Digitalität, der wir unsere diskursive Denkweise verdanken, beruht darauf, dass wir den Phänomenen, die uns in unserer Umwelt begegnen, gemeinsam willkürlich ge-wählte Zeichen anheften, die durch die Anordnung, in die wir sie willkürlich brin-gen, einen uns gemeinsamen intelligiblen Sinn erhalten.
Wir
nehmen Willkür zweimal an, erstens beim Entwerfen der Zeichen und
zweitens beim Anordnen. Wobei Willkür im ersten Schritt
nur ein anderes Wort für den Zu-fall wäre; nicht aber für eine
willentliche Wahl. Echte Willkür ist es erst im zweiten Schritt: Die
Anordnung der an sich bedeutungslosen Zeichen geschieht in der
Er-wartung, dass die andern sie ebenso herauslesen, wie ich sie
hineingelesen habe. Die Sprachfähigkeit der Menschen beruhte also auf
seinem freien Willen.
- Digital und analog.
- Analog anschauen, digital repräsentieren.
- Begreifen und vorstellen: digital und analog.
- Digitale Denkrevolution?
Die obige Erörterung beginnt an einem Punkt, an dem Menschen oder ihre Vorfah-ren schon gesprochen haben. Dass das Denken der Menschen zumindestens die Weiterentwicklung ihrer Sprachen beeinflusst, liegt auf der Hand; für die Details gibt es Spezialisten. Dass Klang, Melodie, Rhythmus und folglich Atmung und Aus-drucksfähigkeit die Bedeutung des Gesprochenen modellieren, wird auch keiner be-zweifeln, doch braucht es dafür im Detail schon mehr Experten. Das sind aber fak-tische Fragen, die durch gewissenhafte Forschung aufgeklärt werden.
Die anthrologogische Grundfrage 'Stammt das Denken aus dem Sprechen oder das Sprechen aus dem Denken?' ist aber nicht empirisch zu beantworten - weil naturge-mäß keine Denkmäler vorliegen. Die Vorstellung, dem Sprechen müsse ein Denken vorhergehen, lässt sich veranschaulichen mit allerlei expressiven Lauten und physi-schen Artikulationen, wie sie in den Gebärdensprachen kultiviert wurden. Die Spra-che selbst müssen letztere nicht neu erfinden, sondern nur nachahmen. Aber die Mittel dazu sind gegeben. Die Gegner dieser Hypothese müssten schon die grund-sätzliche mentale Kompetenz unserer Vorfahren bestreiten. Mit welcher Evidenz?
Die
umgehrte Annahme, das Denken habe sich aus dem Sprechen entwickelt, hat
dagegen ein metaphysische Voraussetzung, für die sich definitiv keine
Evidenz fin-det: dass das Sprechen fix und fertig im Menschenhirn
präetabliert ist - und ergo einen an sich gegebenen Sinn zur Darstellung bringt. Soviel Weihrauch, wie ich da-für bräuchte, kann ich gar nicht inhalieren.
aus Sehe ich die Welt, wie ich sie nenne? JE, 7. 11. 23
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen