Montag, 3. Februar 2025

Vereinfachen, rationalisieren und ästhetisieren.

                             zu Geschmackssachen; zuJochen Ebmeiers Realien

Heißt vereinfachen rationalisieren, oder heißt nicht vielmehr rationalisieren verein-fachen? Ist es überhaupt sinnvoll, auf dieser elementaren Ebene schon von Geome-trie zu reden statt nur von einfachen und von komplexeren Formen? Von Gestalt-wahrnehmung statt von Ratio?

Es geht offenbar um ästhetische Qualitäten, nämlich um anschauliche. Dass die Menschen in ihrer Lebenswelt von Quadern und sonstigen Rechten Winkeln ein-gekreist sind, stimmt selbst für uns Mitteleuropäer, wenn überhaupt, erst seit an-derthalb Jahunderten. Bis dahin war die Lebenswelt von Homo sapiens bestimmt von wüsten und regellosen Formen. Und das ist es, worauf die Gehirne europäi-scher Kinder ebenso wie die der Nimba in Namibien eingestellt sind. 

Aber auch die der Paviane. Und trotzdem so ein krasser Unterschied?

Ja, gerade deshalb. Paviane sind durch eine lange Selektion/Evolution in ihre Um-welt eingepasst. Sie passen zu einander wie Hand und Handschuh. Regelmäßig, nämlich den für sie geltenden Regeln gemäß, ist alles ihnen Gegebene; denn etwas anderes ist ihnen ja nicht gegeben.

Nicht so die Familie Homo, seit es sie als solche überhaupt gibt. Sie haben ihre Umweltnische im ostafrikanischen Urwald mutwillig verlassen und sind in eine offene Welt ausgebrochen, in der sie sich erst noch zurechtfinden mussten - und, wenn man's recht bedenkt, noch täglich zurechtfinden müssen. Dass sie 'von Natur aus' eher nach einfachen Formen Ausschau halten, die der Orientierung einen An-halt bieten und die sich handhaben lassen, liegt nahe.

In der industriellen Zivilisation des Westens haben sie sich eine künstliche Sekun-därnische geschaffen, die quadratisch-praktisch-gut an den Geboten der Handhab-barkeit ausgerichtet ist. Dort geht es ihnen inzwischen so gut, dass die Gebildeten unter ihnen die Nützlichkeit satt haben und sich ein Gefallen an zweckfreier Bizar-rerie leisten können. So hat sich, grob gesprochen, ein Reich des Ästhetischen aus einer Welt des bloßen Nutzens heraus gebildet, das die vorgefundenen nach dem Vorbild der selbsterschaffenen Formen als Geschmackssachen auffasst. Das ist dann aber schon nicht mehr gebundene Natur, sondern bereits freier Geist.
Kommentar zu Einfach und schön. JE, 14. 5. 21


 

Nota. - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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