Händler, aber auch der breiten bäuerlichen Welt, die wenig Neigung zeigte, ihre Ernten auf dem Markt zu verkaufen. Die gelenkte Ökonomie erzeugte eine parallele Ökonomie und zugleich die Not der breiten Bevölkerung.“
Furet zitiert aus dem Bericht eines Konventsabgeordneten, der Ende Oktober Lyon besuchte: „Überall habe ich das Volk damit beschäftigt gesehen, Brot zu beschaffen, das ihm an vielen Stellen fehlt ... Das Getreidemaximum, der Geiz der Bauern, die Böswilligkeit des Aristokraten und des Egoisten und die immensen Verpflegungsmengen für die Armee sind die Gründe dafür ... Die Märkte sind verlassen und leer und viele Geschäfte geschlossen.“
Dennoch hielt der Wohlfahrtsausschuss an seiner Politik fest, um die Sansculotten ruhig zu halten. In diesem Sinn wurde der Terror im Juni 1794 noch einmal deutlich verschärft, dem in den folgenden Wochen allein in Paris fast 2000 Menschen zum Opfer fielen.
Nur wollte sich der wirtschaftliche Erfolg nicht einstellen. Im Gegenteil. Da auch die Löhne gedeckelt waren, erkannten auch immer mehr Menschen in den Vorstädten im Maximum die Bremse für ihre Einkünfte. Denn die offene oder verdeckte Inflation verteuerte das Leben ja weiter. Als Robespierre und seine Anhänger am 9. Thermidor (26. Juli) 1794 gestürzt wurden, wurde auf den Straßen von Paris für Lohnerhöhungen demonstriert. Als man am Tag darauf die Entmachteten zur Guillotine schaffte, skandierte das Publikum: „Zum Henker mit dem Maximum!“
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