Mittwoch, 14. August 2024

Extempore zur Zeit.

                                                         aus Philosophierungen

In der Zeit lebt der Mensch, weil er Geschichte hat. 

Ist es nicht eher umgekehrt? Hat er nicht eine Geschichte, weil er in der Zeit lebt?

Die Menschen haben eine Geschichte als Gattung, und wenn nicht 'für sich', so doch für einen äußeren Betrachter. Die Menschen haben als Individuen aber erst recht eine Geschichte, und immer 'für sich'; denn es ist der Grund, warum sie Ich sagen* können. 

Ein Vorher und Nachher hat doch auch das Tier, vielleicht weiß es davon? 

Was immer es - in verschiedenen Graden der Gewärtigkeit - 'erlebt', ist ihm doch immer nur von außen 'zugekommen'. Und es hat darauf so reagiert, wie es seinem Verhaltensrepertoire genetisch vorgeschrieben war. Insofern ist ihm alle Bedeutung nur ad hoc und es kann sich nicht daran 'erinnern'. 

Die Menschen haben eine persönliche Geschichte, weil sie schlechterdings Han-delnde sind. Was immer ihnen 'zukommt', sie müssen sich - wie das Tier - 'verhal-ten', aber das Tier weiß nichts davon, weil es keine Wahl hat: Die Gene haben alles vorentschieden. Ein Mensch kann sich aber so oder so verhalten; und wie er ge-wählt hat, schlägt sich in der Regel im Ergebnis nieder. Wenn das Ergebnis seiner Wahl bleibt, nämlich als sachliche Voraussetzung aller künftigen Wahlen, dann bleibt auch die Wahl - und ihr Warum, nämlich die Bedeutung, die so erst für ihn bedeutend wird. Das Leben wird zu einer Abfolge von ('bedeutenden') Akten, die dauern und das Leben in Vorher und Nachher sequenzieren. Weil der einzelne Mensch also seine Geschichte hat, erlebt er eine Zeit. 

PS. Auch das Tier altert. Aber das weiß es nicht, es fühlt nur die zunehmende Schwächung. Vielleicht erinnert es sich daran, dass es einmal stärker und schneller war. Aber daraus wird keine Anschauung der Zeit, sondern höchstens ein Gefühl von nicht mehr.
14. 10. 13


Da war ich wohl mit dem Spekulieren ein bisschen voreilig. Heute kommt folgende Nachricht:

Dass das alles auf den Kopf stellt, glaube ich aber nicht. Sie erinnern sich daran, 'was wo war'. Aber wann das war? Vielleicht doch nicht. - Um sich an eine verlau-fene Zeit erinnern zu können, muss man sich vorstellen können, 'was inzwischen geschehen ist'. Dazu wird ein fortdauerndes X als Maß wohl erforderlich sein...
24. 10. 13


Der Schlaumeier entgegnet: Das Langzeitgedächtnis ist eben jenes ominöse "X"! Mehr ist da nicht dran...

Allerdings wird es nicht ausreichen, dass der Schimpanse sich erinnert, was gesche-hen ist. Da wäre die Reihenfolge nämlich gleichgültig. Nicht gleichgültig ist "zuerst... danach... schließlich" in der Abfolge, was ich getan habe. Da reicht nämlich nicht das episodische analoge Gedächtnis, sondern wird ein semantisches digitales Gedächt-nis notwendig. Nicht, was vorgekommen ist, wird in Folgerichtigkeit gespeichert, sondern was ich dabei beabsichtigt habe: die Bedeutungen, denn die stehen zu ein-ander in einem hierarchischen Bedingungs verhältnis.

26. 7. 20

*) Das ist, wie Sie richtig erkannt haben, phänomenologisch betrachtet, nicht transzendental.


 
Nota. - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.  JE

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