stern zu öffentliche Angelegenheiten
- das ist die Blase, in der die Lifestylelinke mit sich identisch ist. Früher hieß links: Ändere die Welt, sie braucht das. Heute heißt es, ich brauche das. Mein Aktivismus ist bekennen.
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«Wir kommen vielleicht alle von Pissarro»
Das Wort von Paul Cézanne weist auf die Bedeutung von Camille Pissarro (1830 – 1903) als zentrale Figur des Impressionismus. Die Landschaft, das Bauernleben hat er gemalt, unspektakuläre, scheinbar belanglose Motive, mit denen sich bei den grossbür-gerlichen Kunstsammlern seiner Zeit nicht Furore machen liess. Nun zeigt das Kunst-museum Basel den Maler und dessen Freundeskreis in rund 180 Exponaten.
Viele
Jahre arbeitete Camille Pissarro mit der fahrbaren Staffelei auf dem
Land nah bei seinen Motiven, im Alter, gebrechlicher und fasziniert vom
vielfältige Leben in Städten und Seehäfen, vom Fenster des Ateliers,
einem Hotelzimmer aus. Immer wieder der gleiche Ausblick, dieselben
Bäume, Gärten und Häuser oder Boulevards kamen auf die Bilder, denn ihn
interessierte weniger der zu malende Gegenstand, als das Licht, die
Komposition, die Stimmung, kurz: die Malerei. Damit wird er zum
Vorläufer oder auch Erfinder der modernen Malerei.
Die Ausstellung Camille Pissarro. Das Atelier der Moderne zeigt einen der wichtigsten Maler des 19. Jahrhunderts als Mitinitiant der Künstler-Gruppe, die später Impressionisten genannt wurde, und erfahrener Gesprächspartner von Malern wie Paul Cézanne oder Claude Monet, mit denen er eng befreundet blieb. Für viele Künstlerinnen und Künstler seiner Zeit wurde er zum Vorbild, zum Maître. So sagte Cézanne: «Der alte Pissarro war für mich wie ein Vater. Er war ein Mensch, den man um Rat fragen konnte, und so etwas wie der liebe Gott.»
Der 1830 in der Karibik geborene Sohn jüdischer Eltern, der statt auf eine weisse Eliteschule in die Grundschule mit schwarzen Kindern kam, ist mehrsprachiger Kosmopolit, gesellschaftspolitisch dem Anarchismus zugeneigt und in der Kunst ein Autodidakt, der sich unabhängig von der Akademie für seine künstlerische Vision engagierte. 1855 kommt er nach Paris, wo er im Umkreis der Schule von Barbizon arbeitet. Er verweigert den Eintritt ins Geschäft seines Vaters und lehnt auch eine Ausbildung an der Akademie ab. Und er heiratet 1861 gegen den Widerstand seiner Familie das Dienstmädchen Julie Vellay, hat in einer beständigen Ehe acht Kinder mit ihr.
um 1900
In seiner Pleinairmalerei ist er beharrlich und bei den Motiven oder der zurückhaltenden Farbgebung ohne Kompromisse an das Grossbürgertum und somit den Kunsthandel. Die Selbstinszenierungen der besseren Gesellschaft zu malen, überlässt er anderen. Er malt die einfachen Dinge, die den Familienvater in seinen eher bescheidenen Wohnsituationen auf dem Land umgeben. Aber seine Malerei ist alles andere als einfach, er komponiert Struktur, Farben, Licht und Schatten ganz bewusst, auch wenn es scheinbar simple Bilder sind.
So bleibt ihm der finanzielle Erfolg lange versagt; Pissarro steckte immer wieder in Geldnöten. Erst kurz vor seinem Ende, als er die Pariser Boulevards mit ihrem pulsierenden Leben bei allen möglichen Tages- und Nachtzeiten oder die Geschäftigkeit der Seehäfen im Blick hat und malt, kann er von seiner Kunst, die endlich sehr geschätzt wird, leben. Mit der Familie ist er nun in Eragny in der Normandie zuhause, darf aber wegen eines Augenleidens nicht mehr draussen malen. Daher mietet er sich in Pariser und Seehäfen-Hotels mit guter Aussicht ein und malt mal vom einen, mal vom anderen Fenster aus – wie seit je jeder Ästhetisierung abgeneigt. Hier entstehen die faszinierenden spätimpressionistischen Serien.
Beispiel aus der Serienmalerei: Zweimal der Boulevard Montparnasse: im Frühling 1897 und bei Nacht um 1897 .
Die Basler Ausstellung zeigt nun der Biographie entlang in jedem Raum neu, dass Pissarro kein einsames Genie abseits der Szene war, sondern jemand, der im Austausch mit der Kunstszene arbeitete, der auch die Gabe hatte, stabile Freundschaften aufzubauen, auf seine Kollegen einzugehen, sie zu fördern und von ihnen zu lernen – immer mit dem Ziel, gleichwertig zusammenzuarbeiten, immer offen für Experimente und kreative Lösungen für eine moderne Malerei, welche die akademischen Regeln überwindet. Ein Saaltext in Form einer gut dokumentierten Broschüre leitet durch die neun Räume. Der umfangreiche Katalog mit Aufsätzen unter anderem der beiden Kuratoren erschliesst im Einzelnen, welch zentrale Rolle Camille Pissarro bei der Entstehung einer Kunst der Moderne gespielt hat. Weil ein Kunstmuseum heutzutage breite Kreise ansprechen oder vielleicht auch anfixen will, bietet Basel zu Pissarro einen Raum voller Dokumente zu seiner politischen Welt. Hier darf man sich auch das Rüstzeug für Pissarro Sounds abholen. Versprochen wird ein «immersives Klangerlebnis».
Museumsdirektor Helfenstein, der die Ausstellung gemeinsam mit Christophe Duvivier, Direktor der Museen von Pontoise und Pissarro-Spezialist, kuratiert hat, weist auf Pissarros Farbauftrag bei einzelnen Schneebildern, die damals schockierten, weil der Gestus des Malers sichtbar bleibt und der Schnee gleichsam stumpf dargestellt ist. In den 1870er Jahren ist Pissarro auch Paul Gauguins Lehrmeister und gemeinsam mit Cézanne, Degas und Mary Cassatt entwickelt er die Grafik des Impressionismus.
Immer auf der Suche nach dem Neuen wendet er sich dem Neoimpressionismus um Paul Signac, Georges Seurat und seinem Sohn Lucien zu, für Pissarro die konsequente Fortsetzung des Impressionismus. Er setzt Farbpunkte gemäss der Theorien des Pointillismus auf die Leinwände, bis er sich von den rigiden akademischen Regeln dieser Atelierkunst wieder abwendet, obwohl er auch hier meisterlich reussiert hat. Eines der Hauptwerke dieser intensiven Schaffensperiode, nämlich Les Glaneuses von 1889 ist dem Kunstmuseum pünktlich zur Ausstellung als Geschenk übereignet worden. Anders als früher interessieren ihn nun die Figuren in der Landschaft, hier ist es eine Gruppe von Ährenleserinnen, die sich in rötlichem Abendlicht im Vordergrund auf dem abgeernteten Kornfeld befinden.
In dieser Schaffensperiode rückt er die Menschen – sehr oft sind es Frauen, Landarbeiterinnen, Bäuerinnen, Marktfahrerinnen – ins Zentrum. In seinen früheren Arbeiten kommen Personen selten vor, die Figuren dienen der Orientierung im Landschaftsmotiv. Es geht auch jetzt nicht um individuelle Porträts, es geht um das Typische der Menschen bei der Arbeit ums tägliche Brot. Sie sind weder verhärmt, noch nervös, noch überarbeitet, sondern gelassen, solidarisch und entspannt beim gemeinsamen Tun auf dem Feld.
Pissarros Menschen vom Land scheinen zufrieden zu sein mit ihrem Dasein, aufgehoben in ihrer ländlichen Existenz: In diesen Bildern steckt seine politische Grundhaltung des friedlichen Anarchismus, der absoluten Gleichwertigkeit in der Gesellschaft, hier wird der Traum von einer Welt ohne Befehlsgeber dargestellt. Pissarros Malerei ist geerdet, ohne auffällige oder gar spektakuläre Lichtreflexe, die seine Freunde gern setzen, dafür mit einer harmonischen Ausgewogenheit des Helldunkel.
Bis 23. Januar 2022
Informationen zur Pissarro-Ausstellung im Kunstmuseum Basel
Katalog: Camille Pissarro. Das Atelier der Moderne, hg. von Christophe Duvivier und Josef Helfenstein. Prestel, 2021.
Nota. -
Dies will ich aber noch anmerken: Nach seiner Ankunft in Paris hat
Pissarro zunächst gemeinsam mit Camille Corot in dessen Atelier
gearbeitet - so wie später Cézanne bei ihm.
JE, 10. 9. 21
aus Philosophierungen
Das Feld der Philosophie in dieser weltbürgerlichen Bedeutung läßt sich auf fol-gende Fragen bringen:
1) Was kann ich wissen?
2) Was soll ich thun?
3) Was darf ich hoffen?
4) Was ist der Mensch?
Die erste Frage beantwortet die
Metaphysik, die zweite die Moral, die dritte die Religion und die vierte
die Anthropologie. Im Grunde könnte man aber alles dieses zur
Anthropologie rechnen, weil sich die drei ersten Fragen auf die letzte
beziehen.
__________________________________________________
Immanuel Kant's Logik, ders., Akademie-Ausgabe IX, S. 25
Nota Das
obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie
der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht
wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE
Eines der für die abendländische Philosophie einflussreichsten Werke
beschäftigt sich gar nicht mit Philosophie. Es gehörte bis ins
19. Jahrhundert zu den meistge-lesenen Lehrbüchern überhaupt und wurde
schon vor weit über 2000 Jahren ge-schrieben. Vielleicht denken Sie nun,
dass ich auf irgendeine religiöse Schrift an-spiele, weil in antiker Zeit
kein Unterschied zwischen Philosophie und Theologie herrschte und im
Christentum die Philosophie lange Zeit als »Dienerin der Theo-logie«
galt. Doch weit gefehlt: Es handelt sich um ein Lehrbuch der Geometrie,
die »Elemente« (Stoicheia), die dem hellenistischen Mathematiker Euklid
von Alexan-dria um 300 v. Chr. zugeschrieben werden.
Warum der enorme Einfluss? Um das zu verstehen, muss man den Aufbau des
Werks betrachten. Die »Elemente« beginnen mit einer Reihe von
Definitionen, einer Aufzählung von fünf Postulaten (darunter etwa, dass
sich durch je zwei beliebige Punkte eine Gerade legen lässt) und fünf
Grundsätzen, die als selbst-verständlich gelten sollen, zum Beispiel:
Gleichem dasselbe weggenommen ergibt Gleiches. Im Anschluss werden
verschiedene geometrische Konstruktionen mit Zirkel und Lineal
vorgenommen und in einfachen Diagrammen wiedergegeben. Dazu wird jeweils
anhand der Postulate und Grundsätze hergeleitet, weshalb die
Konstruktionen – etwa die eines gleichseitigen Dreiecks auf Grundlage
einer ge-gebenen Strecke – auch tatsächlich korrekt sind.
Die verwendeten sprachlichen Mittel sind dabei auf das Äußerste
reduziert, und alle Beweise enden mit dem Satz »Was zu tun war« oder
»Was zu zeigen war«. Dabei baut jeder Beweis ausschließlich auf bereits
Bewiesenem sowie auf den Ausgangs-annahmen auf. So zeigt die zweite
Konstruktion, dass es möglich ist, eine Strecke von einem beliebigen
Punkt zu einem anderen zu übertragen – wofür die vorherige Konstruktion
des gleichseitigen Dreiecks benötigt wird.
Diese Vorgehensweise galt nun über Jahrtausende als Muster einer
stringenten wissenschaftlichen Methode: ein strenger, geordneter Aufbau,
der aus einem mini-malen Satz von Voraussetzungen mit zwingender
logischer Schlüssigkeit immer komplexere Wahrheiten herausholt. Es
wundert wenig, dass auch und gerade die Philosophie davon fasziniert
war. Die hohe Zeit dieser Begeisterung war das 17. Jahrhundert. So trägt
das kurz nach seinem Tod 1677 erschienene Hauptwerk des
niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza die geometrische Methode
schon im Titel: »Ethica, Ordine Geometrico demonstrata« – Ethik, nach
geome-trischer Ordnung bewiesen. Auch er beginnt mit Definitionen und
Axiomen und zieht seine Argumentation dann in mathematischer
Schrittfolge hoch.
