Freitag, 28. Februar 2025

Ganz ruhig bleiben.

                                                      The worst case - er lässt uns keine Wahl.

Das Gute am Schlechten: Die amerikanische Hegemonie ist ja wohl seit heute Geschichte. Dass Europa wieder zum Herz des Westens wird, war schon lange fällig. Spätestens seit Obama, würd ich sagen - der hat Putin nach Syrien gelassen.

 

 

Anscheinend gab es dort Unstimmigkeiten; darum hier:

welt.de, 1. 3. 2025
Jetzt braucht der freie Westen einen neuen Anführer
Der Eklat im Weißen Haus hat Europa gezeigt: Auf die USA unter Donald Trump kann es sich nicht mehr verlassen. Nicht bei der Verteidigung der Ukraine, aber auch nicht bei der Verteidi-gung der Werte, die den freien Westen ausmachen.
von Caroline Turzer, Ressortleiterin Außenpolitik

Europäische Verteidigungsgemeinschaft?

Friedrich Merz am Tag nach der Bundestagswahl.
aus Tagesspiegel, 28. 5. 2025                                                                               zu öffentliche Angelegenheiten

Nuklearer Schirm mit Paris und London?  
Merz offen für gemeinsame atomare Abschreckung aus Europa
Merz möchte mit europäischen Verbündeten über ein mögliches gemeinsames Atomwaffenprogramm sprechen. Frankreich hatte bereits Angebote gemacht, die Scholz aber ausgeschlagen hatte.

CDU-Chef Friedrich Merz möchte mit Frankreich, Großbritannien und anderen Verbündeten über ein europäisches System nuklearer Abschreckung verhandeln.

Gegenwärtig habe Deutschland die „atomare Teilhabe“ mit den USA, sagte Merz der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) laut Vorabmeldung vom Freitag. „Ob es mit Frankreich oder Großbritannien in diese Richtung gehen kann, das will ich in den Koalitionsverhandlungen und auch mit unseren Partnern in Europa, der EU und der Nato diskutieren.“ Das Angebot der Franzosen, „über einen gemeinsamen nuklearen Schirm für Europa zu sprechen“, habe schon der ehemalige französische Präsident „Charles de Gaulle in der Atomdoktrin der französischen Regierung in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts so aufgeschrieben, dass nämlich ein Angriff auf Deutschland auch den atomaren Schutz durch Frankreich aktivieren würde“.

Die Lage habe sich „jetzt noch einmal verändert, und deshalb sollten wir neu über dieses Thema gemeinsam nachdenken“, betonte der CDU-Chef.

In Bezug auf die nuklearen Schutzgarantien der USA sagte Merz, „zunächst einmal“ gälten die Konsultations- und Beistandsartikel vier und fünf des Nato-Vertrages „bisher unverändert“ weiter. „Damit gilt auch die nukleare Teilhabe Deutschlands mit den Amerikanern bis heute unverändert fort.“ Aber es gelte der Satz: „Lasst uns auf das Beste hoffen und auf das Schlimmste vorbereitet sein.“

Laut Artikel vier des Nato-Vertrags „konsultieren“ sich die Nato-Staaten bei einer Bedrohung. Artikel fünf regelt zudem, dass sich die Länder beistehen, wenn eines angegriffen wird.

Auf die Frage, ob Deutschland sich im Fall einer nuklearen Abschreckung mit Frankreich und Großbritannien an den Kosten beteiligen müsste, sagte Merz, das sei „kein Thema, das heute auf meinem Schreibtisch zur Bearbeitung liegt“. Es gebe auch „keine Veranlassung“ darüber nachzudenken, ob Deutschland irgendwann selbst Atomwaffen haben sollte.

 

Nota. - Ob sich Trump beeinflussen lässt, kann man nicht wissen. Man muss es eben versuchen.
JE 

 

Hart an der Grenze.


Claude Monet, Das Unterholz im Wald von Saint-Germain 1882, 810 x 650  mm             zu Geschmackssachen

Aber gut gemacht, kann man nicht anders sagen.
Mein Tipp: Verkleinern Sie's ein bisschen auf Ihrem Bildschirm; dann wirkt es gleich seriöser.
Übrigens habe ich schon öfter auf die Herkunft der Fauves aus dem Impreeionismus hingewiesen; hier ein weiteres Beispiel.
 

 

Wer glaubt, wird selig.


aus Tagesspiegel, 28. 2. 2025                                                           
zu öffentliche Angelegenheiten

Die Reform der Berliner Verwaltung ist eines der zentralen Vorhaben der schwarz-roten Koalition unter Führung Wegners. Nach seiner Wahl zum Regierungschef hatte der 52-Jährige angekündigt, die Reform zur Chefsache zu machen. Verant-wortlich dafür, den Prozess zu koordinieren, ist Martina Klement (CDU), Staats-sekretärin für Verwaltungsmodernisierung. Sie erklärte zuletzt: „Mit dieser Reform räumen wir mal ganz grundsätzlich in der Berliner Verwaltung auf.“


Nota. - Berlin ist bekanntlich eine gottlose Stadt. Hier gloobn wa nich an Wunder.
JE

 

 

Donnerstag, 27. Februar 2025

Kunst aus der DDR im Kunsthaus Minsk, Potsdam


aus FAZ.NET, 11.02.2025                Werner Tübke, Drei Frauen aus Cefalù, 1983                    zu Geschmackssachen
                   
Faszinierende DDR-Kunst:
Als Erich Honecker für Deutschland ritt
Die Kunst der untergegangenen DDR musste sich immer wieder neu gegen den politischen Druck des Regimes behaupten. Daraus entstand ihre einzigartige Qualität. Das zeigt eine Ausstellung in Potsdam.

