Samstag, 19. April 2025

Wink für poetische Geister.

Kind in der Welt 

Mittlerer Zustand (René Magritte, Liaison dangereuse)

Wenn der Mensch in diesem Alleinsein, in diesem Leben mit sich selbst, diesem widersprechenden Mittelzustande zwischen natürlichem Zusammenhange mit einer natür-lich vorhandenen Welt, und zwischen dem höheren Zu-sammenhange mit einer auch natürlich vorhandenen, aber mit freier Wahl zur Sphäre erkornen voraus erkann-ten und in allen ihren Einflüssen nicht ohne seinen Wil-len ihn bestimmenden Welt, wenn er in jenem Mittelzu-stande zwischen Kindheit und reifer Humanität, zwischen mechanisch schönem und menschlich schönem, mit Frei-heit schönem Leben gelebt hat, und diesen Mittelzustand erkannt und erfahren, wie er schlechterdings im Widerspruche mit sich selber, im notwendigen Widerstreite 1) des Strebens zur reinen Selbstheit und Identität, 2) des Strebens zur Bedeutenheit und Unterscheidung, 3) des Strebens zur Harmonie verbleiben, und wie in diesem Widerstreite jede dieser Bestrebungen sich aufheben und als unrealisierbar sich zeigen muß, wie er also resignieren, in Kindheit zurückfallen oder in fruchtlosen Widersprüchen mit sich selber sich aufreiben muß, wenn er in diesem Zustande verharrt, so ist Eines, was ihn aus dieser traurigen Alternative zieht, und das Pro-blem, frei zu sein, wie ein Jüngling, und in der Welt zu leben wie ein Kind, der Un-abhängigkeit eines kultivierten Menschen, und der Akkommodation eines gewöhn-lichen Menschen, löst sich auf in Befolgung der Regel:

Setze dich mit freier Wahl in harmonische Entgegensetzung mit einer äußeren Sphä-re, so wie du in dir selber in harmonischer Entgegensetzung bist, von Natur, aber unerkennbarerweise, solange du in dir selbst bleibst.

im höheren Zusammenhang

aus Friedrich Hölderlin, Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes, in: Sämtliche Werke, Frankfurt a.M., 1961, S. 977f.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Blog-Archiv

Es riecht nach was.

aus spektrum.de,  14. 10. 2024                                                                          zu Jochen Ebmeiers Realien Wahrn...