Samstag, 6. Juli 2024

Aus unserer Intelligenz kann noch was werden.


aus derStandard.at, 4. 7. 2024  Sich durch teils komplexe Internetseiten zu navigieren ist eine große kognitive Leistung, sagt Pietschnig. Entgegen häufigen Meinungen lassen uns KI und Digitalisierung nicht verdummen.     zu Jochen Ebmeiers Realien

"Die Kindheit ist die einzige Zeit, wo man noch etwas machen kann"
Frühe IQ-Tests könnten helfen, Schwächen und Begabungen besser zu erkennen, sagt der Intelligenzforscher Jakob Pietschnig. Die Menschheit sei noch lange nicht am Ende der Intelligenz angelangt
 
Interview von Jakob Pallinger

Mit der Intelligenz war es lange Zeit ein Erfolgslauf: Generation um Generation erzielten Menschen in Industriestaaten bei IQ-Tests immer bessere Ergebnisse. Doch seit einiger Zeit stagnieren die Leistungen in Tests, mancherorts gehen sie sogar wieder zurück. "Wird die Menschheit wieder dümmer?", lautet deshalb die Überschrift in einigen aktuellen Medienberichten. Als mögliche Ursachen werden häufig die Digitalisierung und die steigenden Bildschirmzeiten genannt. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, sagt Jakob Pietschnig, Intelligenzforscher an der Universität Wien. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz (KI) ändern nur die Anforderungen an uns und machen unser Wissen spezialisierter. Wir Menschen seien noch lange nicht am Ende unserer Intelligenz angekommen.

Im Interview spricht Pietschnig darüber, was von schnellen Intelligenztests im Internet zu halten ist, wie sinnvoll Intelligenztests bei Bewerbungsverfahren und in Schulen sind und welche Risiken darin schlummern, menschliche Embryos eines Tages anhand ihrer potenziellen Intelligenz auszusortieren.

STANDARD: Im Internet kursieren unzählige Tests, die die eigene Intelligenz messen sollen: Beispielsweise soll man innerhalb von 13 Sekunden inmitten lauter X die Y erkennen. Bei einem anderen soll man drei mathematische Fragen beantworten, um den eigenen IQ zu ermitteln. Auf wieder anderen Seiten soll die Größe von Körperteilen ausschlaggebend für die eigene Intelligenz sein. Was ist von solchen Tests zu halten?

Pietschnig: Solche Tests sind komplett unseriös und besonders absurde Beispiele dafür, was alles als Intelligenztest verkauft wird. Aber auch Tests, die seriöser erscheinen, sind meist keine Intelligenztests, weil sie die Kriterien von wirklichen Intelligenztests nicht erfüllen.

Inwiefern?

Ein Intelligenztest sagt nur dann etwas aus, wenn es auch eine Referenzpopulation gibt, in die die getestete Person hineinfällt. Wenn Sie beispielsweise einen US-amerikanischen Intelligenztest verwenden, um den IQ einer europäischen Person festzustellen, wird das Ergebnis falsch sein. Intelligenztests sind in vielen Fällen kulturabhängig. Wenn Sie in Österreich jemanden fragen, was die Hauptstadt von Burkina Faso ist, werden die wenigsten die richtige Antwort geben, nämlich Ouagadougou. Eine solche Frage ist daher auch nicht geeignet, die Intelligenz einer Person in Österreich zu erfassen. Wobei ich jetzt dahinstelle, ob Geografiefragen überhaupt geeignet sind, die Intelligenz einer Person zu messen.

In 13 Sekunden kann also niemand seine eigene Intelligenz messen?

 Das kürzeste halbwegs zuverlässige Instrument zur Erfassung von einer Domäne der Intelligenz dauert drei Minuten, und was man da rausbekommt, ist auch nicht besonders genau. Zu sagen, es gehe in 13 Sekunden, ist eine absurde Behauptung.

Und wie steht es um Aussagen zur Intelligenz anhand von Kopf- oder Körpergröße?

Das ist hanebüchener Unsinn. Es gibt gewisse Merkmale, die in der Allgemeinbevölkerung Zusammenhänge zur Intelligenz zeigen. Aber erstens sind diese Zusammenhänge sehr, sehr klein und zweitens ist eine Aussage für den Einzelfall absolut unmöglich. Das heißt, nur weil wir wissen, dass es einen sehr schwachen Zusammenhang zwischen dem Gehirnvolumen und dem IQ gibt, bedeutet das nicht, dass ein Mensch mit einem größeren Kopf intelligenter ist.

Im Internet und in Medien kursiert seit einiger Zeit eine weitere These: Nachdem die Menschheit im 20. Jahrhundert immer intelligenter wurde, sei dieser Höhenflug nun gestoppt. Zum Teil gehe die Intelligenz sogar wieder zurück. Was ist an dieser These dran?