Im Jahr 1986 reiste der Dresdner Maler Stefan Plenkers zur Vorbereitung einer Ausstellung seiner Bilder in einer Westberliner Galerie in die andere Hälfte der geteilten Stadt. Sein Galerist fuhr ihn durch Kreuzberg, wo Plenkers fasziniert die Graffiti auf der Westseite der Berliner Mauer betrachtete. Auf dem Gemälde „Fremde Zeichen“, das im gleichen Jahr entstand, reduziert Plenkers die vielfarbigen Mauerzeichnungen auf ein Patchwork aus roten und schwarzen Formen, aus denen sich eine kopfstehende Figur heraushebt.

Ein DDR-Bauwerk, das über der Mauerkrone aufragt, scheint nach links wegzukippen, der rote Stern über dem Dach wirkt harmlos wie ein Windrad. Von rechts schiebt sich ein großer grüner Halbmond ins Bild. Plenkers war ein durchaus regimetreuer Maler, seine Ausstellung in Westberlin wurde durch den Staatlichen Kunsthandel der DDR finanziert. Auf seinem Bild sieht man davon nichts.

Der Freund bespitzelt den Freund

Zwei Jahre zuvor hatte Ralf Kerbach sein Dreierporträt „Dresdner Freunde“ vollendet. Kerbach war bereits 1982 nach zahlreichen Schikanen durch die Staats­sicherheit nach Westberlin übergesiedelt, sein Bild hält ei­ne Begegnung fest, die so nicht stattgefunden hat. Es zeigt die Künstlerin Cornelia Schleime und den Schriftsteller Sascha Anderson mit Kerbach selbst an einem Tisch. Der Maler hat seinen Blick abgewandt, während Anderson ihn durchdringend anschaut.

Cornelia Schleime, die einen Hummer als Kopfputz trägt, blickt als Einzige den Betrachter an. Schleime verließ im Herbst 1984 die DDR, beinahe ihr gesamtes Frühwerk ging dabei verloren. Sascha Anderson wurde 1991 von Wolf Biermann als Stasi-Informant enttarnt. Er hatte auch seine Dresdner Freunde Ralf Kerbach und Cornelia Schleime jahrelang bespitzelt.

Der Blick von der anderen Seite: Stefan Plenkers, „Fremde Zeichen“, 1986
Der Blick von der anderen Seite: Stefan Plenkers,  Fremde Zeichen 1986

Die Kunst der DDR war nicht sauber geteilt zwischen Oppositionellen und Konformisten. Ein vom Staat geförderter Maler wie Plenkers konnte einen kritischen Blick auf die Mauer werfen, ein Dissident wie Kerbach einen Spitzel idyllisieren. Am krassesten zeigt sich die Nichtidentität von Leben und Arbeit in der Malerei von Wolfgang Mattheuer. Mattheuer war von 1965 an Kunstprofessor in Leipzig und ein kulturelles Aushängeschild des Arbeiter- und Bauernstaats. 1974 gab er seine Lehrtätigkeit auf.

Im selben Jahr entstand „Freundlicher Besuch im Braunkohlerevier“. Drei fußlose Männer mit Pappkartons anstelle der Köpfe laufen durch eine Tagebaulandschaft. Der vorderste hält eine Rolle Papier und einen Blumenstrauß in den Händen. Auf die Kartons sind grinsende Gesichter gemalt. Ein Arbeiter, der ihnen entgegenkommt, schaut missmutig aus dem Bild. Das Gemälde nimmt ganze Filmreihen über den Alltag der späten DDR vorweg, etwa Andreas Dresens „Gundermann“; es entstellt den Parteiapparat zur Kenntlichkeit. Mattheuer aber hörte nicht auf, bunte und heitere neben ätzenden und traurigen Symbolbildern zu malen. 1977 vertrat er sein Land auf der Documenta 6. 1988 trat er aus der SED aus. Zu jener Zeit galt er der Stasi längst als Staatsfeind.

Der Verräter sitzt mit am Tisch: Ralf Kerbach, „Dresdner Freunde“, 1984
Der Verräter sitzt mit am Tisch: Ralf Kerbach, „Dresdner Freunde“, 1984

Der „Freundliche Besuch“ gehört ebenso wie „Fremde Zeichen“ und „Dresdner Freunde“ zur Sammlung des Software-Un­ter­nehmers Hasso Plattner. Im Kunsthaus Minsk in Potsdam, das Plattner vor dem Abriss rettete, indem er das einstige Edelrestaurant zum Schaufenster für seine Kollektion machte, wird der Blick auf deren Bestände jetzt ein weiteres Mal scharf gestellt. Der Trick, den die Ausstellung „Im Dialog“ dabei anwendet, ist ein alter Kuratoren-Kniff: Sie hängt zusammen, was nicht zusammengehört.

Hier ist es etwa Arno Rinks Porträt des Kunstkritikers Henry Schumann in der Werkstatt des Malers von 1968 und ein im Jahr darauf entstandenes Atelierbild von Mattheuer, auf dem ein brüllender Bürger mit Hut auf einer feisten Kirmes-Taube vor trostloser Leipziger Stadtlandschaft im Fenster­rahmen vorbeireitet. Für den heutigen Betrachter ist das Erich Honecker, der auf dem „Grauen Fenster“ das Gespenst des Sozialismus durch die Lüfte treibt.

Ein Kritiker im Atelier: Arno Rink, „Portrait Henry Schumann“, 1968
Ein Kritiker im Atelier: Arno Rink, Portrait Henry Schumann, 1968

Henry Schumann war auch der Autor eines Interviewbands, in dem Ende 1976 zwanzig vielversprechende Künstler der DDR vorgestellt wurden. Der Band, dessen Seiten im Parterre des „Minsk“ aus­liegen, versammelt heute wenig bekannte Namen wie Hartmut Bonk und Fritz Eisel, aber auch Größen wie Bernhard Heisig und Werner Tübke. Von Tübke, der auf die Frage nach seiner Ablehnung der modernen Kunst antwortet: „Moderne? Ich kenne keine Moderne“, zeigt die Ausstellung neben einer „Kreuzabnahme“ die „Drei Frauen aus Cefalù“ und „Der Narr und das Mädchen“, allesamt Vorstudien zu seinem Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen.

Den Auftrag hatte er im Vorjahr erhalten; 1976 machte er sich an die Ar­beit, im Folgejahr fuhr er mit Mattheuer, Heisig und Willi Sitte nach Kassel. Wenn man Tübkes Bilder nach einigen Jahren Pause neben Werken jüngerer Künstler wie Cornelia Schleime oder Johannes Heisig (des Sohnes von Bernhard) wiedersieht, wird das Hermetische, gegen Erfahrung Abgedichtete seiner Virtuosenkunst deutlich, der im Reagenzglas des Ateliers gezüchteten Synthesen aus Goya und Altdorfer, Bosch und van Eyck.

Ein sozialistischer Himmelsreiter: Wolfgang Mattheuer, „Das graue Fenster“, 1969
Ein sozialistischer Himmelsreiter: Wolfgang Mattheuer, Das graue Fenster, 1969

Bei Schleime („Styx I und II“) spürt man dagegen die Bitterkeit des Heimatverlusts, während in Heisigs Dresdner Interieurs der Einfluss von Beckmann und Francis Bacon sichtbar ist – und die Auseinandersetzung mit dem ätzenden Expressionismus von Heisig père. Dieser selbst ist mit einem Agitpropbild von 1972 vertreten („Angela Davis und ihr Richter“), dessen antiamerikanisches Pathos so schrill wirkt, dass es schon wieder Ausdrucksqualitäten besitzt; nur hat es noch nicht den richtigen Dialogpartner gefunden. Man müsste es neben eine Warhol-Dose hängen, dann käme seine Hysterie zu ihrem Recht.

Die DDR ist Geschichte. Aber die Geschichten, die ihre Malerei erzählt, sind vielleicht doch die wichtigere Hälfte der deutschen Nachkriegskunst: weil sie die Spuren eines Kampfes tragen, der mehr war als ein Ringen ums Ich. Gewiss, es gibt auch die Heroen des Westens, das Trio Richter, Penck, Baselitz; aber auch sie stammen, kein Zufall, ursprünglich aus dem Osten. Als Mattheuer, Tübke, Heisig und Sitte zur Documenta eingeladen wurden, zogen alle drei ihre Teilnahme zurück. Das wäre ein schöner Dialog geworden. Er fand nicht statt.

Im Dialog – Kunst aus der DDR. Im Kunsthaus Minsk, Potsdam: bis 10 August. 
 
 
Mattheuer, Freundlicher Besuch im Braunkohlerevier, 1974 

 

Bloß nicht scheitern.

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Jahrelang habe ich ihn als untoten Wiedergänger verspottet. Dass er politisch was leisten kann, hat er noch nicht bewiesen - und nichtmal wirklich versucht. Aber auf seine Fortüne kommt es nun nicht an. Ob er besteht, ist zuerst nicht sein Problem, sondern unsres.

Die ersten Tage seiner neuen Rolle hat er bemeistert, ohne zu zagen. Das war nicht sicher. Man muss ihm, egal ob man ihn mag, das Beste wünschen. Dieses ist Welt-politik und kein ESC.

 

 

Folgt die natürliche Auslese einem natürlichen Zweck?

Fluoreszierende Bakterien
aus scinexx.de, 27. 2. 2025           Fluoreszierende Bakterien der Art Pseudomonas fluorescens können durch über Genera-tionen hinweg wirkende Selektion die Fähigkeit zur schnelleren Evolution entwickeln.                    zu Jochen Ebmeiers Realien

Ist Evolution doch nicht „blind“?
Selektion fördert die Fähigkeit zu zukünftigen Anpassungen
 
Kein Zufall: Die Evolution könnte weniger zufällig und „blind“ ablaufen als lange gedacht. Denn ein Experiment enthüllt, dass die natürliche Selektion nicht nur die jeweils bestangepassten Organismen begünstigt – sie fördert auch die Fähigkeit zu schnelleren zukünftigen Anpassungen durch „Hypermutati-on“. Dies widerspricht der traditionellen Vorstellung einer zufälligen Entwick-lung und deutet auf eine in gewisser Weise „gezielte“ Evolution hin, wie die Forschenden in „Science“ berichten.

