Freitag, 15. Dezember 2023

Chiaroscuro und Perspektive.

Rembrandt, Abraham und die Engel                                                                                                                                 zu Geschmackssachen

Der Zufall wollte, dass diese beiden Bilder bei Sotheby in derselben Sitzung aufgerufen wurden. Kommentatoren konnten sich nicht verkneifen, bei obigem späten Werk Rem-brandts (auf 16 x 21 cm) auf die meisterliche Hell-Dunkel-Kunst hinzuweisen. Dabei wird auf ihm gerade sichtbar, was Rembrandt zu seinem Nachteil von Caravaggio unterscheidet. Während bei Caravaggio die Beleuchtung gerade dazu dient, die Figuren zu plastischem Leben zu erwecken und dem Raum die Tiefe wiederzugeben, die der Manierismus hinweg-subtilisiert hatte, dient er bei Rembrandt gerademal zum Bildaufbau, während der Raum plattgedrückt bleibt, und grad einmal die Mittelgruppe wird durch einen unmotiviert strah-lenden Engel zu einer Runde gefügt. Da sich aber die vordere Frauenfigur gegen das helle Zentrum dunkel absetzt, sieht sie so aus, als säße sie hinter dem Engel, der ihr doch gegen-übersitzt. (Der Effekt lässt sich nunmal nicht vermeiden - es sei denn, man träte aus der Fläche heraus und gäbe der Perspektive wieder die Ehre; indem man nämlich die Frau merklich größer malte als den Engel.)

 
Botticelli, Junger Mann mit Medaillon, um 1480

Der am selben Tag versteigerte Botticelli zeigt dagegen, dass die Hochrenaissance durchaus schon den Schatten bemerkt hatte und zu nutzen wusste, um ihren Figuren Relief zu geben. Noch nicht wollten sie das Chiaroscuro nutzen, um aus dem flachen Tafelbild in die Tiefe des Raums zu dringen; das hatten sie auch gar nicht nötig, weil sie den seinerzeit großen na-turalistischen Durchbruch der Renaissance, nämlich die Perspektive, noch nicht der modi-schen Wichtigtuerei preisgegeben hatten.

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