Sonntag, 30. Juni 2024

John Maynard Keynes.


aus makronom.de, 24. 6. 2024                                       zu Jochen Ebmeiers Realien, zu öffentliche Angelegenheiten

Das Leben des Maynard K.
Manche mögen John Maynard Keynes als Tausendsassa ohne klaren Kompass bezeichnen. Und tatsächlich zeichnete ihn eine bemerkenswerte Flexibilität aus – allerdings gepaart mit einer ebenso bemerkenswerten Fixierung auf ein Ziel. 

Ein Beitrag von Branko Milanovic.

Zach Carters Keynes-Biografie Der Preis des Friedens ist keine typische Biografie. Sie beginnt im Sommer 1914, als Keynes 31 Jahre alt war und an der Prävention einer Bankenkrise in England nach dem Attentat von Sarajevo und dem fast sicheren Abgleiten Europas in den Krieg arbeitete. Das Buch endet weit nach Keynes‘ Tod, als es den Aufstieg des Keynesianismus in den Vereinigten Staaten behandelt. Keynes‘ posthumer Ruhm übertraf bei weitem den nicht unbedeutenden Ruhm, den er zu Lebzeiten erlangt hatte. Möglich wurde dies durch die Adaptierung seiner Politik in den USA.

Dass Carter diese ausgedehnte Perspektive weit über Keynes‘ physisches Ende hinaus wählt, ist durchaus gerechtfertigt. Hätte es die Große Depression und den New Deal nicht gegeben, wäre Keynes‘ Einfluss, selbst unter der Annahme, dass er die General Theory dennoch geschrieben hätte, begrenzt gewesen. Trotz seiner zahlreichen politischen Verbindungen war er in seinem eigenen Land kein großer politischer Prophet. Doch mit dem New Deal und der Politik Roosevelts war ihm der Ruhm sicher.

Tatsächlich spielte Roosevelt für Keynes die gleiche Rolle wie Lenin für Marx. Ohne die Politiker wären sowohl Marx als auch Keynes nur mäßig bekannte politische Ökonomen, Agitatoren und Pamphletisten gewesen. Doch als sie von den Machthabern aufgegriffen wurden (im Fall von Keynes ging dies bis hin zu Reagan), rechtfertigte ihr Schicksal Keynes‘ eigene Ansicht über den Wert von Ideen, die er gegen Ende der General Theory zum Ausdruck brachte:

“Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.”

Auch wenn Carter es nicht ausspricht, zeigt das Buch die grundlegende philosophische Unvereinbarkeit zwischen Keynes und den Österreichern wie Hayek und Mises auf. Beide spielen in dem Buch fast keine Rolle, aber die Unvereinbarkeit zwischen Keynes und ihnen und später der Mont-Pèlerin-Gesellschaft und den Neoliberalen ist für das Verständnis von Keynes grundlegend.

Die Unvereinbarkeit beruht auf dem Unterschied in den Wertesystemen. Für Hayek war der wirtschaftliche Mechanismus des Laissez-faire ein Wert an sich. Die Freiheit des Handels, des Einstellens und Entlassens, die Unantastbarkeit des Privateigentums waren Werte als solche und unabhängig von den Ergebnissen, zu denen sie führten. Tatsächlich glaubten Hayek und Mises, dass sie zu höherem Einkommen und damit zu größerer Zufriedenheit führen würden. Aber selbst, wenn dies nicht der Fall wäre und sie, wie so oft, zu Monopol und Monopolstellung, Depression und Arbeitslosigkeit, politischer Korruption und sozialer Schichtung führten, waren sie dennoch zu verteidigen, weil sie als solche wertvoll waren. Das war Freiheit für Hayek.

Das Ziel der Ökonomik ist es, über sich selbst hinauszuwachsen

Aber nicht für Keynes. Für Keynes war die Wirtschaftstätigkeit, ob Freihandel, gelenkter Handel, staatlich gelenkt oder was auch immer, kein Wert an sich. Sie war ein Werkzeug. Die Wirtschaftspolitik und sogar der wirtschaftliche Fortschritt waren lediglich die Werkzeuge, die der Menschheit das Ende des Mangels und den allgemeinen Überfluss bringen sollten. Überfluss war das Ziel, denn nur unter Bedingungen, in denen materielle Güter keine große Rolle mehr spielen, können wir uns den schönen Dingen des Lebens widmen: Romane schreiben, in die Oper gehen, Filme sehen oder Gedichte komponieren.

Das Ziel der Wirtschaft war es, über sich selbst hinauszuwachsen. Je erfolgreicher die Ökonomik ist, desto weniger brauchen wir sie. Der ultimative Erfolg der Ökonomie als Wissenschaft ist dann gegeben, wenn sie überflüssig wird, wenn die Gesellschaft wie ein gleichmäßiger Zug, der auf einem vorgegebenen Gleis rollt, mühelos Reichtum schafft, ohne dass es jemand merkt. Die Irrelevanz der Ökonomie erlaubt es uns, uns den Dingen zu widmen, die im menschlichen Leben wirklich wichtig sind: Schönheit, Lernen, Kunst und Wissenschaft.