Schon Charles Darwin erkannte die Selektion als treibende Kraft der Evolution. Demnach begünstigt die natürliche Auslese die Organismen, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind. Sie produzieren mehr Nachkommen und geben damit ihre vorteilhaften Anpassungen an die nächste Generation weiter. Vorteile bringt dabei nur die Anpassung, die unter den gegenwärtigen Bedingungen einen Überlebens-vorteil darstellt. Die Evolution kann künftige Entwicklungen nicht vorhersehen – sie ist „blind“ für zukünftige Veränderungen. So jedenfalls die klassische Annahme.

Experiment
Ablauf des Experiments: Bakterielle Abstammungslinien (verbundene Knotenpunkte) müssen sich wiederholt an zwei abwechselnde Bedingungen anpassen. Viele Linien schaffen dies nicht und sterben aus. Die letzten überlebenden Stämme entwickeln aber besonders schnell mutierende Sequenzen in einem Schlüsselgen, die die Anpassung beschleunigen. 

Bakterien im Selektionstest

Doch jetzt stellt ein Experiment dies in Frage. Denn es belegt, dass die Evolution womöglich weniger zufällig agiert, als es die klassische Sichtweise vorsieht. Konkret haben Michael Barnett und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für Evoluti-onsbiologie in Leipzig untersucht, ob sich die Selektion auch auf die Evolvierbarkeit auswirken kann. Damit überprüften sie eines der meistdiskutierten Konzepte in der Biologie: die Frage, ob die Evolution auch gezielt Mechanismen fördern kann, die zukünftige vorteilhafte Veränderungen begünstigen.

Für ihr drei Jahre laufendes Experiment nutzte das Team verschiedene Linien des Bakteriums Pseudomonas fluorescens, das in der Natur im Boden, auf Pflanzen und im Wasser, aber auch auf verdorbenen Lebensmitteln vorkommt. Die Mikroben produzieren eine Substanz, die unter UV-Licht leuchtet. Im Test setzten die Forschenden die Bakterienpopulationen abwechselnd zwei verschiedenen Umweltbedingungen aus. Linien, die sich nicht anpassen konnten, wurden aussortiert und durch erfolgreiche Linien ersetzt.

Selektion auf zwei Ebenen

Der Clou dabei: Durch diesen Ablauf wirkt die Selektion auf zwei Ebenen. „Bei den Individuen begünstigt sie diejenigen mit gerade passenden Phänotypen“, erklären Barnett und sein Team. „Bei den Stammeslinien haben diejenigen Vorteile, deren Merkmale die Entstehung adaptiver Phänotypen begünstigen.“ Wenn die Selektion auch auf dieser Ebene wirkt, müssten die Bakterien im Laufe des Experiments demnach eine verbesserte Fähigkeit schneller Anpassung und Mutation entwickeln.

Und tatsächlich: Im Laufe der Generationen bildete sich eine Bakterienlinie heraus, die sich besonders schnell an die wechselnden Bedingungen anpassen konnte. Ihre Zellen entwickelten schneller die Mutationen, die sie für die jeweilige Umwelt brauchten. „Obwohl die Selektion im kleinen Maßstab schnell wachsende Zellen begünstigt, waren die erfolgreichsten Bakterienlinien diejenigen, die die zu den zukünftigen Bedingungen passenden phänotypischen Varianten erzeugen konnten“, berichten Barnett und seine Kollegen.

Hypermutation als Anpassungs-Turbo

Die Ursache für diese „Anpassung ans schnelle Anpassen“ zeigte sich im Genom dieser Bakterienlinie: Im Laufe der Generationen hatten ihre Zellen einen hypermutierbaren DNA-Abschnitt entwickelt. Dieser Genort besitzt eine bis zu 10.000-mal höhere Mutationsrate als normal und kann daher sehr schnell die Funktion eines zentralen Regulatorgens verändern. Dieses wiederum wirkt auf weitere Gene, die die für die Anpassung wichtigen Merkmale steuern, wie die Forschenden erklären.

Für die Bakterien bedeutet dies: In den Populationen mit diesem hypermutierbaren Locus steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einige Zellen die Mutationen tragen, die beim Wechsel der Bedingungen günstig sind. Dadurch überlebt die Population als Ganzes, obwohl sie sich bei jedem Wechsel aufs Neue umstellen muss. Der hypermutierbare Locus ist darauf optimiert, diese Merkmalsveränderung schnell und umkehrbar auszulösen.

Evolution kann eine „Voraussicht“ entwickeln

Die Selektion hat demnach dafür gesorgt, dass diese Bakterienlinie auf zukünftige Veränderungen vorbereitet ist. „Indem wir die Evolution eines hypermutablen Locus nachweisen, zeigen wir, dass es bei der Anpassung nicht nur um das Überleben in der Gegenwart geht, sondern auch um die Verfeinerung der Fähigkeit, sich in der Zukunft anzupassen“, sagt Barnett. Damit stellt das Experiment die klassische Annahme in Frage, nach der die Evolution ohne Voraussicht abläuft.