Es gibt den sogenannten Flynn-Effekt, der besagt, dass die gemessene Intelligenz in vielen Ländern über weite Teile des 20. Jahrhunderts immer weiter zugenommen hat. Im Zeitraum von hundert Jahren hat sich der gemessene IQ von Menschen um 30 Punkte erhöht. Das ist ein riesiger Effekt. Wenn wir die Testergebnisse von heute beispielsweise mit jenen von vor 100 Jahren vergleichen, stünde die Mehrheit heute an der Schwelle der Hochbegabung. In letzter Zeit ist dieser Trend allerdings inkonsistent geworden.

Jakob Pietschnig leitet den Arbeitsbereich für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik am Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung an der Universität Wien

Die Menschheit wird zum Teil also wieder dümmer?

Das ist zu vereinfachend. Was in der Vergangenheit tatsächlich gestiegen ist, ist nicht der allgemeine Faktor der Intelligenz, der es beispielsweise ermöglicht, in unterschiedlichen Disziplinen wie der Raumvorstellung und in der Rechtschreibung gut zu sein, sondern die spezifischen Leistungen. Man kann sich das wie beim Zehnkampf vorstellen: Trainiert man hauptsächlich den Speerwurf und erzielt dabei mehr Punkte, als man bei den anderen Disziplinen verliert, steigt der Gesamtpunktestand. Irgendwann wird das gleiche Training jedoch nicht mehr so viel zusätzliche Leistung bringen, und die Punkte, die man in den anderen Disziplinen verliert, werden mehr sein als dieser Zugewinn. Ähnlich kann man sich das auch als Tendenz zwischen den Generationen vorstellen. Unsere Generation ist heute wesentlich spezialisierter als früher, weil eine solche Spezialisierung von der Umwelt belohnt wird.

Inwiefern?

Unser Wissen ist viel mehr geworden, man muss viel mehr investieren, um in einem Bereich ein Experte zu werden, als dies noch vor 50 oder mehr Jahren der Fall war. Deswegen ergibt es auch viel mehr Sinn, sich zu spezialisieren. Auch die Digitalisierung nimmt uns einige Dinge ab, die wir nicht mehr so intensiv beherrschen müssen, wie dies früher der Fall war. Gleichzeitig bedeutet das, dass es immer wichtiger wird, dass die Fähigkeiten einer Person genau zu der Aufgabe passen, die diese beispielsweise im Job erledigen soll.

Viele Unternehmen setzen Intelligenztests ein, um die Fähigkeiten ihrer Bewerberinnen und Bewerber zu bestimmen. Wie sinnvoll ist das?

Wenn das nach aktuellen Standards durchgeführt wird, bringt das nicht nur den Unternehmen etwas, sondern auch den Bewerbern, die dadurch einen passenden Job bekommen. Wenn eine Person einen Job bekommt, den sie zwar will, für den sie aber nicht geeignet ist, wird sie damit nicht glücklich werden, weil sie vielleicht ständig Frust und Überforderung erlebt. Leider werden in der Praxis auch viele halbgare Persönlichkeitstests eingesetzt, die wenig aussagen.

Wie sieht es mit Intelligenztests an Schulen aus?

Für die Früherkennung von Schwächen und Stärken sind solche Tests sehr gut geeignet. Es geht dabei nicht darum, Menschen einzuteilen in Gut oder Schlecht, sondern ihnen dabei zu helfen, besser im Leben voranzukommen. Die Kindheit ist die einzige Zeit im Leben, in der man mit der Intelligenz noch irgendetwas Nennenswertes machen kann. Bei schlussfolgerndem Denken steht man mit 20 Jahren am Zenit, ab dann geht es für alle nach unten. Wenn ein Kind eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat, ist es für die Förderung viel besser, das schon zu wissen, wenn das Kind sechs ist, und nicht erst, wenn es zwölf ist. Umgekehrt können damit auch Begabungen besser gefördert werden.

IQ-Tests stehen immer wieder in der Kritik, wichtige Fähigkeiten nicht zu erfassen oder über- oder missinterpretiert zu werden. Liegt darin nicht eine Gefahr?

Das Problem ist, dass Intelligenztests für viele Menschen mit Wertigkeit zusammenhängen. Es gibt die implizite Annahme, dass intelligentere Menschen besser sind als andere. Ich lehne diese Sichtweise ab. Intelligenztests sind objektive Methoden, um kognitive Fähigkeiten zu erfassen. Und die Fähigkeiten, die sie erfassen sollen, sei es Raumvorstellung oder schlussfolgerndes Denken, können sie auch sehr gut erfassen. Solche Tests erheben nicht den Anspruch, die Gesamtheit einer Person zu beschreiben. Wenn man sich das erwartet, hat man eine falsche Erwartung.

Über hochbegabte Menschen heißt es oft, sie seien sozial weniger gut bewandert. Ist da empirisch etwas dran?

Dieses Vorurteil entspringt einem nachvollziehbaren Gerechtigkeitsempfinden. Wir empfinden es als unfair, wenn jemand sehr intelligent und noch dazu sozial erfolgreich ist. Studien haben jedoch gezeigt, dass besonders intelligente Menschen im Schnitt nicht nur erfolgreicher im Beruf sind und mehr verdienen, sondern auch sozial erfolgreicher und gesünder sind.

Können wir als Gesellschaft in Zukunft überhaupt noch intelligenter werden?