Das Ziel der Ökonomik ist es also, über sich selbst hinauszuwachsen. Diese Sicht der Welt ist Hayek völlig fremd. Wenn die ökonomische Wissenschaft nur ein Werkzeug ist und dieses Werkzeug dann effizienter ist, wenn es vom Staat eingesetzt wird, dann soll es so sein; wenn die privaten Kapitalisten es besser können, dann soll ihnen das Feld offen stehen. Daraus ergibt sich Keynes‘ bemerkenswerter Mangel an dogmatischem Geist: Die Wirtschaftswissenschaft wird nach ihren Ergebnissen beurteilt, nicht nach ihrer inneren Konsistenz.

Nur dank seines Leitmotivs – des Überflusses – konnte Keynes mit bemerkenswerter Leichtigkeit zwischen den verschiedenen Positionen wechseln, die er im Laufe seines Lebens vertrat. Er unterstützte Freihandel, Laissez-faire und den Goldstandard, wenn er der Meinung war, dass dies die beste Kombination für ein zivilisiertes Leben war. Aber er befürwortete auch staatliche Investitionen, die Euthanasie des Rentiers und hohe Zölle, wenn er glaube, dass diese Politiken am effizientesten waren. Was Keynes auszeichnete, war eine bemerkenswerte Flexibilität in Bezug auf die Politik und eine ebenso bemerkenswerte Fixierung auf ein Ziel.

Während die Österreicher dogmatisch waren, war er flexibel, aber seine Flexibilität beruhte nicht auf Unbeständigkeit oder Wankelmütigkeit. Sie beruhte auf der Auffassung, dass die Ökonomik ein Instrument zur Erreichung eines „guten Lebens“ ist.

In marxistischen Begriffen ausgedrückt war dieses Ziel der „Eintritt“ in das „Reich der Freiheit“. Es besteht eine große Ähnlichkeit zwischen Keynes‘ Beschreibung der Post-Knappheitsgesellschaft in Economic possibilities for our grandchildren aus dem Jahr 1936 und Marx‘ Deutscher Ideologie, die ein Jahrhundert zuvor geschrieben, aber erst 1932 in Moskau veröffentlicht wurde (und Keynes nicht bekannt war). Beide waren der Meinung, dass die wirkliche Freiheit erst dann beginnt, wenn die Plackerei der Arbeitsteilung und die Sklaverei gegenüber dem Mammon aufhören. Keynes sagt:

„Die emsigen und zielbewussten Geschäftsmänner mögen uns alle mit sich in den Schoß des wirtschaftlichen Überflusses ziehen. Aber es werden nur solche Menschen sein, die am Leben bleiben können und eine höhere Perfektion der Lebenskunst kultivieren, sich nicht für die bloßen Mittel des Lebens verkaufen, die in der Lage sein werden, den Überfluss zu genießen, wenn er kommt.“

Marx sagt:

„Wo niemand ein ausschließliches Betätigungsfeld hat, sondern jeder sich in jedem Zweig, den er will, verwirklichen kann, regelt die Gesellschaft die allgemeine Produktion und macht es mir so möglich, heute das eine und morgen das andere zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Vieh zu züchten, nach dem Essen zu kritisieren, wie es mir gerade in den Sinn kommt, ohne je Jäger, Fischer, Hirte oder Kritiker zu werden.“

Es ist nicht möglich, unsere Sklaverei gegenüber dem Mammon zu beenden, solange wir nicht alle ausreichend reich oder zumindest ausreichend glücklich mit dem sind, was wir haben, so dass wir nur ein Minimum an Zeit arbeiten und den Rest mit viel schöneren und unterhaltsameren Beschäftigungen verbringen können. Keynes‘ eigenes Leben ist ein Beispiel dafür, wie dieses bessere, großartigere Leben aussehen sollte. Er war Kunstkritiker, Beamter, Journalist, Statistiker, Gestalter internationaler Organisationen und deren schärfster Kritiker, Kunstmäzen, akademischer Wirtschaftswissenschaftler, Börsenjournalist, Gesellschaftspolitiker, Essayist und schließlich Autor der General Theory.

Manche mögen ihn als Tausendsassa bezeichnen. Aber in Wahrheit war Keynes ein Mann der Renaissance, und er war der Meinung, dass die Menschheit erst dann frei sein wird, wenn sich jeder ein Leben leisten kann, das dem entspricht, das er zu leben das Glück hatte.

Zum Autor:

Branko Milanovic ist Professor an der City University of New York und gilt als einer der weltweit renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der Einkommensverteilung. Milanovic war lange Zeit leitender Ökonom in der Forschungsabteilung der Weltbank. Er ist Autor zahlreicher Bücher und von mehr als 40 Studien zum Thema Ungleichheit und Armut. Außerdem betreibt er den Blog Global Inequality, wo dieser Beitrag zuerst in englischer Sprache erschienen ist.

