
aus spektrum.de, 1. 10. 2025 zu Männlich, zu öffentliche Angelegenheiten
Warum Männer jünger sterben als Frauen
Bei
so gut wie allen Säugetieren ist die Lebenserwartung von Männern kürzer
als die von Frauen. Fehlt den Männchen ein Chromosom? Oder die nötige
Gelassenheit? Oder gar beides?
Nicht nur bei Schimpansen gibt es deutliche Unterschiede in der
Lebenserwartung von Männlein und Weiblein. Vor allem wenn Männchen durch
körperliche Überl-egenheit einen Harem verteidigen müssen, geht das
nicht spurlos an ihnen vorüber.
Beim
Menschen ist die Statistik eindeutig, und zwar über Länder und Epochen
hin-weg: Frauen werden im Schnitt älter als Männer. Dasselbe Muster zeigt
sich aber auch im Tierreich, wie eine Studie nun offenbart. Ein Team um
Johanna Stärk vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in
Leipzig hat dazu den bislang umfassendsten Datensatz zur Lebensdauer
von Säugetieren und Vögeln ausgewer-tet. Zugleich sind die Fachleute auf
die Suche nach einer Ursache gegangen. Drei Gründe kommen demnach als
Erklärung infrage.
Wie das Team im Fachblatt »Science Advances«
schreibt, könnte die geringere Lebenserwartung der Männchen in den
Geschlechtschromosomen begründet liegen: Bei Säugetieren haben Weibchen
zwei X-Chromosomen, während Männ-chen ein X- und ein Y-Chromosom
besitzen. Das doppelte X könnte den Weibchen einen Schutz vor
schädlichen Mutationen bieten, der den Männchen fehlt.
Bei Vögeln
ist das Chromosomenverhältnis genau umgekehrt. Folgerichtig fand sich
auch das genau gegenteilige Verhältnis in der Lebensdauer: Bei den
1176 untersuchten Arten leben weibliche Säugetiere im Durchschnitt
13 Prozent länger als die Männchen. Bei Vögeln leben die Männchen
dagegen etwa fünf Prozent länger als die Weibchen. Dieser Befund stützt
die schon länger diskutierte These vom Einfluss der
Geschlechtschromosomen.
Doch
die Unterschiede im Erbgut können die in der Lebensdauer nur teilweise
erklären. Stark zu Buche schlagen der Auswertung zufolge auch die
Lebensumstände: Müssen Männchen beispielsweise um ihre Partnerin kämpfen
oder den Weibchen mit auffälligem Schmuck imponieren, sinkt statistisch
ihre Lebensdauer verglichen mit Männchen von Arten, die ein weniger
belastendes Leben führen. Monogam lebende Arten haben besonders geringe
Unterschiede in der Lebenserwartung. Dies ist der zweite Faktor, den die
Wissenschaftler identifizierten.
Drittens hat den Daten zufolge das Geschlecht, das viel Aufwand in die Aufzucht des Nachwuchses steckt, ebenfalls eine meist längere Lebenserwartung – in der Regel ist es bei Säugetieren das Weibchen. Dahinter könnte ein Ergebnis evolutionärer Anpassung stecken: Ein langes Leben könnte indirekt den Fortpflanzungserfolg erhöhen, zumindest bei den ohnehin bereits langlebigen Primaten.
Eine Ausnahme von der Ausnahme bilden einige
Arten der Raubvögel. Bei ihnen sind die Weibchen durch ein fehlendes
Geschlechtschromosom gehandicapt und zugleich größer als die Männchen –
beides lässt normalerweise die Lebenserwartung sinken. Doch wie das Team
um Stärk herausfand, leben sie trotzdem länger als die Männchen
ihrer Art.
Sämtliche
Daten zu den untersuchten Tierspezies entstammten einer Datenbank über
Tiere, die in Zoos leben. Indem sie auf diesen Datensatz zurückgriffen,
konnten die Forscher äußere Einflüsse auf die tatsächliche
Lebenserwartung so gut es geht ausschließen. Dass dennoch die Weibchen
meist länger lebten als die Männchen, wenn auch nicht ganz so viel
länger wie in freier Wildbahn, mache deutlich, dass die Unterschiede in
der Lebenserwartung tief in evolutionären Prozessen verwurzelt seien und
selbst dann bestehen blieben, wenn beide Geschlechter die besten
Überlebenschancen geboten bekommen, erklärt das Team in einer Pressemitteilung.
Nota. - Y ist das Abenteuer-Chromosom.
JE
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