Sonntag, 7. Dezember 2025

Wo erzeugt unser Gehirn Sprache?

Sprechen                        zu Jochen Ebmeiers Realien
aus scinexx.de, 28. 11. 2025                                 Gesprochene Sprache besteht aus akustischen Lauten. Aber wie erkennt unser Gehirn darin einzelne Worte und Sätze?

Wo erzeugt unser Gehirn Sprache?
Von Netzwerken und neuronaler Arbeitsteilung

Für das Gehirn ist ein gehörter Satz zunächst einmal ein Strom aus Impulsen des Hörnervs, die durch ScFür hallwellen hervorgerufen werden. Diesen Strom zerlegt das Gehirn in Einheiten, um sie weiter zu analysieren. Diese Einheiten sind insbesondere Silben, weil sie rhythmisch und akustisch auffällig sind. Wo ein Wort anfängt und aufhört, ist akustisch dagegen nicht eindeutig. Satzstrukturen wie die Syntax stellt das Gehirn erst auf Basis seiner jahrelangen Erfahrung mit Sprache her.

Wie Syntax entsteht

Wie dies geschieht, kann man an den Hirnstromableitungen sehen, berichtet der Neurologe Christian Kell: „Wir konnten an den Signalen die syntaktische Struktur von Sätzen auslesen, und dies nicht nur, während der Satz gehört oder nachgesprochen wurde, sondern auch zu den Zeiten, als Patienten den Satz im Kurzzeitgedächtnis hielten.“ Das Gehirn speichert den gehörten Satz als zeitliches Muster, also in Form rhythmischer elektrischer Aktivitäten, sogenannten neuronalen Oszillationen. Aus dem Gedächtnis heraus kann der Satz dann wiedergegeben werden.

Dabei ist es nicht nur ein Ort im Gehirn, an dem die Syntax generiert und gespeichert wird, sondern die Information über die Syntax ist über mehrere Hirnregionen verteilt. Sie steckt in einem Netzwerk. Daher lassen sich einzelne Hirnregionen herausoperieren, ohne dass der Patient anschließend Probleme hat, Sätze zu bilden (und nachzusprechen) – sofern bestimmte kritische Knotenpunkte des Netzwerks erhalten bleiben.

Hirnhälften
Die beiden Hirnhälften sehen zwar oberflächlich betrachtet fast gleich aus. Aber viele Funktionen – auch die Sprache – finden primär in einer Hirnhälfte statt.
Arbeitsteilung zwischen zwei Hirnhälften

Die Sprachverarbeitung findet normalerweise in der linken Hirnhälfte statt, die bei den meisten Menschen die sprachdominante Hirnhälfte ist. Daher verlieren Menschen mit einem linksseitigen Schlaganfall die Sprache, weil die rechte Gehirnhälfte nicht einfach übernehmen kann. Aber warum ist das so? Was ist links anders als rechts?

Diese Frage fasziniert Kell seit Beginn seines Studiums, sagt er. Wie er heute weiß, hängt diese Arbeitsteilung unter anderem damit zusammen, dass die linke Hirnhälfte schnelle, kurze Signale besser analysieren kann als die rechte. „Das ist natürlich wichtig für Sprache, weil sie ein zeitlich sehr schnell variierendes Signal ist. Bei den allermeisten Menschen ist es auch so, dass die rechte Hand, die von der linken Hirnhälfte kontrolliert wird, schnelle, dynamische Bewegungen besser ausführen kann als die linke Hand.“

Wirklich? Und was ist mit einer rechtshändigen Konzertgeigerin? Die reibt doch mit der rechten Hand nur so ein bisschen hin und her, während es die linke ist, die akrobatisch über die Saiten eilt! „Das war zunächst auch meine Intuition“, lächelt Kell, „ist aber möglicherweise nicht die ganze Wahrheit. Ein befreundeter Geiger hat mir erklärt, dass die feine Intonation, die Dynamik, das, wo der musikalische Ausdruck entsteht, über den Bogengang gemacht wird. Typischerweise führt die rechte Hand die linke.“ Die Finger der linken Hand geben hingegen nur den Kontext für die Feinarbeit der rechten Hand vor.

 

Nota. - Der Satz verbindet Worte zu einem bedeutungsvollen Komplex. Die Worte erhalten durch ihre Stellung zu einander eine neue Bedeutung, eine, die sie für sich allein nicht hatten. Es ist das Verhältnis, das ausmacht, wie die einzelnen Wörter durch ihre Stellung im bedeutungsvollen Ganzen gemeint wurden. 

Die oben angesprochenen Netzwerke betreffen aber nur das Sprechen selbst - und sekundär das Denken, indem es ja in Wörtern verfasst ist. Das allein schon ist eine Rückkoppelung, die nicht linear-kausal dargestellt werden kann.

Doch der Ausgangspunkt ist das Gemeinte, die Art seiner Wiedergabe ist eine Fol-ge. Das Gemeinte liegt der ganzen Umsetzung in Wörter und ihre syntaktische Stellung zu einander, und daher auch den Handlungen der Sprechorgane und Ge-sichtsmuskeln voraus. Es kann selber nur, wenn ich nicht irre, als Erzeugnis des Gesamtsystems Gehirn aufgefasst werden, denn lokalisieren kann man erst das Er-zeugnis, nicht aber die Erzeugung; denn von der weiß man nur, wo sie ankommt, aber nicht, woher - und kann sie nicht zurückverfolgen.

Bis hierher ist auch das nur eine linear-kausale Darstellung. Nicht darin kommt vor, dass in der Sprache  - Deutsch, Englisch, Französisch - eine ganze in Sprachzeichen verschlüsselte Welt vorgegeben ist - aber in actu jedesmal wieder neu entschlüsselt werden muss: ὕστερον πρότερονdenn aus dem Entschlüsselten liest der Meinende die passenden Wörter aus - sei's zuerst auch nur, um sein Meinen für sich zu be-stimmen.

Und der Meinende bleibt im ganzen Verfahren als das einzig Irreduzible zurück. 
JE 

 

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