 

Nota. - Zur Ergänzung: Was Roosevelt für Keynes und Lenin für Marx, war Adolf Hitler für Hjalmar Schacht. Ich verstehe nicht, warum, wenn von dem einen die Rede ist, nicht auch der andere erwähnt wird. Denn beide - natürlich nicht Marx - waren die Begründer der sozialdemokratischen Neuordnung in den hochkapitalisti-schen Ländern nach dem 2. Weltkrieg. (Sie haben mich richtig verstanden: auch Schacht. Denn dass der deutsche Normalbürger dazu neigt, dem Staat die Zustän-digkeit für Wirtschaft und Gesellschaft zu überlassen, verdankt er Schacht-Hitlers Volksstaat.)

JE

 

Begriffe waren einmal Bilder.

welse.net               aus  Philosophierungen

Begriffe sind durch häufigen Gebrauch abgeschliffene Bilder. Scharf wurden sie da-bei nur in der einen Hinsicht, in der andern wurden sie glatt und platt.

Aus e. Notizbuch, im Sept. 10

Begriffssystem.

stock                            zu Philosophierungen

Begriffe sind kein Material, um Systeme daraus zu bauen, sondern Instrumente, um deren Haltbarkeit zu prüfen

 

 

Samstag, 29. Juni 2024

Nix gilt.

umkehrung                                                                 aus  Philosophierungen

Im landläufigen  Diskurs der Postmoderne ist analytische Sprachphilosophie – „die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel“ – eine Verbindung ein-gegangen mit dem zeitgemäßen Konstruktivismus: „Sind ja doch alles nur Konstruk-te…“

Die Quintessenz: Nix gilt und Anything goes.

Und wenn man sich die Welt ansieht, wie sie ist, haben sie nicht einmal Unrecht. Einen immanenten Sinn wird man aus der Welt nicht heraus-destillieren. Aber man wird einen Sinn hinein'konstruieren' müssen. Und das tun die Postmodernen ja auch. Indem sie nämlich Sätze sagen, die allgemeine Geltung beanspruchen – näm-lich 1) „die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel“ – und  2) „Sind ja doch alles nur Konstruk-te…“

Recht haben sie: "Es gibt" keine allgemeinen Geltungen.

Unrecht haben sie: Es muss allgemeine Geltung geben, wenn… sinnvolle Sätze möglich sein sollen. Die Sätze Nix gilt und Wahrheit gibt es nicht erheben An-spruch auf Wahrheit und Geltung. Es sei denn, sie verzichteten darauf, für sinnvoll gehalten zu werden.

So würde es wieder stimmen.

——————————————————————————————— 
Braucht die Welt einen Sinn? Nein. Ich brauche einen Sinn.

19. 4. 09 

 

 

Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE

Freitag, 28. Juni 2024

Heilkunst und Wissenschaft.

Rembrandt, Anatomie Dr. Tulp                zu Jochen Ebmeiers Realien

Der Überlieferung nach ließ Iwan der Schreckliche dem Baumeister der Moskauer Basilius-Kathedrale -  Jakowlew -, als das Werk vollendet war, die Augen ausstechen und die Zunge herausreißen, damit er sein Wissen nicht weitergeben konnte. 

Das ist wohl nicht wahr, aber vorstellbar. Denn so ist die Baukunst entstanden: in-dem ein Meister seine Schüler in seine Geheimnisse einweihte. Eine breitere Basis erhielt sie in Europa, als bei den großen Kathedralen Bauhütten entstanden, wo viele Meister viele Schüler anlernen konnten - und die eifersüchtig über ihre Exklu-sivität wachten. Aber nicht alle Meister blieben am Ort, sondern zogen quer durch Europa von einer Baustelle zur andern.

Doch bloßes Erfahungswissen bleibt, wie sorgfältig es auch bewahrt wird, unzuver-lässig. Es geschah immer wieder, dass große Bauwerke noch während ihres Entste-hens einstürzten. Überprüfbares Wissen, Wissenschaft, wurde daraus erst, als Gal-ileo die mathematische Statik begründete.

Begriffe ohne Anschauung sind leer, das ist wohl wahr, aber Anschuung ohne Be-griff ist blind. Das ist eine Theorie: ein Satz von Begriffen, die untereinander in einem systematischen Verhältnis stehen, die erlauben, bloßes Erfahrungswissen von Zufälligkeiten zu reinigen und kostspielige Misserfolge zu vermeiden. Und doch konnte Andreas Schlüter noch zwei Generationen nach Jakowlew nicht verhindern, dass ihm sein Berliner Münzturm einstürzte. Alle Wissenschaft hat immer auch Lücken.

Die aufzuspüren ist wiederum Sache der Theorie selbst. Sie ist an ihrem Anfang - an ihrem sachlich-positiven Anfang - Kritik, denn so sind die Begriffe entstanden: aus kritischen Reflexion auf die Erfahrungsdaten. Aber nicht nur auf die, sondern ebenso auf die Erzeugnisse der bloßen Spekulation. Erfahrung und Einbildung begrenzen das Feld des bewährten geprüften Wissens, in der Spannung zwischen beiden behauptet es seine Unabhänigkeit. Erfahrung kann täuschen, dauerhaft ist allein der Begriff - dieser eleatische Grundgedanke hat über die platonische Ideen-Lehre das westliche Denken und unsern gesunden Menschenverstand geprägt und ist bis heute unausrottbar. 