„Unsere Ergebnisse bieten einen faszinierenden Einblick in die Art und Weise, wie die Evolution eine Art ‚Voraussicht‘ erlangen kann“, ergänzt Barnetts Kollege Paul Rainey. Die natürliche Auslese kann demnach die genetische Architektur so verändern, dass Organismen ihre Anpassung beschleunigen können. Diese Fähigkeit zur schnelleren Evolution könnte beispielsweise erklären, warum sich viele Krankheitserreger so schnell an Medikamente oder neue Wirte anpassen können. (Science, 2025; doi: 10.1126/science.adr2756)

Quelle: Science, Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie; 27. Februar 2025 - von Nadja Podbregar

 

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Ukraine kann NATO vergessen...

           zu öffentliche Angelegenheiten

 ...weil Trump sie schon beizeiten auflösen wird.

 

 

Was heißt kritisch?

aus tagesschau.de                                                 aus Philosophierungen

Ein kritischer Denker ist nicht schon einer, der in jeder Suppe ein Haar zu finden weiß. Kritisch sein heißt: nur das gelten lassen, was auf seine Gründe hin geprüft wurde. 

Kein im wirklichen Wissenschaftsgeschäft Tätiger kann sich leisten, alle Gründe selber zu prüfen, von denen er ausgeht. Jeder Realwissenschaftler setzt tausend Gründe voraus, von denen er annimmt, dass viele Kollegen vor ihm sie schon erfolgreich überprüft haben werden. Anders könnte es gar keine Wissenschaft geben.

Nur für eine Wissenschaft gilt das nicht, für die Mutter aller andern: In der Philo-sophie muss sich ein jeder zumuten lassen, wirklich alles selber zu prüfen, von vorne an; unter allen Voraussetzungen auch noch die allererste - die, die allen an-dern zugrunde liegt - selber 'kritisiert' zu haben. Und die heißt: Ich urteile. Das kann man so schreiben: Ich urteile, oder auch: Ich urteile – es bedeutet jedesmal dasselbe: Wenn ich nicht urteilte, gäbe es mich nicht, und: Wenn ich nicht wäre, gäbe es kein Urteil. 

Es reicht auch nicht, den Satz zu lesen und beifällig zu nicken. Man muss ihn schon selber gedacht haben; sonst wird es nichts mit dem Philosophieren.

17. 1. 14 
 
 

Mittwoch, 26. Februar 2025

Wird Elon Musk aus der Royal Society ausgeschlossen?

SpaceX
aus Die Presse, Wien, 18. 2. 2025                                                                zu öffentliche Angelegenheiten

Royal Society diskutiert geforderten Ausschluss von Elon Musk
Die britische Royal Society ist die weltweit älteste Wissenschaftsakademie. Kaum jemals wurde ein Mitglied wieder ausgeschlossen. Doch der interne Druck wird stärker.

Die Royal Society in London hat für 3. März eine Sitzung einberufen, die schon im Vorfeld für einige Aufregung sorgt. Man will über das Verhalten einiger Mitglieder diskutieren, besonders wohl über das von Elon Musk. Grund dafür ist eine Kampagne für den Ausschluss des Tech-Milliardärs aus der Gelehrtengesellschaft: Mehr als 1300 Wissenschaftler unterzeichneten einen offenen Brief, der diesen fordert.

In dem Brief bringen die Forscher ihre „tiefe Besorgnis“ über das Verhalten von Elon Musk zum Ausdruck, der mit seinen Sparmaßnahmen die wichtigsten Forschungsprogramme der USA bedroht und damit Wissenschaftlern in den Vereinigten Staaten sowie auf der ganzen Welt Probleme bereitet. Ihm wird außerdem vorgeworfen, dass er Fehlinformationen auf seiner Social-Media-Plattform X verbreitet.

Die Royal Society hat rund 1800 Mitglieder, sie ist die weltweit älteste Wissenschaftsakademie. Kaum jemals wurde ein Mitglied wieder ausgeschlossen. Zuletzt, heißt es, geschah das vor mehr als 150 Jahren. Musk ist seit 2018 Mitglied. Er wurde wegen seiner Arbeit und seines Einflusses in der Raumfahrt- und Elektrofahrzeugbranche zum Fellow gewählt. Beschwerden über Musk gibt es nun schon seit Monaten. Weil die Wissenschaftsakademie bisher nicht reagierte, traten kürzlich zwei Mitglieder der Royal Society zurück.

Jeder weiß, was Musk sagt und tut

Geschrieben wurde der Brief, den so viele Wissenschaftler unterzeichneten, von Stephen Curry, einem emeritierten Professor für Strukturbiologie am Imperial College London. Musks Äußerungen seien alle öffentlich. „Jeder kann sehen, was Musk gesagt hat und was er als Chef von Doge tut, und die Royal Society, die behauptet, eine starke Stimme für die Wissenschaft innerhalb Großbritanniens zu haben, aber tatsächlich, sogar auf der internationalen Bühne, hat absolut nichts gesagt.“

In dem Brief heißt es, dass die Situation durch Musks neue Position innerhalb der Trump-Administration noch ernster geworden sei, die, wie Curry schreibt, „in den letzten Wochen einen Angriff auf die wissenschaftliche Forschung in den USA unternommen hat, der von Bundesgerichten vereitelt wurde“. Wobei er darauf hinweist, dass auch Bedenken hinsichtlich Zensur, insbesondere im Bereich der Klimawissenschaft, geäußert wurden. (red.)