Wir stehen sicher noch nicht am Ende. Allerdings wird es vielleicht eher eine Seitwärts- als eine Aufwärtsbewegung geben. Die Künstliche Intelligenz wird verändern, welche Fähigkeiten wir in Zukunft gut beherrschen sollten, und in diesen Fähigkeiten werden wir dann auch besser und besser werden.

Manche sehen KI und die Digitalisierung auch als Gefahr für unsere Intelligenz, wenn diese uns immer mehr Denkleistungen abnehmen. Was halten Sie davon?

Die Digitalisierung und die KI lassen uns nicht verdummen, sondern verändern die Anforderungen an uns. Wir müssen wissen, wie wir Fragen stellen müssen, um mit einer KI kommunizieren zu können und ein sinnvolles Ergebnis zu bekommen. Wir müssen bewerten können, ob die Information von einer KI plausibel ist oder nicht. Es ist heute für viele selbstverständlich, sich durch komplexe Internetseiten zu navigieren, sodass uns überhaupt nicht bewusst ist, was für eine kognitive Leistung das ist. Eine ähnliche Entwicklung werden wir vielleicht auch bei der KI erleben.

Künftig ließen sich Embryos bei der künstlichen Befruchtung möglicherweise anhand ihres Erbguts nach ihrer potenziellen Intelligenz aussortieren. Wie vielversprechend oder gefährlich sind solche Technologien?

Es gruselt mich, wenn ich so etwas höre. Einerseits kann man mithilfe genetischer Merkmale bestimmte Erbkrankheiten abschätzen, was sehr sinnvoll sein kann. Andererseits lässt sich durch solche genetischen Merkmale auch voraussagen, in welchem Bereich sich die Intelligenz aller Wahrscheinlichkeit nach bewegen wird. Wenn man anfängt, Embryos nach diesen Kriterien zu sortieren, wäre das ein Missbrauch der Technologie. Dass man Menschen, die potenziell intelligenter sind, mehr Wert zuschreibt als anderen, ist eine rote Linie, die wir nicht überschreiten sollten. Zudem muss man sagen, dass die Vorhersagekraft von genetischen Merkmalen für die Intelligenz eines Menschen in der Welt, in der wir heute leben, sehr beschränkt ist.

Inwiefern?

Die Umweltbedingungen reduzieren den Einfluss der Genetik auf die Intelligenz sehr stark. Unter Umweltbedingungen fällt, ob sich meine Eltern leisten können, mich in die Schule zu schicken, ob ich Nachhilfestunden bekomme oder ob meine Eltern die richtigen Leute kennen. Nur in einer idealen Welt, in der alle die gleichen Umweltbedingungen haben, könnten wir die Intelligenz anhand genetischer Merkmale vielleicht perfekt vorhersagen.

Im Film Ohne Limit spielt der Schauspieler Bradley Cooper einen erfolglosen Schriftsteller, der mithilfe einer Droge zum Genie wird. Ist ein solches Medikament zur Intelligenzsteigerung eines Tages realistisch?

Die Analogie dazu ist vielleicht das Microdosing, mit dem Menschen etwa im Silicon Valley ihre Leistungsfähigkeit steigern wollen. Aufmerksamkeit lässt sich kurzfristig verbessern. Dass wir allein mit einer Pille intelligent werden, halte ich jedoch für eine Wunschvorstellung.


Nota. - Es rollt mir jedesmal einen Mühlstein vom Herzen, wenn ich die Stimme des gesunden Menschenverstands höre. Kritisch? Ja ja, aber kritisch vor allem auch gegen die Mystifikationen der Wichtigtuer.
JE 

 

 

Freitag, 5. Juli 2024

Donnerstag, 4. Juli 2024

Gerechtere Sprache: Erkennen Sie den Fehler?

 https://static.spektrum.de/fm/912/f640x360/Poeciliopsis_gracilis__1_.jpg                          zu Männlich

"Riechen trächtige Fische schlechter?"

Schwangere Frauen klagen über Vergesslichkeit, aber auch manche trächtige Fische zeigen kognitive Veränderungen: Womöglich ist dadurch ihr Geruchssinn beeinträchtigt.
aus spektrum.de, 4. 7. 2024

Nota. - Was denn - Fischin sagt man nicht? So redet der Chauvinist.
JE


Geschmack und Absicht in der Kunst.

 Vera Mukhina                                                                              aus Geschmackssachen

Es ist offenbar etwas anderes, ob ich von der Kunst als einem kulturellen Faktum, oder von der Kunst als von dem rede, was der Künstler tut. Vor allem dann, wenn ich nach dem Gewicht des Ästhetischen - und, symmetrisch, der Rolle der Absicht - in der Kunst frage.

*

Wobei - dies gleich vorweg - die Frage nach der Absicht nicht dasselbe ist wie die Frage der Gegenständlichkeit. Dass in dem Maße, wie die außerästhetische Absicht aus den Werken schwand, auch die Gegenstände erst verflachten und dann verblass-ten, liegt nahe, und dass sie schließlich ganz verbannt wurden, war psychologisch unvermeidlich. Aber dauern konnte es nicht. Denn für die ästhetische Wahrneh-mung ist es zweierlei, ob eine Absicht schlicht und einfach nicht da ist - Da wird der Beschauer sagen: Da gibt's nichts zu sehen -, oder ob sie aktiv bestritten wird: Dann 'betrachte' ich ein Verhältnis, nämlich das Verhältnis von Gestalt und Absicht selbst.