Kommen wir endlich auf die Medizin. Sie ist, wie die Baukunst, entstanden als ein Spezialwissen - medecine men nannten die Euro-Amerikaner die Schamanen der dortigen Eingeborenen  - von Eingeweihten, anvertraut vom Vater auf den Sohn. Das waren chirurgoi, wörtlich: Hand-Werker. In den poleis, den kultivierten städti-schen Zentren, fanden sich wohl auch gelehrte Köpfe, die mit Dichtern und Phi-losophen zur intellektuellen Elite zählten, und von denen - von denen allein: Hip-pokrates, Galenus et. al. - sind Texte überliefert, die ein Philologe zitieren kann, und die werden vornehmlich andere Angehörige der Elite kuriert haben. Keine Texte haben hinterlassen die weisen Frauen auf dem Lande und die Wundheiler, die die Krieger nach geschlagener Schlacht wieder zusammenflickten. Und an die werden sich auch jene Bewohner der kultivierten Zentren gehalten haben, die nicht zur Elite zählten.

Dass medizinisch Gelehrte und chirurgoi nicht nur faktisch, sondern auch förmlich und standesmäßig auseinandertraten, war historisch gesehen ein Fortschritt, der un-mittelbar aber einem Rückschritt geschuldet war, nämlich dem Untergang der anti-ken Kultur während der sogenannten Völkerwanderung. Als deren isolierte Restpo-sten waren die Bischofssitze übriggeblieben, und was an Gelehrsamkeit überlebt hatte, sammelte sich hier. Hier und nirgend anders entstanden Schulen und Univer-sitäten, die nun keine privaten Wandelhallen mehr waren, sondern hochoffizielle, sozusagen "öffentliche" Einrichtungen. Hier war die Gelehrsamkeit unter sich, sie unterstand als solche der römischen Kirche, die allein sie gegen die weltlichen Her-ren schützen konnte und - wollte.

So wurde aus dem Unterschied zwischen gewöhnlichen Wundheilern und den ge-lehrten Ärzten der Vornehmen ein Standesunterschied zwischen Praktikern, die "alles konnten und nichts wussten", und akademishen Medizinern, die alles wussten und nichts konnten.

Eine Wissenschaft für alle und ein allgemeiner Berufsstand ist daraus geworden, als... nein, nicht die Gelehrsamkeit in die ärztliche Praxis, sondern das praktische Experiment in die Gelehrsamkeit eingebrochen ist; nämlich die Anatomie. Die kam - wie "die Vernunft" überhaupt - im 17. Jahrhundert auf. Sie hatte gegen die Theo-logen aller Konfessionen über Generationen ein schweren Stand und musste ihr Material des Nachts von den Galgen und den Gottesackern stehlen. 

Den Treffpunkt verkörpert der als Doktor historisch gewordene François Quesnay. Der war ein Kupferstecher, und als solcher illustrierte er das Werk des englischen Mediziners William Harvey über den Blutkreislauf. In die Geschichtsbücher gelang-te er als der Begründer der Politischen Ökonomie (das Wort hat ein andrer erfun-den), die er ebenfalls als Kreislauf darstellte. Doch in unsern Zusammenhang ge-hört er, weil er noch als Kupferstecher gegen die damals grassierende Mode der Aderlasse aufgetreten war: Sie hätten überhaupt nur eine Wirkung, schrieb er unter Berufung auf Harvey, wenn sie in unmittelbarer Nähe des Krankheitsherdes vorge-nommen werden. Seine Schrift machte Furore, und er wandte sich ganz diesem Thema zu. Da er Medizin nicht studiert hatte, brachte er es nur zum Chirurgicus, doch immerhin berief ihn die Gräfin Pompadour zu ihrem Leibarzt und er bezog Wohnung im Schloss von Versailles. Und schließlicn erlangte er doch noch den akademischen Doktograd, der ihn bis heute in allen Lehrbüchern an Stelle seines Vornamens ziert. Die ökonomische Lehre, die ihm dort seinen Platz eingetragen hat, entwickelte er erst in Versailles.

 

 

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde - nicht zuletzt im Namen der Nation - Volksgesund-heit zu einem öffentlichen Auftrag, und heilende Tätigkeit zum Monopol einer akademischen Ärzteschaft. Nicht nur die Ausübung des Berufs, sondern schon die Ausbildung dazu wurde allgemeinen Normen unterworfen. Wissenschaftlichkeit wurde dem Ärztestand okroyiert, indem er öffentlich bestallt und öffentlich kontrolliert wird. Kritik ist institutionell geworden, und dass sie ihrem Wesen nach ohne Grenzen ist, macht sie zum Beispiel gegen große Seuchen unentschlossen und langatmig; doch ein anderes Mittel, dauerhaften Schaden zu verhindern, gibt es schlechterdings nicht.

