Freitag, 7. Februar 2025

Der gesunde Menschenverstand ist Vernunft im Alltagsmodus.

                                            aus Philosophierungen

Der gesunde Menschenverstand ist die pragmatische Gebrauchsform der Vernunft. Sie ist überall an ihrem Platz, wo es um Fragen geht, die aus der Erfahrung zu be-antworten sind. Im täglichen Leben geht es um Ungefähres, und die Erfahrungen, die es haben kann, sind ebenso ungefähr. Darum werden im Alltag Fragen gar nicht gelöst, sondern konsensuell unschädlich gemacht; das reicht in den meisten Fällen, äußersten Falls versucht man es nochmal.

Um in Genua oder sonstwo eine Brücke zu bauen, reicht kein Ungefähr. Techni-sche Fragen müssen gelöst werden. Dafür haben wir die Wissenschaft. Die nimmt es, anders als der Alltagsverstand, ganz genau. Darum ist ihr grundlegendes Verfah-ren das Experiment - was sie vor Irrtümern nicht schützt: Tatsachen können auch mal übersehen werden.
 


Doch grundsätzlich steht auch die exakteste Wissenschaft im Modus des gesunden Menschenverstands. Das hindert sie nicht am abstrakten Theoretisieren. Wo prak-tische Versuche nicht machbar sind wie im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich, entwirft sie Modelle, wo begriffliche Extrapolationen die empirischen Daten erset-zen müssen, und denkt sich an und mit ihnen das Faktische, das ihr unmittelbar nicht zugänglich ist. So aber auch in der Theoretischen Physik. Was in der Wirklich-keit nicht anschau- und folglich nicht messbar ist, wird zusammen mit bekannten reellen Daten in eine mathematische Formel gebracht, mit der sich rechnen lässt. Die so neu gewonnenen Daten lassen sich wenn nicht direkt, dann mittelbar experi-mentell überprüfen - und sei es nur, dass das Modell den Rechnungen standhält. So ist es möglich, dass wir uns Dinge denken, die wir uns doch nicht vorstellen kön-nen.

Denn unterste Grundlage bleiben ja die experimentell gesicherten reellen Daten.

Die grundsätzlichen Fragen der Menschheit - Wie sollen wir unsere Welt einrich-ten? - sind nicht experimentell zu klären.* Da reicht es nicht, zu erproben, wie was funktioniert; es kommt darauf an, Zwecke zu setzen. Modellrechnungen mögen erst recht notwendig werden, und die konkreten Daten, die in sie eingehen, müssen erst recht gesichert sein. Das bleibt Sache der realen Wissenschaft und ihres gesunden Menschenverstands. Aber die Frage, welches Modell man will und welche Gefah-ren man zugunsten welcher Möglichkeiten einzugehen bereit ist, ist eine Frage der Vernunft im strengen Sinn. Da gilt kein Ungefähr und kein Konsens, das wird man entscheiden müssen.

*
Muss sich aber die Vernunft rechtfertigen - etwa um ihrer selbst willen?
Dazu ist sie gar nicht da. Mich soll sie rechtfertigen, dafür habe ich sie zur Welt ge-bracht.

3. 4. 19
 
*) Solche Experimente sind in der Regel unwiederholbar: Gehen sie einmal schief, sind sie ein für alle Mal gescheitert.


Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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