Das bloße Fortlassen der Gegenstände hatte nur am Beginn der Abstrakten Kunst eine polemische Spitze. Nach einer Weile wurde es selber konventionell, dekorativ und - leer. Malevitch hat den Bogen in nur wenigen Jahren ganz geschlagen. In den fünfziger Jahren war ein Gegenstand auf einem Bild skandalös. Heute ist ein ab-straktes Bild einfach anachronistisch. Selbst Cy Twomblys Kritzeleien deuten Ge-genstände immerhin an.

*

Die ältesten Artefakte der Menschheit, die wir als Kunstwerke ansehen, weil wir einen geschmacklichen Gestaltungswillen am Werk sehen, dürften kultischen Zwecken gedient haben. Was der Kult sonst auch immer sein mag - eine Absicht hat er, und nur davon ist hier die Rede. Irgendwann gilt dann der Kult nicht nur spirituellen, sondern auch weltlichen Mächten. Von Kunst im engeren Sinn könnte man schon reden, soweit die zusätzlich aufgewendete ästhetische Mühe nicht pro-saisch dem Schmuck, sondern einer Weihe des Gegenstands zugedacht ward, die jenseits seiner irdischen Brauchbarkeit liegt. Das Ästhetische hat sich in einem ge-wissen Sinn schon verselbständigt; aber noch nicht als ästhetisches. 

Die Kunst der (italienischen)* Renaissance ist dann ein ständiges Bäumchen-ver-wechsle-dich zwischen dem Schönen als Versinnlichung des Numinosen und den heiligen Berichten als Vorwand für neue Abenteuer des Geschmacks. Hier ist Kunst gewissermaßen zu sich gekommen. Eindeutigkeit zur einen oder anderen Seite kann sich ein begnadeter Exzentriker erlauben - der ist selber fragwürdig -, aber der Main-stream lebt von der Vieldeutigkeit.

Die allerdings dahinschmolz in dem Maß, wie im Rokoko das Heilige nur noch pa-rodistisch als das Schaurige überlebte und die Kunst der Romantik das Vieldeutige geradezu zu ihrem Gegenstand machte. Folglich wird sie zunehmend sich selbst zum Thema. Selbstbezüglichkeit ist ein Kennzeichen der modernen Malerei, unter jedem Bild steht mit Geheimtinte: Na, wie hab ich das gemacht?! Und gedacht hat sich der Maler: Ich hab es so gemacht, weil er es anders gemacht hat.** Das liegt allerdings weit außerhalb aller absichtslosen Betrachtung. Dass der Künstler keine Absicht verfolgte, wer soll das glauben? Der will zur Geltung kommen, das sieht ein Blinder mit dem Krückstock.

Na ja, er muss seinen Lebensunterhalt verdienen, das ist ein mildernder Umstand. Und natürlich muss er dazu auf den Markt schielen, das kann man ihm nicht ver-übeln. Dabei mag manches auf die Leinwand kommen, was seinem eignen Ge-schmacksurteil nicht standhält. Er träumt davon, eines Tages nur mein Eigenes malen zu können. Doch wenn er Pech hat, weiß er, wenn's so weit ist, nicht mehr, was sein Eigenes ist. 

*

Das Problem, dass sein Eigenes nach aller Wahrscheinlichkeit schonmal dagewesen ist, bleibt ihm allerdings nicht erspart. Der Versuchung, hilfsweise die Absicht in die Kunst zurückzutragen, ist schon mancher erlegen, und die Ausflucht in die Selbst-parodie ist längst nicht mehr originell. Andererseits: Ob man dieses darf oder jenes nicht, ist kein ästhetischer Gesichtspunkt. Das Ästhetische kann sich immer nur al-lein rechtfertigen, in jedem Stück neu.

*) Die Renaissance nördlich der Alpen hat es nie bis zum Schönheitskult der Italie-ner gebracht. Sie war immer expressiver. Was wurde ausgedrückt? Erkanntes oder Angeschautes?


**) Das gabs natürlich schon immer, aber nur in kleiner Münze, betreffend die in-dividuelle Kunstfertigkeit. Heute hat jeder seine eigene Kunstphilosophie, und eigentlich dünkt sich jeder unvergleichlich.
24. 6. 18



Mittwoch, 3. Juli 2024

Einbildungskraft und Urteilsvermögen, oder Analog und digital.

                                             aus  Philosophierungen

Die Einbildungskraft liefert den Stoff der Vorstellung – und die Urteilskraft sagt Ja oder Nein dazu. Allerdings 'gibt es' das Ja nur in Gestalt eines ausgebliebenen Nein. Die Urteilskraft ist also "nichts als" die Fähigkeit des Neinsagens. Der Mensch ist das Tier, das nein sagen kann, sagt Max Scheler.