Kommentar zu Heilkunst und Wissenschaft. JE, 4. 1. 22


 

Montag, 24. Juni 2024

Depressionen.


aus scinexx.de, 18. 6. 2024                                                                                  zu Jochen Ebmeiers Realien

Sechs Formen der Depression identifiziert
Psychische Erkrankung zeigt sich in unterschiedlichen Biotypen
Neuronale Unterschiede: Depression ist nicht gleich Depression – es gibt offenbar mindestens sechs verschiedene Unterarten, wie Forschende herausgefunden haben. Diese Biotypen lassen sich anhand von Hirnscans erkennen. Weil sie auf unterschied-lichen Funktionsstörungen beruhen, sprechen sie zudem nicht alle auf die gängigen Antidepressiva an. Künftig könnten Hirnscans die Diagnose erleichtern und die vielstversprechenden Behandlungen identifizieren.

Psychische Erkrankungen sind oft schwer zu diagnostizieren und noch schwerer zu behandeln. Bei etwa 30 Prozent der an einer Depression erkrankten Menschen schlägt keine der bekannten Therapien an. Weder Antidepressiva noch Psychothera-pie bringen ihnen Linderung. Bei zwei Drittel der Betroffenen reduzieren die verfügbaren Behandlungen zwar die Symptome der Depression, sie werden jedoch nicht wieder vollständig gesund.

Therapien oft unwirksam

Das liegt unter anderem daran, dass es keine guten Anhaltspunkte gibt, um vorherzusagen, welche Art der Behandlung gegen die Depression helfen wird. Häufig probieren Ärzte und Betroffene daher verschiedene Medikamente nachein-ander aus, bis eines wirkt. Das kann jedoch Monate oder Jahre dauern oder auch gar nichts bringen. Während dieser Zeit des Wartens verschlimmert sich oftmals die Depression.

„Es ist sehr frustrierend, für Depressionen keine bessere Alternative zu diesem Einheitsansatz zu haben“, sagt Seniorautorin Leanne Williams von der Stanford University, deren Partner ebenfalls an Depressionen erkrankt ist. Seither sucht sie mit ihrem Team nach einem Weg, um Patienten gezielter und individueller zu be-handeln. „Das Ziel unserer Arbeit ist es, herauszufinden, wie wir es direkt beim ersten Mal richtig machen können“, sagt Williams.

Blick ins Gehirn von psychisch Erkrankten

Dafür haben die Forschenden um Williams und Erstautor Leonardo Tozzi von der Stanford University nun die biologischen Vorgänge bei psychischen Erkrankungen genauer untersucht. Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) beobachteten sie die Gehirnaktivität von 801 Personen, die an Depressionen oder einer Angststörung litten, sowie 137 gesunden Menschen. Dabei fokussierten sie sich auf jene Gehirnregionen, die früheren Studien zufolge mit diesen Erkrankungen in Verbindung stehen.

Die Probanden ruhten sich während der Scans entweder aus oder lösten verschiedene Aufgaben, die sie geistig und emotional forderten. 250 der Studienteilnehmer erhielten für einen zweiten Testdurchlauf zudem eine Behandlung in Form eines gängigen Antidepressivums oder eine Gesprächstherapie. Die fMRT-Aufnahmen werteten Tozzi und seine Kollegen anschließend mithilfe einer künstlichen Intelligenz aus, die die Bilder in Gruppen sortierte.

Sechs verschiedene Muster der Hirnaktivität

Das überraschende Ergebnis: Die Hirnscans offenbarten bei den Patienten sechs unterschiedliche Aktivitätsmuster in den untersuchten Regionen. So wies einer dieser Biotypen (DC+SC+AC+) beispielsweise eine grundlegend höhere Aktivität in drei neuronalen Schaltkreisen auf, die an der Verarbeitung von Aufmerksamkeit beziehungsweise Ruhe beteiligt sind. Diese Areale werden auch zur Problemlösung verwendet. Bei einem anderen Biotypen (AC-) war hingegen einer dieser für Aufmerksamkeit zuständige Schaltkreise deutlich weniger aktiv als bei gesunden Menschen.

In einem weiteren Biotypen (NSA+PA+) zeigten sich wiederum auffällige Aktivitätsmuster beim Lösen emotionaler Aufgaben. Im Gehirn dieser Personen waren die Affektschaltkreise überaktiv, was für negative beziehungsweise positive Affekte bei traurigen und fröhlichen Reizen sorgte. Am häufigsten trat jedoch ein Biotyp auf (CA+), bei dem die Neuronen zur kognitiven Kontrolle überaktiv waren.

Interessant auch: Einer der beiden selteneren der sechs identifizierten Biotypen ist neurologisch betrachtet unauffällig. Die Hirnaktivität dieser Testpersonen mit psychischer Erkrankung unterschied sich nicht von der von Gesunden. Tozzi und seine Kollegen vermuten allerdings, dass sie auch hier biologische Auffälligkeiten finden würden, wenn sie nicht nur ausgewählte Regionen, sondern das gesamte Gehirn betrachten würden. Die Beobachtung lege nahe, dass bei Depressionen noch nicht alle neuronalen Zusammenhänge bekannt sind, so das Team.