Spinoza kommt zu dem Schluss, dass Gott notwendigerweise existiert, aber kein übernatürliches persönliches Wesen ist, sondern mit der Natur identisch
Schon ein flüchtiger Blick in die beiden Werke zeigt jedoch, welche Schwierigkeit mit dem »geometrischen« Anspruch verbunden ist. Euklids Postulate besagen etwa: »Eine gerade Strecke ist beliebig verlängerbar« (Nr. 2) oder »Alle rechten Winkel sind unter sich gleich« (Nr. 4). Spinoza postuliert zu Beginn seiner »Ethica« bei-spielsweise: »Eine wahre Idee muss mit ihrem Gegenstand übereinstimmen« (VI) oder »Was als nicht existierend begriffen werden kann, dessen Wesen schließt die Existenz nicht ein« (VII). Es mag sein, dass für Europäer mit akademisch-philo-sophischem Bildungshintergrund diese beiden Postulate gegen Ende des 17. Jahr-hunderts so einleuchtend und selbstverständlich waren wie jene Euklids. Aber vom heutigen Standpunkt aus betrachtet kann man sie sicherlich zumindest diskutieren – und die im weiteren Verfahren erarbeiteten Ergebnisse Spinozas nicht minder. Schließlich kommt er unter anderem zu dem Schluss, dass Gott notwendigerweise existiert, aber kein übernatürliches persönliches Wesen ist, sondern mit der Natur identisch.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die »geometrische Methode« vor
allem ein Stilmittel ist, ein Versuch, die eigenen Gedanken vielleicht
besser zu struktu-rieren, auf jeden Fall strukturierter erscheinen zu
lassen. Es gibt eine Reihe berühm-ter philosophischer Werke wie etwa der
»Tractatus« von Ludwig Wittgenstein (1918), der schon mit seinem Titel
auf Spinoza anspielt, oder der »Logische Aufbau der Welt« von Rudolf
Carnap (1926), die in der einen oder anderen Art und Weise den Anspruch
erheben, eine konsequente, mathematisch-logische Ordnung in ihrem
Vorgehen einzuhalten.
Die euklidische Geometrie ist jedoch selbst nicht ohne Schwächen,
insbesondere arbeitet sie mit schwammigen Definitionen von Gerade (»eine
Linie, die durch Punkte gleichmäßig gegeben ist«) und Ebene (»etwas,
was nur Länge und Breite hat«). Hinzu kommt der
wissenschaftsgeschichtlich sehr bedeutsame Ärger mit dem
Parallelenpostulat, den ich aber hier ausklammere, weil er irgendwann
einmal eine eigene Kolumne verdient hat...
Doch bei aller Kritisierbarkeit: Man muss neidlos feststellen, dass die Philosophie bei all ihren Versuchen nie ein Werk hervorgebracht hat, das sich in seiner Kon-sensfähigkeit mit den »Elementen« messen kann. Ich persönlich neige sogar dazu, das für unmöglich zu halten, weil philosophische Begriffe notwendigerweise in einer ganz anderen Liga spielen als geometrische – aber es gibt durchaus Philoso-phen, die bis heute darauf hoffen, dass jemand irgendwann eine Reihe von Propositionen untereinanderschreibt, die so zwingend dargelegt sind, dass man gar nicht anders kann, als sie zu akzeptieren.
Nota. - Dass geometrische Begriffe "in einer ganz anderen Liga spielen" als philo-sophische hätte schon ein paar erläuternde Zeilen verdient.
Auch scheint Warkus die "Konsensfähigkeit" einer Lehre für einen Hinweis auf deren Haltbareit zu halten. Oder macht die sie eher verdächtig? Was konsensfähig ist, hängt von vielen Bestimmungen der Zeit und des Ortes ab. Nicht aber, was einem unablässigen Prozess öffentlicher Kritik standhält - denn durch den werden die zufälligen Bestimmungen von Zeit und Ort ausgeschieden. Konsensfähig ist das zum gegebenen Moment in den meisten Fällen wohl nicht.