*


Mein Bild passe nicht zu meinem Text, sagen Sie – das Nein der Waage sei vielmehr ein ausgebliebenes Ja? Das ist eben so ein springender Punkt: Die Verneinung lässt sich nicht anschaulich darstellen, nicht im 'analogen' Modus. Anschaulich ist die Ein-bildung. Sie ist dem Urteil voraus-gesetzt. Das, was in der Einbildung 'gemeint' war, müsste durch eine zweiten, nachträglich Akt wieder aufgehoben werden – oder ich ‘lasse es durchgehen’. 

Aber die Frage, ob ja oder nein, lag in jedem Fall dazwischen. Durch sie ist der Stoff meiner Einbildung aus dem Erlebensstrom heraus gehoben und zu diesem (im Unterschied zu allem andern) bestimmt worden. Ich habe ihn begriffen. Der Modus des Begreifens ist der 'digitale' - Begreifen ist Symbolisieren.
 
Die Verneinung lässt sich nur digital darstellen, weil sie erst im Akt des Begreifens möglich wurde.

24. August 2013

*

Fast möchte ich sagen, die mentale Menschwerdung - der aufrechte Gang mit dem Kopf oben - begann, als die ersten unserer Vorfahren entdeckten, dass man nein sagen kann. Das war die Erfindung des Symbols: ein anschaulicher Platzhalter für etwas, das man selber nicht sehen kann.



Nota.
Das obige Foto gehört mit nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 
 

Dienstag, 2. Juli 2024

Begriffe braucht man, wo ein Zweifel ist.

greatmiddleway                                     aus  Philosophierungen

Für das, was sich von selbst versteht, brauche ich keinen Begriff. Es ist, und damit gut. Es sei denn, ich wollte gerade das kritisieren: dass es sich von selbst versteht. Begriff ist Maßstab der Überprüfung. Im täglichen Leben ist er die Ausnahme. Denn ohne die Gewissheit, dass das meiste sich von selbst versteht, brächte ich kaum mal 24 Stunden über die Runden. Würde ich den ganzen Tag nur zweifeln, käme ich nie zum Handeln. Denn nicht jede Handlung ist eine Haupt- und Staats-aktion, die ihrer Letztbegründung bedarf. Das meiste ist ganz alltäglich.

Juni 4, 2009 


Daraus folgt zwanglos, dass das eigentlich produktive Denken gar keine Begriffe braucht - es rauscht mir gewissermaßen wie ein Strom bewegter Bilder durchs Ge-müt. Da wird noch nicht gezweifelt, da ist noch alles positiv. Erst wenn ich es fest-halten und auf seine Tauglichkeit - wozu?! - überprüfen will, kann ich Begriffe ge-brauchen, und vollends, wenn ich es einem andern mitteile. Der Begriff ist - vor allem andern - ein Instrument der Kritik.
Juni 22, 2015 

Auch die Logik ist eine praktische Wissenschaft.

sonnentaler                                    zu  Philosophierungen

Die Grundlage aller ästhetischen Wisssenschaften ist die Anthropologie und die allgemeine praktische Grundwissenschaft. Anthropolgie ist aus Psychologie und Physiologie zusammengesetzt. Die Bildungslehre ist ein Teil derselben. Es gibt ein reine und angewandte Anthropologie. Ihr erster Begriff ist - Menschheit. Durch sie werden aus der allgemeinen praktischen Grundwissenschaft die besonderen Teile abgeleitet - Ästhetik, Moral, Politik, Logik.

Die Logik ist auch eine praktische Wissenschaft. Das ist unleugbar.
_____________________________________________________________________________
Friedrich Schlegel, Aufzeichnungen aus dem Nachlaß (1795/96) in Materialien zu Kants 'Kritik der Urteilskraft', Kulenkampff ed., Frankfurt/M., 1974, S. 195 

 

Nota. - Man will nur wissen, um etwas bewirken zu können. Warum? ist lediglich die Umkehrung von um/zu. Um-zu wird unter Berufung auf Aristoteles der prag-matische Syllogismus genannt; vgl. Henrik von Wright, Erklären und Verstehen, Frankfurt/M., 1974.

Der reflektierende Denker kann absichtsvoll von seinen Absichten Abstand neh-men. Das setzt eine hochentwickelte Denkkultur voraus - die sich freilich nur ausbilden konnte, weil unsere Vorfahren jahrtausendelang viele ihrer Absichten erfolgreich ausgeführt haben.
JE


Montag, 1. Juli 2024

Kunst ist es erst dann...


Helen Frankenthaler, Sea picture with black 1959                                                  zu Geschmackssachen 

...wenn der normale Besucher mehr Zeit zum Hinschauen braucht, als der Rezen-sent zum Abfassen seiner Kritik.

Das ist nicht gegen die Kunstkritik gerichtet; die gehört selber zur Kunst als Instanz. Doch gerade darum ist ihr Urteil ephemer.

 

 

Der einzige Vogel, der auch noch kräht...

  wenn er mit beiden Beinen in der Scheiße steckt, sagt man in Belgien.