Depressionsformen korrelieren mit Symptomen und Therapieerfolg

Tozzi und seine Kollegen schließen daraus, dass sich Depressionen in mindestens sechs Biotypen differenzieren lassen. Dazu passt auch, dass die verschiedenen Biotypen mit unterschiedlich starken und teilweise verschiedenen Symptomen verknüpft sind. Die Betroffenen aus den Gruppen NSA+PA+ und CA+ empfanden beispielsweise noch weniger Freude als die anderen Testpersonen. Der Subtyp CA+ war zudem ängstlicher, während der Typ NSA+PA+ mehr grübelte. Menschen mit dem Biotyp AC- litten hingegen unter weniger Spannungen.

Der therapeutische Erfolg unterschied sich ebenfalls je nach Biotyp, wie die Psychiater feststellten. Demnach linderte das Medikament Venlafaxin die Depressions-Symptome bei den Testpersonen mit dem Subtyp CA+ deutlich besser als bei den anderen Patienten.

Warum Gesprächstherapie nicht allen hilft

Bei dem Biotypen mit den drei überaktiven Hirnregionen, die zur Problemlösung verwendet werden (DC+SC+AC+), half am besten eine Verhaltens- und Gesprächstherapie, wie die Forschenden berichten. Bei dem Biotypen, bei dem die Nerven zur Steuerung der Aufmerksamkeit weniger aktiv waren (AC-), half diese Art der Behandlung hingegen am wenigsten.

Für Koautorin Jun Ma von der University of Illinois Chicago ergeben diese Beobachtungen durchaus Sinn. Denn Betroffene könnten die in der Gesprächstherapie vermittelten Praktiken zur Problemlösung leichter lernen und im Alltag umsetzen, wenn die dafür notwendigen Gehirnareale aktiver sind, berichtet sie. Menschen mit einer eher geringen Aufmerksamkeit profitieren hingegen weniger von dieser Therapieform.

Schneller zur wirksamen Behandlung finden

„Dies ist das erste Mal, dass wir zeigen konnten, dass Depressionen durch verschiedene Funktionsstörungen des Gehirns erklärt werden können“, sagt Williams. Je nach Depressionsform und Biotyp ergeben sich aus den Gehirnscans nun unterschiedliche Therapieansätze. Damit eröffnet die Studie erstmals eine personalisierte Medizin für die psychische Gesundheit, so das Team. Künftig könnten demnach Gehirnscans dazu beitragen, schneller hilfreiche und insgesamt wirksamere Therapien zu entwickeln. In einer ähnlichen Studie konnten Williams und ihr Team ihre Treffsicherheit bei der Wahl der Behandlung durch MRT-Aufnahmen bereits verdoppeln.

In Folgestudien wollen die Psychiater ihre Versuche nun mit einer größeren Testgruppe und weiteren Behandlungsmethoden wiederholen. Auch neuartige Medikamente abseits der Standard-Antidepressiva sollen dabei erforscht werden. Das soll eine noch passgenauere Zuordnung und eine bestmögliche Therapie gewährleisten.

In einem experimentellen Verfahren nutzen die Forschenden die Gehirnscans auch bereits zur Diagnose und Behandlung von Patienten an der Stanford University. Dabei entwickeln sie neue Standard-Protokolle, die später auch weitere praktizierende Psychiater anwenden können. (Nature Medicine, 2024; doi: 10.1038/s41591-024-03057-9)

Quelle: Stanford University School of Medicine

Sonntag, 23. Juni 2024

Gib einer Philosophieprofessorin ein Zipfelchen politischer Macht...

Prof. Dörte Müller-Meier

...und sie weiß gleich nicht, wohin damit.
Schusterin, bleib bei deiner Leistenin.



Leviathan wird immer fetter.

Leviathan  
aus Tagesspiegel.de, 21. 5. 2024                                        zu öffentliche Angelegenheiten; zu Levana, oder Erziehlehre
 
Personalzuwachs in Schulen und Kitas
Knapp zwölf Prozent aller Erwerbstätigen inzwischen im Staats-dienst
Rund 5,3 Millionen Menschen waren 2023 im öffentlichen Dienst beschäftigt. Viele von ihnen arbeiten als Lehrer oder Erzieher. Die Zahl der Beamtinnen und Beamten ist um 1,6 Prozent gestiegen.
 
Vor allem als Folge eines Personalzuwachses in Schulen und Kitas hat sich die Zahl der Beschäftigten im Staatsdienst in Deutschland im vergangenen Jahr erhöht. Ins-gesamt rund 5,3 Millionen Menschen waren 2023 im öffentlichen Dienst beschäf-tigt, 60.800 Beschäftigte oder 1,2 Prozent mehr als 2022, wie das Statistische Bun-desamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Damit arbeiteten 2023 knapp zwölf Pro-zent aller Erwerbstätigen in Deutschland im Staatsdienst.

Die Schulen verzeichneten demnach ein Beschäftigtenplus von 1,9 Prozent oder 18.900 Lehrkräften auf 1,03 Millionen. Inzwischen habe sich die Pensionierungs-welle im Schuldienst abgeflacht, so die Statistiker. Die Zahl der angestellten Lehre-rinnen und Lehrer erhöhte sich um 2,4 Prozent oder 8100 auf 351.600, die Zahl der Beamtinnen und Beamten um 1,6 Prozent oder 10.800 auf 676.800.

