Setzet: es gebe eine Freiheit im transscendentalen Verstande, als eine besondere Art von Caussalität, nach welcher die Begebenheiten der Welt erfolgen könten, nemlich ein Vermögen einen Zustand, mithin, auch eine Reihe von Folgen desselben schlecht-hin anzufangen, so wird nicht allein eine Reihe durch diese Spontaneität, sondern die Bestimmung dieser Spontaneität selbst zur Hervorbringung der Reihe, d. i. die Caussalität wird schlechthin anfangen, so daß nichts vorhergeht, wodurch diese ge-schehende Handlung nach beständigen Gesetzen bestimt sey.
Es sezt aber ein ieder Anfang zu
handeln einen Zustand der noch nicht handelnden Ursache voraus, und ein
dynamisch erster Anfang der Handlung, einen Zustand, der mit dem
vorhergehenden eben derselben Ursache gar keinen Zusammenhang der
Caussalität hat, d. i. auf keine Weise daraus erfolgt. Also ist die
transscendentale Freiheit dem Caussalgesetze entgegen und eine solche
Verbindung der successiven [447]
Zustände wirkender Ursachen, nach welcher keine Einheit der Erfahrung
mög-lich ist, die also auch in keiner Erfahrung angetroffen wird, mithin
ein leeres Gedan-kending.
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I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, A-Ausgabe 1781, S. 446f.
Nota. - Mithin ein leeres Gedankending? Das Wirken kausaler Ursachen ist freilich ebenfalls 'in keiner Erfahrung anzutreffen'; das eine ist so paradox wie das andere.
Der Absatz steht unter der Rubrik von den Antinomien der reinen Vernunft. Wenn das eine gilt, kann nicht auch das andere gelten. Nämlich in dogmatischem Verständ-nis: einem Verständnis, wonach die theoretischen Begriffe vom Seienden in dersel-ben Weise gälten wie die vorgestellten Bilder vom Wollen und Sollen: Ein Gedanke hört dann auf, leer zu sein, wenn er Bestimmungsgrund einer Handlung wird.
JE
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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