Der Absturz von Macrons Liste beweist hinreichend, nämlich nachdem er bald zehn Jahre als Präsident geamtet hat, dass man eine selbstständige und womöglich sieg-reiche Mitte nicht aufbaut, indem man links und rechts die Brosamen zusam-menkratzt, die von den Flügeln abbröckeln. Für einen Charismatiker ist er zu über-heblich, da bliebe ihm nur eine klare programmatische Ausrichtung, zu der alle Üb-rigen Stellung zu nehmen haben - ob sie wollen oder nicht. Jetzt ist seine Boutique zerrieben zwischen zwei Mühlsteinen und kann nicht mal mehr Japp sagen. Innen-politisch war sein Programm immer: Hiervon nicht zuviel und davon nicht zu wenig, und europapolitisch hat seine luftige Rhetorik statt Zuversicht nur ennui verbreitet.

 

Nachtrag. 

Dass Macron sich verzockt hat, ist noch nicht ausgemacht. Was wird er gewollt haben? Er hat wohl mit einem knappen Ergebnis gerechnet, und das könnte er beim zweiten Wahlgang ohne weiteres bekommen. Mme. LePen hat ihr Reservoir wohl schon beim ersten Gang ausgeschöpft - das war früher anders. Jetzt kommt es darauf an, welche Seite am meisten mobilisiert, die Frage ist Dafür oder dagegen?

Macron bleibt ja Präsident, und alle, die LePen nicht wollen, müssen sich ihm unterordnen, weil ohne ihn alles nur viel schlimmer wird. Wenn  Mélenchon sich stur stellt, wird er sich isolieren und Macron eher stärken als schwächen. Die Franzosen haben ein Faible für starke Männer. Ob aber Macron der Rolle als Bonaparte gewachsen ist, kann man bezweifeln. De Gaulle und Mitterand hatten die Nerven dafür; Macron steht sich selbst zu nah.

Wie dem im Innern auch wäre - international könnte er dann wirklich nicht mehr als krähen.

 

 





 

Logik, kritisch gesehen.

logik                                                         aus  Philosophierungen

Die Logik ist weder die Vorrede, noch das Instrument, noch das Formular, noch eine Episode der Philosophie, sondern eine der Poetik und Ethik entgegengesetzte, und koordinierte pragmatische Wissenschaft, welche von der Fo[r]derung der posi-tiven Wahrheit, und der Voraussetzung der Möglichkeit eines Systems ausgeht.

Poetik und Ethik (Challenger-Explosion)

Friedrich Schlegel, Fragmente N°91

 

Nota . Die obigen Bilder gehören mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Sonntag, 30. Juni 2024

John Maynard Keynes.


aus makronom.de, 24. 6. 2024                                       zu Jochen Ebmeiers Realien, zu öffentliche Angelegenheiten

Das Leben des Maynard K.
Manche mögen John Maynard Keynes als Tausendsassa ohne klaren Kompass bezeichnen. Und tatsächlich zeichnete ihn eine bemerkenswerte Flexibilität aus – allerdings gepaart mit einer ebenso bemerkenswerten Fixierung auf ein Ziel. 

Ein Beitrag von Branko Milanovic.

Zach Carters Keynes-Biografie Der Preis des Friedens ist keine typische Biografie. Sie beginnt im Sommer 1914, als Keynes 31 Jahre alt war und an der Prävention einer Bankenkrise in England nach dem Attentat von Sarajevo und dem fast sicheren Abgleiten Europas in den Krieg arbeitete. Das Buch endet weit nach Keynes‘ Tod, als es den Aufstieg des Keynesianismus in den Vereinigten Staaten behandelt. Keynes‘ posthumer Ruhm übertraf bei weitem den nicht unbedeutenden Ruhm, den er zu Lebzeiten erlangt hatte. Möglich wurde dies durch die Adaptierung seiner Politik in den USA.

Dass Carter diese ausgedehnte Perspektive weit über Keynes‘ physisches Ende hinaus wählt, ist durchaus gerechtfertigt. Hätte es die Große Depression und den New Deal nicht gegeben, wäre Keynes‘ Einfluss, selbst unter der Annahme, dass er die General Theory dennoch geschrieben hätte, begrenzt gewesen. Trotz seiner zahlreichen politischen Verbindungen war er in seinem eigenen Land kein großer politischer Prophet. Doch mit dem New Deal und der Politik Roosevelts war ihm der Ruhm sicher.

Tatsächlich spielte Roosevelt für Keynes die gleiche Rolle wie Lenin für Marx. Ohne die Politiker wären sowohl Marx als auch Keynes nur mäßig bekannte politische Ökonomen, Agitatoren und Pamphletisten gewesen. Doch als sie von den Machthabern aufgegriffen wurden (im Fall von Keynes ging dies bis hin zu Reagan), rechtfertigte ihr Schicksal Keynes‘ eigene Ansicht über den Wert von Ideen, die er gegen Ende der General Theory zum Ausdruck brachte:

“Practical men, who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist.”