In den Kitas stieg der Personalbestand erneut deutlich. Mitte 2023 waren nach An-gaben des Statistischen Bundesamtes dort 278.900 Menschen beschäftigt, 4,3 Pro-zent oder 11.400 mehr als ein Jahr davor.

Langfristig betrachtet hat sich die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher damit bin-nen 15 Jahren mehr als verdoppelt. (AFP)

 

Nota. - 12%? Dass ich nicht lache! Gefühlt ist es mindestens ein Drittel. Und das ist, was zählt.
JE



Die Abstraktion ist doch nicht totzukriegen.


Farbe ist alles!  Museum Reinhard Ernst  
                                                          zu Geschmackssachen

Unter dem Titel Manchmal erzählt abstrakte Malerei die besten Geschichten veröffent-licht Stefan Trinks  heute seinen Bericht über die Ausstellung Farbe ist alles! im Museum Reinhard Ernst.

Schatzkiste der freiesten Farbe: Mit dem Museum Reinhard Ernst wird das einzige Museum eröffnet, das einen Komplettüberblick der Abstraktion auf hohem Niveau gibt.

Schätzt man den Unternehmer Reinhard Ernst richtig als großen Freiheitsfreund ein, rührt seine seit den Achtzigern entflammte Leidenschaft für die abstrakte Malerei nicht zum Mindesten daher, dass sie einem keine Vorschriften macht, konkret Dargestelltes auf symbolische Gehalte hin deuten zu müssen und dafür akademische Vorbildung zu benötigen. Die Abstraktion ist eine Zone der Freiheit, wie sie dem Amerika-Fan Ernst zusagen musste, zugleich, wo sie nicht willkürlich ist, eine der äußersten Präzision, die der Japan-Liebhaber stets schätzte, weil hier jeder Strich sitzen muss. Zudem fällt in der ersten von nun im Haus wechselnden Dauerausstellungen „Farbe ist alles!“ auf, wie furchtlos Ernst ...

Frank Stella, The Chase, Second Day, 1988
 
 

Katharina Grosse, Untitled  (KG-M 2010-1004M) 2020 

Toshimizsu Imai, Formation Stream, 1971

Nota. - So ganz freie pulchrituda vaga ist Frank Stellas obiges Gemälde freilich nicht: Es ist eine Illustratuon zu Melvilles Moby Dick, und wenn man das weiß, glaubt man immerhin, eine Harpune zu erkennen. Die Frage, was das bedeuten soll, ist beantwortet, bevor sie gestellt wurde. Es ist keine Abstraktion, aber eine Reduktion ist es auch nicht. Das ist nicht übernaturalistisch, sondern unternaturalistisch.
JE

Freitag, 21. Juni 2024

Welche Frage hat sie noch gleich gestellt?

                                         zu öffentliche Angelegenheite

Sie hat gefragt, ob man bei der Auswahl der Elf statt auf die Leistung besser auf die Hautfarbe hätte achten sollen.
Eine blöde Frage? Aber derzeit anscheinend nicht überflüssig.

 

PS 22. 6.: In irgendeiner Hinsicht ist viellleicht jeder ein bisschen bescheuert. Ich zum Beispiel habe gestern die Aufregung um Frau Göring-Eckard gar nicht verstanden. Heute erklärt man mir, es habe so geklungen, als hätte sie sagen wollen, die Mannschaft habe nur gewonnen, weil Hr. Sané ein N-Mensch ist.

Da muss man erstmal drauf kommen.

 

Zuruf an transatlantische Systematiker* und ihren kontinentalen Rattenschwanz.

                  zu Philosophierungen

Ich glaube, eine Sprache, die wirklich nur aus Begriffen besteht, würde keiner sprechen wollen, weil sie nichts mehr aussagt. Grau mag fünfundsiebzig Schat-tierungen haben, aber die machen es nicht zu einer Farbe. 

*) Systematische Flohknacker.

 

Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE            

Macht Not geselliger?

Makaken, die sich im Schatten eines toten Baumes aufreihen. aus spektrum.de, 20.06.2024     Makaken, die sich im Schatten eines toten Baumes aufreihen  . zu öffentliche Angelegenheiten
 
Makaken:
Hurrikan lässt Affen friedlicher werden
Rhesusaffen gehören zu den streitlustigsten Primaten überhaupt. Das war auf Cayo Santiago nicht anders – bis ein Hurrikan über die karibische Insel zog. Inzwischen leben wesentlich tolerantere Äffchen dort. Wie kam es dazu?

Cayo Santiago ist auch als Monkey Island (Affeninsel) bekannt. Die unbewohnte kleine Insel im Karibischen Meer gehört zu Puerto Rico, die Temperaturen über-steigen dort regelmäßig 40 Grad. Der Hurrikan »Maria« hatte 2017 mehr als die Hälfte der Vegetation dort zerstört, darunter viele der schattenspendenden Bäume. Noch immer ist der Baumbestand weitaus geringer als vor dem Wirbelsturm. Und genau dieser Umstand hatte wohl einen grundlegenden Einfluss auf die Evolution der dort lebenden Rhesusaffen (Macaca mulatta), wie ein Team um Camille Testard von der University of Pennsylvania in »Science« berichtet.