JE
Will sagen, in weniger komplexen Gesellschaftszuständen begegneten den Men-schen viel mehr Dinge ohne Absicht
als heute; sie hätten sie um ihrer selbst willen betrachten (und ihrem
Beifall und Missfallen aussetzen) können. Haben sie es ge-tan, haben sie
es gewollt? Wer genügend Muße hatte, vielleicht. Aber je komplexer die
gesellschaftliche Arbeitsteilung wurde, auf umso mehr fremde Absichten
muss-ten sie sich einstellen, sich daran gewöhnen, Zeichen zu deuten und
rechtzeitig ihr Verhalten darauf einzustellen. Das Interpretieren von
Zeichen wurde zur unum-gänglichen Gewohnheit, eine tiefenpsychologische
Schule hat darin einen sprudeln-den Einkommensquell aufgetan. Ohne deren
Verheerungen im öffentlichen Be-wusstsein wäre Roland Barthes nicht auf seine
Manie verfallen. Sie gehörten zu den drei, vier großen Mythen des 20.
Jahrhunderts.
H. Füssli
Man
muss nämlich nicht alles als Zeichen deuten. Man kann es bleiben
lassen. Richtig ist allerdings, mit zunehmender Komplexität der
Lebenswelt braucht es immer größere Entschlossenheit, sich die semiotischen Anmutungen vom Leib zu halten und die Dinge ohne Interesse anzuschauen. Der ästhetische Zustand kommt immer seltener von allein. Aber umso begehrter wird er vielen.
aus meinem Kommentar zu Semiologie, oder Das Reinästhetische gibt es gar nicht.17. 3. 17
Nota. Die obigen Bilder gehören mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog
aus welt.de, 4. 9. 2024 zu Jochen Ebmeiers Realien zu Levana, oder Erziehlehre;
Von Valentin Frimmer
Jedes Kind lernt in der Schule, mit Stift und Papier zu schreiben. Später im Leben gewinnt dann das Tippen auf Tastaturen und Touchpads an Bedeutung. Rein mengenmäßig dürfte bei vielen Menschen das digitale Schreiben das Handschriftliche sogar schon überholt haben.
Per se schlimm ist das bei Erwachsenen nicht, solange man beide Techniken sicher beherrscht. Schließlich haben beide Schreibarten Vorzüge. So können am Computer geschriebene Texte viel einfacher bearbeitet und verbessert werden – gerade bei längeren Abhandlungen fördert das die Qualität. Viele Menschen sind auf Tastaturen auch wesentlich schneller. Auch das Speichern und Verwalten ist einfach. Handgeschriebenes scheint hingegen die Nase vorn zu haben, wenn sich Menschen beispielsweise bei einem Vortrag oder einem Meeting Notizen machen.
So präsentierten im Januar die norwegischen Neurowissenschaftler Audrey van der Meer und Ruud van der Weel Hinweise darauf, dass das Schreiben per Hand in solchen Situationen das Lernen fördert. Sie hatten 36 Studentinnen und Studenten bestimmte Wörter auf einem Bildschirm gezeigt. Anschließend sollten die Probanden die Wörter entweder mit einem Stift in Schreibschrift aufschreiben oder mit einem Finger in eine Tastatur tippen.
Während des Experiments wurde per Elektroenzephalographie (EEG) die elektrische Aktivität im Gehirn der Teilnehmer gemessen, wie das Forscherduo von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens in Trondheim im Fachblatt „Frontiers in Psychology“ schreibt. Dabei stellten die Forscherin und der Forscher fest, dass die präzise kontrollierten Handbewegungen bei der Verwendung eines Stifts wesentlich aktivere Verknüpfungen zwischen bestimmten Hirnregionen hervorriefen.
Aus früheren Studien wisse man, dass die beobachteten Verknüpfungsmuster – Fachleute sprechen von Konnektivität – „entscheidend für die Gedächtnisbildung und die Informationsverarbeitung seien, und daher für das Lernen von Vorteil“, schreiben van der Meer und van der Weel.