 

Dass die SPD unsere älteste Partei...

                                   zu öffentliche Angelegenheiten

...ist, merkt man. 

 

 

Wenn Trumsk so weitermacht, zieht's die Weltspitze der Wissenschaft...

                                      zu öffentliche Angelegenheiten

... bald zurück nach Europa, wo sie hergekommen ist.

 

 

Ohne freien Willen keine Vernunft.

 Tyrannenmörder                                                               zu Philosophierungen

Ich schätze Stefan Schleims Beiträge so, dass ich einige von ihnen in mein Blog übernommen habe. Ich habe daher gewisse Erwartungen an ihn. In diesem Fall wird er ihnen nicht gerecht, und ich muss mich wundern.

Mir kam daher der Verdacht, er habe sich's absichtsvoll leicht gemacht. Frau Soh-mens Beitrag ist so unbedarft, dass er ihn nicht im Ernst zum Ausgang einer phi-losophischen Erörterung nehmen konnte. Das hat er auch nicht getan, denn phi-losophisch sind seine Einlassungen nur zum Schein. 

Die Frage nach dem freien Willen ist so, wie er sie darstellt, eine Frage der prak-tischen Lebensklugheit

Der normale Sterbliche fragt sich im wirklichen Leben nicht, ob seine Entscheidung frei, sondern ob sie richtig war. Für die Richtigkeit hat er einen doppelten Standard: erstens seinen eigenen Vorteil, zweitens sein sittliches Urteil. Zwischen denen muss er abwägen, nicht zwischen frei oder fremdbestimmt. Frei würde er sich fühlen, wenn er ungeniert seinem Vorteil den Vorzug gäbe; durch sein sittliches Urteil fühl-te er sich eher eingeengt. Bizarrerweise fühlt er sich aber auch leichter, wenn er letz-terem gehorcht. Und wäre leichter nicht auch freier?

Ebensowenig ist die philosophische Frage der Willensfreiheit ein praktisches Pro-blem für den Strafjuristen, da hat er Recht. Der muss in einem konkreten Fall ein Urteil fällen und nicht im Seminar einen Vortrag halten. Statt abstrakt um den frei-en Willen, geht es da um die Frage persönlicher Zurechenbarkeit. Im Seminar hat er sein Fach allerdings studiert, und in Sachen Rechtsdogmatik geht es allerdings um die Willensfreiheit als doktrinalen Grundsatz, denn ohne sie wäre die Frage der Zu-rechenbarkeit ja gar nicht zu formulieren.

Und an dieser Stelle schwillt mir langsam der Hals. Philosophische Fragen seien nicht praktisch? An sich selbst sind sie das nicht. Aber praktische Fragen sind viel-leicht durch Umstände bedingt, die ihrerseits nicht nur, aber auch philosophisch zu beurteilen sind. 

Was für ein Rechtssystem wir uns geben, ist natürlich ein praktische Frage. Und praktisch sei alles, was... durch Freiheit möglich ist, sagt Kant (der in oben erwähn-ten Seminaren nicht zu knapp vorkommen dürfte). Wir haben uns unser Rechtssys-tem - unsere politische Verfassung - aus Freiheit gegeben, weil sie nur so vernünftig sein kann; doch vernünftig kann ein Rechtssubjekt nur handeln, wenn es in seiner Willensentscheidung frei ist. Wie kann Stephan Schleim über Freiheit schreiben, ohne dass das Wort Vernunft ein einziges Mal vorkommt? 

Als liberum arbitrium war die Willensfreiheit jahrhundertelang ein theologisches Thema - kein rechtliches, kein philosophisches. Nicht um Strafe ging es, sondern ob man der Vergebung würdig sei. Da geht es um Schuld wohl auch, doch nur unter manchem andern. Besondere Virtuosen auf dem Gebiet waren die Jesuiten, ihr Lieblingsfach was Kasuistik: nicht das abstrakt-Allgemeine, sondern die tausend denkbaren Einzelfälle.

Freiheit, Vernunft und Gleichberechtigung gehören zusammen. Philosophisch mag man streiten darüber, wie. Doch ein freiheitlicher Rechtsstaat ist nur möglich, wo sie als ein und einziger Grund-Satz verfassungsmäßige Geltung haben. Nur wer frei ist, dem kann Vernunft angemutet werden, und nur von dem, der vernünftig ist, kann man Rechenschaft verlangen; und wenn alle vernünftig und alle rechenschafts-pflichtig sein sollen, müssen sie alle frei sein - und in dieser und jeder andern Hin-sicht gleich berechtigt.

Das gedankliche Fundament der westlichen Zivilisation ist das Subjekt. Es muss als frei gedacht werden, weil es sonst nicht vernünftig sein könnte; und als vernünftig, weil es anders nicht als frei gedacht werden kann. Ob es faktisch so ist, kann im Einzelfall geprüft werden. Doch dass es so sein soll, ist der Maßstab, an dem die Einzelälle zu prüfen sind.

Das ist nicht theoretisch, sondern ist in öffentlicher Hinsicht das Praktischste, was es gibt.

Vernunft setzt mich auch insofern frei, als ich meine Meinungen und also auch die kogniti-ven Ergebnisse meiner Sozialisation reflektieren kann. Das ist auch für den Staatsanwalt ein praktischer Gesichtspunkt.

