Das radikal Böse im Menschen ist nach Kant seine Fähigkeit, das, was er als gut und richtig erkannt hat, nicht
zu tun. Moralische Gründe kann er dafür nicht haben; höchstens
außermoralische Motive. Dass sich einer über die Stimme seines Gewis-sens
hinwegsetzt um eines schnöden Vorteils willen, kommt vermutlich gar
nicht so oft vor. Der höchst subjektive Vorteil des erweiterten
Machtgefühls würde allein auch nicht reichen. Wenn dagegen eine Instanz
herbeigezogen werden kann, die vom eigenen moralischen Urteil entbindet
und versichert, es sei hier gar nicht am Platz, dürften bei manch einem
die Hemmungen fallen. Das ist das radikalst Böse im Menschen: dass er
auf sein eigenes Urteil verzichten kann.
Das gewöhnlichste Motiv dafür dürfte in aller Welt die Feigheit sein, das eigene Urteil gegen die herrschende Meinung zu verantworten. Ohne
die genetischen Überreste des Rudelverhaltens im Urwald möchte das
radikal Böse im Menschen gar nicht so lange überlebt haben.
Kommentar zu Zimbardo neu ausgewertet, 9. 7. 18
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