Montag, 20. Oktober 2025

Geist und Materie, oder: Natur und Geschichte.

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Ich kann das Gewicht einer Kartoffel nicht erfahren, wenn ich ein Metermaß anle-ge, und ihren Umfang nicht mit der Waage messen. Ich kann das eine nicht aus dem andern ableiten noch das eine ins andere umrechnen. Es sind zwei verschiedene Di-mensionen, die aber nicht in der Kartoffel steckendie ist immer ein und dieselbe;  sondern in der Eigenart meines Wahrnehmungsapparats.

Genau so sind Freiheit und Kausalität einander irreduzibel.

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Die Kartoffel in diesem Bild ist der Mensch.

Wenn ich mich einmal entscheide, eine Sache durch die Augen der Naturwissen-schaften anzuschauen, habe ich ipso facto mitentschieden, sie unters Gesetz der Kausalität zu fassen: beides ist dasselbe. Habe ich einen Gegenstand mit den Augen, das heißt den Messinstrumenten der Naturwissenschaften angeschaut, kann es nicht ausbleiben, dass ich ihn als einen Gegenstand der Naturwissenschaft erken-ne. Jenes folgt aus diesem, und nicht umgekehrt.

Die Knolle Mensch muss ich aber nicht als einen Gegenstand der Naturwissen-schaft anschauen. Ich kann sie – nur sie – auch als den Gegenstand der Geschichts-schreibung ansehen: als ein Wesen, das Geschichte hat, weil es sie macht. Andern-falls würde es die Frage nach dem freien Willen gar nicht geben. Stammt sie etwa aus der Naturwissenschaft? Da kommt sie nicht her, da gehört sie nicht hin.

Nur wer sagt, der Mensch ist in seinen Willensentscheidungen frei, kann auch sa-gen, dass er in der Welt etwas tun soll. Ist alles determiniert, dann haben die Recht, die schon immer gesagt haben, man kann nix machen. Gemeint war jedes Mal: Ich brauch’ nix machen. Bevor Freiheit und Determination ein Problem der Geschichts-wissenschaft werden können, sind sie eine politische Frage.

Freilich ist dieses Problem längst gelöst. Die endgültige Antwort heißt: Die Men-schen machen ihre Geschichte selber, aber sie machen sie nicht unter frei gewählten Bedingungen; und stammt von Karl Marx. Die nicht frei wählbaren Bedingungen sind für der Geschichtsschreibung das, was für die Naturwissenschaft die determi-nierenden Faktoren sind. Für eine ‚verstehende’ Geschichtswissenschaft (wie Max Weber sie nennt) treten die Bedingungen des Handelns in den Motiven der Han-delnden wieder auf: als deren Triebkraft. Aber nicht als deren Richtung. Die muss der freie Wille, politischer Verstand oder Unverstand, ex sponte hinzufügen.

*

Mögen die Psychologen die Triebkraft der Motive zur Natur rechnen: Der Philo-soph wird den Willen immer zum Geist zählen (was auch sonst?).
18. 1. 2010 

 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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