Kommentar zu Ohne freien Willen gibt es keine Vernunft. JE, 29. 5. 21

Dienstag, 25. Februar 2025

Es wird ernst.

                          
aus welt.de, 25. 2. 2025                                                                           
zu öffentliche Angelegenheiten

Nukleare Abschreckung
„Das wäre eine starke Botschaft“ – Mit Merz kehrt das Thema europäische Atombombe zurück
Britischen Medien zufolge habe Präsident Macron angeboten, zum Schutz Europas französische nukleare Kampfjets in Deutschland zu stationieren. Das „freundschaftliche Entgegenkommen“ sei eine gute Nachricht. Bei der praktischen Umsetzung hat der CDU-Politiker Jürgen Hardt jedoch Bedenken.

Von Martina Meister, Mandoline Rutkowski

Die Debatte um eine gemeinsame nukleare Abschreckung der Europäer nimmt an Fahrt auf. Das liegt auch an Aussagen des künftigen Bundeskanzlers. Aber die Atommächte Frankreich und Großbritannien positionieren sich in dieser Frage bereits unterschiedlich.

Die eigentliche Zeitenwende beginnt jetzt. Der voraussichtlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat kurz nach seinem Wahlsieg ein klares Bekenntnis zu Europa abgeliefert und deutlich gemacht, dass Deutschland nun Schritt für Schritt die Unabhängigkeit von den USA erreichen müsse.

Der Trump-Regierung sei das Schicksal Europas „weitgehend gleichgültig“, kritisierte Merz noch am Wahlabend. Für ihn habe es nun absolute Priorität, „Europa Schritt für Schritt so zu stärken, damit wir Unabhängigkeit erreichen von den USA“.

Auch wenn er tags darauf seine Aussage abgeschwächt hat, scheint der Christdemokrat die ständigen Warnungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump ernster zu nehmen als Noch-Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD). Trump hatte mehrfach klargemacht, dass sich die USA für Europas Sicherheit nicht mehr zuständig fühlten. Damit ist die Debatte um eine gemeinsame nukleare Abschreckung der Europäer wieder auf dem Tisch.

In Frankreich reibt man sich angesichts der deutschen Wende die Augen – aber mit Enthusiasmus. Von einer „regelrechten Revolution“ spricht die Publizistin Marion von Renterghem. Die Worte, die Merz benutzt habe, seien vorher „unvorstellbar“ gewesen.

Was Merz im Hinblick auf Unabhängigkeit gesagt hat, hätte genauso Macron formulieren können, bemerkt auch der Politikwissenschaftler Joseph de Weck. Die Attacke von J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz habe die Deutschen „in ihrem Stolz“ getroffen und wie ein Weckruf funktioniert, ergänzt der Experte der Pariser Denkfabrik Institut Montaigne. „Vielleicht ist Friedrich Merz der gaullistischste Kanzler, den Deutschland je hatte“, so de Weck.

Merz als deutscher Wiedergänger Charles de Gaulles? Frankreichs Nachkriegspräsident steht bekanntlich für das Souveränitätsstreben der Nachbarn, die ihm ihre „Force de frappe“ zu verdanken haben, wie die Atomstreitmacht in Frankreich genannt wird. Seit dem Brexit ist Frankreich die einzige Atommacht der Europäischen Union.

Aber Paris ist im Gegensatz zu den Briten nicht Teil der Nuklearen Planungsgruppe der Nato. Nach der Rückkehr in die integrierte Kommandostruktur 2009 wollte Frankreich nicht in dieses Gremium zurückkehren, um die Kontrolle über die eigenen Atomstreitkräfte vollständig zu behalten.

„Niemand will die Entscheidung teilen“

Gemeinsam könnte beiden Atommächten in Zukunft eine wichtigere Rolle für die Sicherheit Europas zukommen. Unklar ist, welche Form eine europäische Abschreckung annehmen könnte. Darüber müsste gesprochen werden, sicher nicht auf EU-Ebene, auch nicht innerhalb der Nato, sondern in einer Art „ad hoc Format“, wie es die Sicherheitsexpertin Emmanuelle Maitre von der Fondation pour la recherche Stratégique fordert.

Eine gemeinsame Entscheidungsstruktur schließen alle französischen Experten aus. „Niemand will die Entscheidung teilen. Bestenfalls kann man sich unter bestimmten Umständen ein Mitspracherecht vorstellen“, wie es Sicherheitsexperte Bruno Tertrais in einem Gespräch mit WELT formuliert hat.

Einzeln können weder Franzosen noch Briten mit dem russischen Arsenal mithalten. Die Franzosen verfügen über rund 300 Atomsprengköpfe, von denen die meisten für ballistische Raketen vorgesehen sind, die von U-Booten eingesetzt werden. Rafale-Kampfflugzeuge können wiederum mit atomaren Marschflugkörpern bestückt werden.

Die Briten schneiden im Vergleich nicht besser ab. Das Nuklearprogramm „Trident“ umfasst vier U-Boote der Vanguard-Klasse, die mit ballistischen Raketen des Typs Trident II D-5 ausgerüstet sind. Experten gehen von 250 Nuklearsprengköpfen aus. Der deutsche Sicherheitsexperte Maximilian Terhalle plädiert deshalb schon länger dafür, den Amerikanern mindestens 1000 Nuklearsprengköpfe abzukaufen und quer über Europa zu verteilen.

Premierminister Keir Starmer positioniert sich – im Gegensatz zum linken Flügel seiner Labourpartei – als entschiedener Befürworter des britischen Nukleararsenals. Auf die Frage, ob Großbritannien im Falle eines amerikanischen Rückzugs den nuklearen Schutz Europas übernehmen würde, bleibt er bislang eine klare Antwort schuldig.

Doch seiner Forderung, Europa müsse mehr für seine eigene Verteidigung tun, lässt er Taten folgen, die für sich sprechen. So schloss die britische Regierung kürzlich einen 9-Milliarden-Pfund-Vertrag mit dem Unternehmen Rolls-Royce über die Entwicklung, Produktion und Wartung von Atomreaktoren für die U-Boot-Flotte der Royal Navy.

Außerdem sollen die ballistischen Raketen der Vanguard-Klasse ab 2030 durch leistungsfähigere U-Boote der Dreadnought-Klasse von BAE Systems ersetzt werden. Darüber hinaus hat das Verteidigungsministerium den „Nuclear Deterrence Fund“ mit einem Volumen von 3,3 Millionen Pfund eingerichtet. Der Fonds soll die Forschung und Expertise auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung stärken.

Desinteresse in Deutschland

Im Gegensatz zu seinem britischen Amtskollegen ist es der französische Präsident Emmanuel Macron, der in den vergangenen Jahren mehrfach klargemacht hat, dass sich die Europäer besser auf ihren französischen Nachbarn verlassen sollten als auf den alten amerikanischen Freund. „Um es deutlich zu sagen: Die vitalen Interessen Frankreichs haben fortan eine europäische Dimension“, so Macron bei seiner Grundsatzrede zur nuklearen Abschreckung im Frühjahr 2020. Er machte bei dieser Gelegenheit das Angebot eines „strategischen Dialogs“, der mit gemeinsamen Übungen beginnen könne.

Der Franzose wiederholte seinen Vorschlag auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor zwei Jahren, wobei Bundeskanzler Olaf Scholz den Raum bereits demonstrativ verlassen hatte. Erneut kam Macron im Januar 2024 in Stockholm darauf zurück und bei seiner zweiten Sorbonne-Rede wenige Wochen später. Doch Berlin gab sich desinteressiert.

Es war nicht das erste Mal, dass Paris auf die Deutschen zuging. Schon 2007 hatte der damalige Präsident Nicolas Sarkozy seiner Amtskollegin Angela Merkel (CDU) ein Angebot gemacht. Deshalb ist Macrons Vorschlag kein Bruch mit der französischen Nukleardoktrin, eher ihre Bestätigung. Das Schutzversprechen von Paris und London gilt seit der Erklärung von Ottawa. Experten sind sich allerdings einig, dass es an der Zeit ist, es zu stärken.

Dass Bewegung in die Debatte gekommen ist, deuten auch Recherchen der britischen Zeitung „Telegraph“ an. Demnach ist Frankreich bereit, seine nukleare Abschreckung einzusetzen, um Europa zu schützen. Kampfflugzeuge mit Atomwaffen könnten dafür in Deutschland stationiert werden. Die Zeitung beruft sich auf einen französischen Beamten, der erklärt habe, dass die Entsendung von Kampfflugzeugen eine Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin senden würde. „Es sollte nicht schwierig sein, ein paar französische Nuklear-Kampfjets in Deutschland zu stationieren, und dies wäre eine starke Botschaft“, wird die anonyme Quelle zitiert. Der Élysée-Palast bestätigte den Bericht bisher nicht.

Dem Überfall der Ukraine kommt in der Diskussion über eine Neuordnung der Abschreckung die Rolle eines klaren „strategischen Bruches“ zu, wie es der Sicherheitsexperte Camille Grand formuliert, weil sich eine der zwei großen Atommächte wie ein „Schurkenstaat“ verhalten habe. Auch wenn sich die Grundlagen der nuklearen Abschreckung nicht grundsätzlich verändert hätten, so der ehemalige beigeordnete Nato-Generalsekretär für Investitionen und Verteidigung, der heute als Berater des European Council on Foreign Relations tätig ist.

Zugleich sind in der Welt, in die wir eingetreten sind, Abrüstungsverträge und Transparenzmaßnahmen hinfällig. Großmächte modernisieren und rüsten ihre Arsenale vermehrt auf. Und auf die USA, die ihren Verbündeten bisher Sicherheit garantierten, kann sich Europa nicht mehr verlassen. 

 

Nota. - Der Wieheißterdochgleich ist sprunghaft, das wussten wir, aber haben uns nicht drauf eingestellt. Dass er noch sprunghafter ist, als wir dachten, zwingt uns, selber etwas schneller zu reagieren. Aber unbedacht alles auf den Kopf stellen - da-zu sollten wir uns nicht verleiten lassen. Sicher, viel von Dingsbums' Drohungen sind Versuchsballons, aber er ist daheim zur Zeit ohne checks and balances. Das sind europäische Politiker gottlob nicht, die müssen sich immer noch gut überlegen, was sie sagen. Aber vor allem dürfen sie in diesen Tagen keinen Zweifel daran las-sen, dass sie tun werden, was sie in Aussicht stellen. Und sei's nur mit Blick auf den Dingsbums.

JE 

 

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