Auch wenn Carter es nicht ausspricht, zeigt das Buch die grundlegende philosophische Unvereinbarkeit zwischen Keynes und den Österreichern wie Hayek und Mises auf. Beide spielen in dem Buch fast keine Rolle, aber die Unvereinbarkeit zwischen Keynes und ihnen und später der Mont-Pèlerin-Gesellschaft und den Neoliberalen ist für das Verständnis von Keynes grundlegend.

Die Unvereinbarkeit beruht auf dem Unterschied in den Wertesystemen. Für Hayek war der wirtschaftliche Mechanismus des Laissez-faire ein Wert an sich. Die Freiheit des Handels, des Einstellens und Entlassens, die Unantastbarkeit des Privateigentums waren Werte als solche und unabhängig von den Ergebnissen, zu denen sie führten. Tatsächlich glaubten Hayek und Mises, dass sie zu höherem Einkommen und damit zu größerer Zufriedenheit führen würden. Aber selbst, wenn dies nicht der Fall wäre und sie, wie so oft, zu Monopol und Monopolstellung, Depression und Arbeitslosigkeit, politischer Korruption und sozialer Schichtung führten, waren sie dennoch zu verteidigen, weil sie als solche wertvoll waren. Das war Freiheit für Hayek.

Das Ziel der Ökonomik ist es, über sich selbst hinauszuwachsen

Aber nicht für Keynes. Für Keynes war die Wirtschaftstätigkeit, ob Freihandel, gelenkter Handel, staatlich gelenkt oder was auch immer, kein Wert an sich. Sie war ein Werkzeug. Die Wirtschaftspolitik und sogar der wirtschaftliche Fortschritt waren lediglich die Werkzeuge, die der Menschheit das Ende des Mangels und den allgemeinen Überfluss bringen sollten. Überfluss war das Ziel, denn nur unter Bedingungen, in denen materielle Güter keine große Rolle mehr spielen, können wir uns den schönen Dingen des Lebens widmen: Romane schreiben, in die Oper gehen, Filme sehen oder Gedichte komponieren.

Das Ziel der Wirtschaft war es, über sich selbst hinauszuwachsen. Je erfolgreicher die Ökonomik ist, desto weniger brauchen wir sie. Der ultimative Erfolg der Ökonomie als Wissenschaft ist dann gegeben, wenn sie überflüssig wird, wenn die Gesellschaft wie ein gleichmäßiger Zug, der auf einem vorgegebenen Gleis rollt, mühelos Reichtum schafft, ohne dass es jemand merkt. Die Irrelevanz der Ökonomie erlaubt es uns, uns den Dingen zu widmen, die im menschlichen Leben wirklich wichtig sind: Schönheit, Lernen, Kunst und Wissenschaft.

Das Ziel der Ökonomik ist es also, über sich selbst hinauszuwachsen. Diese Sicht der Welt ist Hayek völlig fremd. Wenn die ökonomische Wissenschaft nur ein Werkzeug ist und dieses Werkzeug dann effizienter ist, wenn es vom Staat eingesetzt wird, dann soll es so sein; wenn die privaten Kapitalisten es besser können, dann soll ihnen das Feld offen stehen. Daraus ergibt sich Keynes‘ bemerkenswerter Mangel an dogmatischem Geist: Die Wirtschaftswissenschaft wird nach ihren Ergebnissen beurteilt, nicht nach ihrer inneren Konsistenz.

Nur dank seines Leitmotivs – des Überflusses – konnte Keynes mit bemerkenswerter Leichtigkeit zwischen den verschiedenen Positionen wechseln, die er im Laufe seines Lebens vertrat. Er unterstützte Freihandel, Laissez-faire und den Goldstandard, wenn er der Meinung war, dass dies die beste Kombination für ein zivilisiertes Leben war. Aber er befürwortete auch staatliche Investitionen, die Euthanasie des Rentiers und hohe Zölle, wenn er glaube, dass diese Politiken am effizientesten waren. Was Keynes auszeichnete, war eine bemerkenswerte Flexibilität in Bezug auf die Politik und eine ebenso bemerkenswerte Fixierung auf ein Ziel.

Während die Österreicher dogmatisch waren, war er flexibel, aber seine Flexibilität beruhte nicht auf Unbeständigkeit oder Wankelmütigkeit. Sie beruhte auf der Auffassung, dass die Ökonomik ein Instrument zur Erreichung eines „guten Lebens“ ist.

In marxistischen Begriffen ausgedrückt war dieses Ziel der „Eintritt“ in das „Reich der Freiheit“. Es besteht eine große Ähnlichkeit zwischen Keynes‘ Beschreibung der Post-Knappheitsgesellschaft in Economic possibilities for our grandchildren aus dem Jahr 1936 und Marx‘ Deutscher Ideologie, die ein Jahrhundert zuvor geschrieben, aber erst 1932 in Moskau veröffentlicht wurde (und Keynes nicht bekannt war). Beide waren der Meinung, dass die wirkliche Freiheit erst dann beginnt, wenn die Plackerei der Arbeitsteilung und die Sklaverei gegenüber dem Mammon aufhören. Keynes sagt:

