Dienstag, 26. August 2025

Ratapoils Zukunftsprojekt.

Daumier, Ratapoil
aus Tagesspiegel, 26. 8. 2025                                                                           zu öffentliche Angelegenheiten

„Nicht an Rückkehr zum Frieden interessiert“:
Wie Putins Krieg armen Russen hilft
Der Ukrainekrieg schafft Aufstiegsmöglichkeiten für viele zuvor abgehängte Russen. So schildert es die australische Zeitung „Herald“ – und liefert ein Argument, warum die Invasion aus Putins Sicht weitergehen muss.

Eine der großen politischen Fragen, die Donald Trump genauso umtreibt wie die deutsche Bundesregierung, scheint der russische Machthaber Wladimir Putin für sich gelöst zu haben: Was tun mit einer gering qualifizierten Bevölkerungsschicht auf dem Land, wenn viele Fabrikarbeitsplätze weggefallen sind?

Putins zynische Lösung des Problems sind Jobs, die der Angriffskrieg in der Ukraine geschaffen hat. So stellt es die australische Tageszeitung „The Sydney Morning Herald“ in einer langen, aktuellen Analyse dar. Sie basiert auf Experteneinschätzungen und einem genauen Blick in vormals verarmte russische Randregionen.

Russen aus prekären Verhältnissen haben demnach seit Kriegsbeginn zwei Möglichkeiten, deutlich mehr Geld zu verdienen als anderswo.


1. Fabriken werden plötzlich wieder genutzt und bieten Jobs

Viele russische Städte haben sich seit dem Untergang der Sowjetunion 1991 vom wirtschaftlichen Niedergang nicht erholt, argumentiert der „Herald“. Häufig waren sie nämlich abhängig von der Kriegswirtschaft. Fabriken standen in der Folge still.

Doch nach der russischen Invasion im Februar 2022 „stellten die stillgelegten Industrieanlagen plötzlich neue Arbeitskräfte ein, und es flossen neue Investitionen. Diese Unternehmen konkurrierten mit anderen Sektoren um Arbeitskräfte und boten gute Löhne“, zitiert die Zeitung die Wirtschaftsexpertin Tatiana Orlova.

In den Fabriken werde nun in drei Schichten pro Tag gearbeitet, um Munition, Uniformen und andere im Krieg benötigte Güter zu produzieren. Die Löhne steigen nicht nur wegen des Bedarfs an Arbeitskräften in den Fabriken. Auch die vielen in den Krieg gezogenen Männer tragen dazu bei, dazu komme die restriktive Migrationspolitik der Regierung.

Die Fabrikarbeiter „leben in unterentwickelten Regionen. Sie arbeiten in ehemals leistungsschwachen Branchen. Sie haben keine höhere Bildung. Aber jetzt sind ihre Fähigkeiten und Kompetenzen gefragt“, sagt die Ökonomin Ekaterina Kurbangaleeva von der George Washington University in Washington.

 

Putin hat im Grunde genommen das getan, was Trump den amerikanischen Wählern versprochen hat: Er hat in den ärmsten Teilen des Landes massenhaft gut bezahlte Arbeitsplätze in Fabriken geschaffen.
The Sydney Morning Herald

 

Zwar ist die russische Wirtschaft im vierten Kriegsjahr unter Druck, räumt die Zeitung ein. Die internationalen Sanktionen und die Inflation infolge der Umstellung auf Kriegsökonomie wirken sich aus. Doch eine Krise gibt es eben nicht. Für einige Russen hat sich das Leben sogar verbessert.


2. Der Fronteinsatz lockt – Krieg macht relativ reich

„Es ist eine gute Zeit, ein russischer Fabrikarbeiter zu sein“, schreibt der „Herold“. „Aber das große Geld wird beim Militär verdient.“ Boni bei der Unterzeichnung des Armeevertrags, Schuldentilgung, Sold – es gibt zahlreiche finanziellen Anreize, als Soldat in die Ukraine einzumarschieren.

Bis zu umgerechnet ungefähr 21.000 Euro gebe es in manchen Regionen allein für die Unterschrift. In einer Anzeige werden laut „Herold“ umgerechnet etwa 86.000 Euro für das erste Jahr Armeedienst versprochen – mehr als das Zehnfache des regionalen Durchschnittslohns.

„Doch die größte finanzielle Belohnung gibt es im Todesfall“, schreibt die Zeitung. „Familien von russischen Soldaten, die an der Front getötet wurden, haben Anspruch auf Zahlungen von bis zu elf Millionen Rubel – das entspricht ungefähr 116.000 Euro.“

Viele Familien auf dem Land hätten sich wegen der Zahlungen Apartments in Städten leisten können, wo es bessere Schulen und Universitäten für ihre Kinder gibt. Dazu kommt: Soldaten und deren Nachwuchs profitieren an den Unis offenbar von einer Zulassungsquote, sie ermöglicht den Zugang ohne Testverfahren.

Frieden liegt nicht im Interesse der Kriegsprofiteure

„All diese Menschen sind nicht an einer Rückkehr zum Frieden interessiert“, wird Kurbangaleeva beim „Herold“ zitiert. „Ich habe den Eindruck, dass die russischen Behörden das spüren.“

Bezahlt wird der wirtschaftliche Aufschwung durch menschliches Leid: Im April bezifferte ein ranghoher Nato-Beamter die Zahl der getöteten russischen Soldaten auf 250.000. Inzwischen dürfte die Zahl der Toten und Verwundeten allen bekannten Schätzungen zufolge mehr als eine Million betragen.

Auf internationaler Ebene ist der Friedensprozess für die Ukraine inzwischen wieder ins Stocken geraten. Von russischer Seite wird ein von Donald Trump gefordertes, baldiges Spitzentreffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abgelehnt. (TMA/dpa)

 

Nota. - Götz Aly ist der Meinung, Hitler musste in den Krieg flüchten, um dem Staatsbankkrott auszuweichen. Das kann man aber auch anders verstehen: Nur weil er die Revision des 1. Weltkriegs sowieso und vor allem andern wollte, durfte er den Staatsbankrott riskieren - und musste es, sonst hätte er sein Reich gar nicht dafür rüsten können.

Ratapoil musste sich, um seines Onkels Erbe mit Würde zu tragen, als großer Eroberer erweisen, und mischte sich in einen Krieg nach dem andern ein. Bis ihm ein anderer einen Krieg aufnötigte, den er prompt verlor. 

Putin braucht den Krieg als Dauerzustand. Er erlaubt ihm, die Russen mobilisiert zu halten und sie zugleich von ihren eigenen Angelegenheiten abzulenken, erlaubt ihm, einen staatskapitalistischen Sektor auszubauen in den Dimensionen des chine-sischen, und um last but not least die Bürgerrechte gegen Null zu schrauben.

Was immer ihm nützen kann, ist ein Anschlag auf Europas Sicherheit und Freiheit.
JE 

 

 

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