In der Hitze ist der Schatten von Baumkronen eine lebensrettende Ressource. Und genau hier kam die Evolution ins Spiel, wie die Forschenden erläutern: War es zu-vor kein Problem, wenn die Affen aggressiv auf ihren Schattenplätzen beharrten, haben seit »Maria« tolerantere, sich schattige Stellen teilende Rhesusaffen einen Überlebensvorteil – und die Zahl garstigerer Artgenossen nahm ab. 

Gruppe von Rhesusaffen
Rhesusaffen auf der unbewohnten Karibikinsel Cayo Santiago

Das Team untersuchte insgesamt Daten aus zehn Jahren zum Sozialverhalten der Affen. »Vor dem Wirbelsturm hatte das Tolerieren anderer keinen Einfluss auf das Sterberisiko«, erklärte Testard. »Nach dem Wirbelsturm hatten Makaken, die eine überdurchschnittliche soziale Toleranz zeigten – und daher besser in der Lage waren, den Schatten zu teilen – ein um 42 Prozent geringeres Sterberisiko als die-jenigen, die weniger tolerant waren.«

Rhesusaffen zählen zu den Makaken und leben eigentlich in Asien, verwilderte Gruppen zudem in Florida und Puerto Rico. Ihren Status sichern sich vor allem die Männchen durch Schläge, Bisse und Reißen an Fell und Schwanz. »Sie sind bekannt dafür, in einer aggressiven, stark konkurrenzbetonten Gesellschaft zu leben«, sagt Mitautorin Lauren Brent von der britischen University of Exeter. Deshalb seien sie eigentlich nicht besonders gut darin, Ressourcen zu teilen, sei es Nahrung oder Schatten. »Aber in der durch die ökologischen Veränderungen verursachten Hitze, die oft um die 40 Grad beträgt, mussten die Makaken den Raum teilen oder ster-ben.«

Die hinzugewonnene Toleranz betrifft den Fachleuten zufolge auch andere Le-bensbereiche. Die Äffchen, die sich bereitwillig Schattenplätze teilten, verbrächten auch morgens, also vor der Hitze des Tages, Zeit miteinander. »Der Wirbelsturm hat die Spielregeln in der Gesellschaft der Affen verändert«, erklärt Testard.

Die Population von Cayo Santiago müsse aber nicht zwingend so friedfertig blei-ben, wenn die Bedeckung mit Baumkronen wieder den ursprünglichen Zustand erreiche, heißt es in der Studie. Andere Faktoren wie mehr Krankheitsübertragun-gen zwischen den geselligeren Artgenossen der Gruppe könnten die Evolution dann auch wieder in die andere Richtung, also hin zu wenig sozialer Toleranz len-ken. Da sich viele Ökosysteme aufgrund menschlicher Aktivitäten rasch verändern, ist diese Studie auch ein Beispiel dafür, wie eine Art ihre soziale Strategie anpasst, um zu überleben. (dpa/AnL)

 

Donnerstag, 20. Juni 2024

Künstler oder Philosoph.

  van Gogh                                 zu Geschmackssachen,  zu Philosophierungen

Ein Philosoph darf keinen Erfolg haben wollen, sonst bleibt er kein Philosoph. Der Künstler muss Erfolg haben wollen, sonst bleibt er kein Künstler.

Ein Künstler bleibt unglücklich, wenn er keinen Erfolg hat. Der Philosoph nimmt es philosophisch.

Der Unterschied: Die Kunst ist eine gesellschaftliche Instanz. Philosophie ist eine persünliche Marotte.

Ist van Gogh Künstler geblieben oder postum geworden?



 

Um der Wahrheit willen

Mund der Wahrheit, Rom Wahrheitsbrunnen                                                      aus Philosophierungen

Die Würde der Philosophie macht es gerade aus, dass sie sich erlaubt, vom unmit-telbaren Nutzen abzusehen. Sie fragt nach Wahrheit nicht um des Vorteils, sondern um der Wahrheit willen.

"Um der Wahrheit willen"? Was soll das heißen? Wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, dann heißt es: Es ist schöner, um der Wahrheit willen zu leben, als um des Vorteils willen.

Mit andern Worten, die Frage nach der Wahrheit ist sehr wohl eine Frage nach dem Sinn des Lebens. Aber eben eine Frage; das heißt, dass ich meinen eigenen Vorteil nicht von vornherein als einzig mögliche Antwort gesetzt habe.

Erstes Ergebnis: Wahrheit "kommt vor" als Frage.

aus e. online-Forum, 8. 10. 07 



Blog-Archiv

Aus unserer Intelligenz kann noch was werden.

aus derStandard.at, 4. 7. 2024   Sich durch teils komplexe Internetseiten zu navigieren ist eine große kognitive Leistung, sagt Pietschni...