„Wir haben gezeigt, dass die Unterschiede in der Hirnaktivität mit der sorgfältigen Formung der Buchstaben beim Schreiben mit der Hand zusammenhängen, wobei die Sinne stärker beansprucht werden“, sagte van der Meer laut einer Mitteilung. Sie fasst zusammen: „Es gibt einige Hinweise darauf, dass Studenten mehr lernen und sich besser erinnern, wenn sie handschriftliche Notizen zu Vorlesungen machen, während die Verwendung eines Computers mit einer Tastatur möglicherweise praktischer ist, wenn sie einen langen Text oder Aufsatz schreiben.“
Während van der Meer und van der Weel sich auf veränderte Muster im Hirn konzentrierten, zeigte ein US-Forschungsteam vor zehn Jahren, dass handschriftliche Notizen auch tatsächlich Lernvorteile bringen können. Allerdings nennen sie dafür andere Gründe. So ließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in drei, jeweils nur leicht veränderten Experimenten Studenten fünfminütige Videos schauen. Dabei sollten sie sich entweder am Laptop oder handschriftlich Notizen machen. Etwa eine halbe Stunde später sollten sie Fragen zu dem kurzen Film beantworten.
Insbesondere bei Verständnisfragen wie „Wie unterscheiden sich Japan und Schweden in ihren Ansätzen zur Gleichstellung innerhalb ihrer Gesellschaften?“ schnitten die Studenten mit handschriftlichen Notizen deutlich besser ab. Die Gruppe um Daniel Oppenheimer, mittlerweile an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh tätig, sieht den Grund für den Unterschied darin, dass die am Computer tippenden Probanden mehr dazu tendierten, wortwörtlich mitzuschreiben. Das würde Lernprozesse behindern, denn Informationen würden weniger verarbeitet und weniger in eigene Worte gefasst, als wenn man sich nur Stichpunkte notiert.
Zwar sei es insgesamt betrachtet hilfreich, eher mehr als weniger Notizen zu machen, so die Gruppe. „Wenn die Notizen jedoch wahllos oder durch gedankenloses Abschreiben von Inhalten gemacht werden, was auf einem Laptop wahrscheinlicher ist als bei handschriftlichen Notizen, schwindet der Nutzen.“
Grundsätzlich sei der Schreibprozess ein sehr komplexer Vorgang, erklärt Necle Bulut, Sprachdidaktikerin an der Universität Münster, die zu Hand- und Tastaturschreiben forscht. „Er besteht aus zum Teil automatisierbaren und nicht-automatisierbaren Prozessen.“ Das Niederschreiben an sich, die Rechtschreibung und teils auch das Formulieren seien automatisierbar. Je besser das gelinge, desto mehr Kapazität habe das Arbeitsgedächtnis beispielsweise für das Planen und Überarbeiten eines Textes – das gelte sowohl für das Hand- als auch für das Tastaturschreiben.
Bulut geht davon, dass Menschen sich mit Blick auf die Schreibart grundsätzlich für den effizientesten Weg entscheiden. „Wenn das Handschreiben zu besseren Lernergebnissen führt, wird der Mensch auch darauf zurückgreifen.“ Sei das Schreibwerkzeug für den Einzelnen unerheblich, „dann führen eben unterschiedliche Wege zum Ziel“.
Unklar ist deutschen Expertinnen zufolge, ob bei Erwachsenen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte das Schreiben mit der Hand generell weniger geworden ist. Insgesamt wird aber möglicherweise sogar mehr geschrieben, schließlich tippen viele Jugendliche und Erwachsene Unmengen an Textnachrichten in Messenger-Apps auf ihren Smartphones. „Chats ersetzen heute weitgehend Telefonate“, sagt Nadine Anskeit, die an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe das Institut für deutsche Sprache und Literatur leitet.
Dank technischem Fortschritt lässt sich das manuelle Schreiben per Hand oder Tastatur in vielen Fällen aber auch ganz vermeiden. So hat jedes Smartphone und jede Messenger-App mittlerweile eine Diktieroption, sodass man Notizen und auch Nachrichten ganz einfach einsprechen kann. Apps und Programme, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren, verschriftlichen darüber hinaus Audioaufnahmen sehr verlässlich. Solche Software kann auch berücksichtigen, wenn der Sprecher wechselt. Noch einen Schritt weiter gehen Anwendungen, die auf Wunsch das Besprochene knapp zusammenfassen. Zumindest technisch werden dadurch eigene Notizen zu einer dienstlichen Besprechung, einem Video-Call oder einer Vorlesung an der Uni weitgehend überflüssig.