„Die emsigen und zielbewussten Geschäftsmänner mögen uns alle mit sich in den Schoß des wirtschaftlichen Überflusses ziehen. Aber es werden nur solche Menschen sein, die am Leben bleiben können und eine höhere Perfektion der Lebenskunst kultivieren, sich nicht für die bloßen Mittel des Lebens verkaufen, die in der Lage sein werden, den Überfluss zu genießen, wenn er kommt.“

Marx sagt:

„Wo niemand ein ausschließliches Betätigungsfeld hat, sondern jeder sich in jedem Zweig, den er will, verwirklichen kann, regelt die Gesellschaft die allgemeine Produktion und macht es mir so möglich, heute das eine und morgen das andere zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Vieh zu züchten, nach dem Essen zu kritisieren, wie es mir gerade in den Sinn kommt, ohne je Jäger, Fischer, Hirte oder Kritiker zu werden.“

Es ist nicht möglich, unsere Sklaverei gegenüber dem Mammon zu beenden, solange wir nicht alle ausreichend reich oder zumindest ausreichend glücklich mit dem sind, was wir haben, so dass wir nur ein Minimum an Zeit arbeiten und den Rest mit viel schöneren und unterhaltsameren Beschäftigungen verbringen können. Keynes‘ eigenes Leben ist ein Beispiel dafür, wie dieses bessere, großartigere Leben aussehen sollte. Er war Kunstkritiker, Beamter, Journalist, Statistiker, Gestalter internationaler Organisationen und deren schärfster Kritiker, Kunstmäzen, akademischer Wirtschaftswissenschaftler, Börsenjournalist, Gesellschaftspolitiker, Essayist und schließlich Autor der General Theory.

Manche mögen ihn als Tausendsassa bezeichnen. Aber in Wahrheit war Keynes ein Mann der Renaissance, und er war der Meinung, dass die Menschheit erst dann frei sein wird, wenn sich jeder ein Leben leisten kann, das dem entspricht, das er zu leben das Glück hatte.

Zum Autor:

Branko Milanovic ist Professor an der City University of New York und gilt als einer der weltweit renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der Einkommensverteilung. Milanovic war lange Zeit leitender Ökonom in der Forschungsabteilung der Weltbank. Er ist Autor zahlreicher Bücher und von mehr als 40 Studien zum Thema Ungleichheit und Armut. Außerdem betreibt er den Blog Global Inequality, wo dieser Beitrag zuerst in englischer Sprache erschienen ist.

 

Nota. - Zur Ergänzung: Was Roosevelt für Keynes und Lenin für Marx, war Adolf Hitler für Hjalmar Schacht. Ich verstehe nicht, warum, wenn von dem einen die Rede ist, nicht auch der andere erwähnt wird. Denn beide - natürlich nicht Marx - waren die Begründer der sozialdemokratischen Neuordnung in den hochkapitalisti-schen Ländern nach dem 2. Weltkrieg. (Sie haben mich richtig verstanden: auch Schacht. Denn dass der deutsche Normalbürger dazu neigt, dem Staat die Zustän-digkeit für Wirtschaft und Gesellschaft zu überlassen, verdankt er Schacht-Hitlers Volksstaat.)

JE

 

Begriffe waren einmal Bilder.

welse.net               aus  Philosophierungen

Begriffe sind durch häufigen Gebrauch abgeschliffene Bilder. Scharf wurden sie da-bei nur in der einen Hinsicht, in der andern wurden sie glatt und platt.

Aus e. Notizbuch, im Sept. 10

Begriffssystem.

stock                            zu Philosophierungen

Begriffe sind kein Material, um Systeme daraus zu bauen, sondern Instrumente, um deren Haltbarkeit zu prüfen

 

 

Samstag, 29. Juni 2024

Nix gilt.

umkehrung                                                                 aus  Philosophierungen

Im landläufigen  Diskurs der Postmoderne ist analytische Sprachphilosophie – „die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel“ – eine Verbindung ein-gegangen mit dem zeitgemäßen Konstruktivismus: „Sind ja doch alles nur Konstruk-te…“

Die Quintessenz: Nix gilt und Anything goes.

Und wenn man sich die Welt ansieht, wie sie ist, haben sie nicht einmal Unrecht. Einen immanenten Sinn wird man aus der Welt nicht heraus-destillieren. Aber man wird einen Sinn hinein'konstruieren' müssen. Und das tun die Postmodernen ja auch. Indem sie nämlich Sätze sagen, die allgemeine Geltung beanspruchen – näm-lich 1) „die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel“ – und  2) „Sind ja doch alles nur Konstruk-te…“

Recht haben sie: "Es gibt" keine allgemeinen Geltungen.

Unrecht haben sie: Es muss allgemeine Geltung geben, wenn… sinnvolle Sätze möglich sein sollen. Die Sätze Nix gilt und Wahrheit gibt es nicht erheben An-spruch auf Wahrheit und Geltung. Es sei denn, sie verzichteten darauf, für sinnvoll gehalten zu werden.

So würde es wieder stimmen.

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Braucht die Welt einen Sinn? Nein. Ich brauche einen Sinn.

19. 4. 09 

 

 

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Aus unserer Intelligenz kann noch was werden.

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