Solche KI-generierten Zusammenfassungen könnten helfen, wenn man sich in einem Gespräch oder einem Vortrag voll aufs Zuhören konzentrieren will, sagt Expertin Anskeit. Es sei aber wichtig, sich mit solchen Angeboten auch kritisch auseinanderzusetzen. So könnten die KI-Hilfsmittel dazu verleiten, gedanklich abzuschweifen. Macht man sich eigene Notizen, zwingt das hingegen zum Zuhören. Grundsätzlich gelte: „Das Lernen selbst kann man nicht durch KI ersetzen.“
Nota. - Die Hand ist der Fühler des Gehirns im Raum. Die Zeit wird von den Augen dazugetan.
Die Hominisation beginnt mit der Erfindung des aufrechten Gangs. Sie hat dem Menschen mit der Freisetzung der Nase vom Boden den weiten Blick gegeben, und mit der Loslösung der Hände das Erfassen des Raums.
Die Verkümmerung der Hände wäre nicht weniger fatal als die Verkümmerung der Köpfe. Hand-Schreiben ist dem Kopf-Denken so stammverwandt wie das Mund-Reden.
JE
Nota Das
obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie
der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht
wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE
Was macht eine Partei, die so sehr am Ende ist, wie die FDP?
Sie gibt sich auf oder flieht nach vorne.
Nota Das
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zu öffentliche Angelegenheiten
Nein - da ist keine Sackgasse.
Nota Das
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Ab einem bestimmten Punkt - eigentlich einem unbestimmten Fleck - ist das Rech-nen mit Zahlen (uns) faktisch unmöglich, und wenn der Computer einspringt, kann man doch nichts damit anfangen. Die Zahl Pi ist inzwischen angeblich bis auf 62 (oder 620?) Billionen Stellen hinterm Komma ausgerechnet worden. Ist dafür eine praktische Anwendung denkbar?
Rein gedanklich hat es seinen Wert, nämlich mindestens die Einsicht, dass auch dann noch ein Rest übrig ist. Wenn Pi von irgendeiner Intelligenz der Konstruktion des Kreises zu Grunde gelegt worden wäre, müsste sich irgendwann eine endliche Zahl auffinden lassen.
Doch
kein gesunder Geist würde einen Kreis aus Zahlen aufbauen wollen. Man
wählt anschaulich einen Punkt im Raum und bewegt eine gerade Linie
rundherum. Doch das ergibt immer nur diesen einen Punkt, diese eine
Linie und diesen einen Kreis. Der Kreis "als solcher" lässt sich nur - durch Zahlen darstellen. Hätte eine Intelligenz den Kreis erschaffen wollen, hätte sie alle möglichen Kreise anfertigen müssen. Anfertigen? Fertig wäre sie bis heute nicht, so groß wäre ihre Zahl; nämlich ∞. Denn dies ist die Pointe: Dem Unendlichen kann man sich nicht annähern. So weit man es auch treibt, der Abstand bleibt immer derselbe: unendlich.
Allerdings gibt es eine Richtung vor.
Kommentar zu Annähern, wo die Zahlen zu groß werden. JE, 12. 9. 21
Sehr groß oder unendlich groß? 'Unendlich' ist lediglich gedacht. Sehr ist reell: nämlich im Verhältnis zu allem, was kleiner ist. Man kann es anschauen. Wem man es zeigt, der kann es nicht leugnen. Wer aber sagt: Unendliches "kann ich mir gar nicht vorstellen", dem ist nicht beizukommen; jedenfalls nicht mit Worten.
Andere Mittel ließen sich finden, aber die gehören nicht zum Repertoire der Ver-nunft. Kant hat darum das wirklich ganz Große, das menschliches Maß übersteigt, als das Erhabene ins Reich des Ästhetischen verwiesen.
Nota Das
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zu Philosophierungen Anfang der Philosophie sei das Staunen, heißt es sei...