Sonntag, 29. Oktober 2023

Eine Logik der Unschärfe.

peilen                                                                                    aus Philosophierungen

'Letzten Endes' geht es um das Problem von analoger und digitaler Darstellung. Herkömm-liche Bildung unterscheidet zwischen epistemisch und doxisch. Das eine bezeichnet die von den Gebildeten eruierten Wissenschaften, das andere bezeichnet das Meinen derer, die im Alltag miteinander verkehren. Sie verwenden dieselben Wörter, aber sie sprechen verschie-dene Sprachen. Die Wahrheit der Sprachen ist ihre Rolle bei der Ausbildung der Vernunft: der Absicht, so zu meinen, dass ein anderer eigentlich nur zustimmen kann. Die wissen-schaftlichen Sprachen beabsichtigen das ausdrücklich; aber das haben sie den natürlichen Sprachen abgeschaut, die es selbstverständlich beabsichtigen: ohne dass es jemand ausspre-chen müsste.

Im Alltag, dem wirklichen Leben von Homo sapiens, vermitteln die natürlichen Sprachen den Verkehr Aller mit Allen. Das ist das sachliche Fundament der realexistierenden Ver-nunft. Alle Fach-, Spezial- und Eingeweihtensprachen bauen darauf auf und knüpfen daran an. Sie unterscheiden sich - sofern sie überhaupt vernünftig sein wollen - durch den Grad ihrer Präzision; was aber auch heißt: durch den Grad ihrer Verständlichkeit. Die Alltags-sprache muss allgemeinverständlich sein, um jedermanns Alltag - und nur der ist alltäglich - organisieren zu können; eventuell auftretender Ausnahmefälle ungeachtet. Die mehr oder minder gebildeten Sondersprachen sind davon nur Spezifikationen, die sich rechtferti-gen können nur, soweit ihr spezifischer Zweck gerechtfertigt ist.

Kurz gesagt, die natürlichen Sprachen sind fuzzy - anschaulich und ungefähr -, die fachli-chen Sondersprachen sind digital und präzise; oder beanspruchen es immerhin, und müssen es fachlich bewähren. Haushaltsgeräte können fuzzylogisch sein; Roboter, die Maschinen bauen, könnten es schon nicht mehr.


Fuzzy logic scheint mir den analogen Modus digital darstellen zu wollen. Das wäre techno-logisch ein gewaltiger Sprung nach vorn. Doch logisch material logisch - wäre es ein De-saster. Es würde den Unterschied von Zeichen und Bezeichnetem einebnen. Es könnte je-der quatschen, wie's ihm eben einfällt. Das tun sie sowieso schon? Ja, aber noch kann man es ihnen verweisen. Die Sachen-selbst in ihren Modalitäten auflösen ist seinerseits der Mo-dus der Klugtuerei.

Wenn fuzzy logic sich technologisch erübrigt hat, weil die Rechnerkapazitäten inzwischen Feinheiten verrechnen können, die das wirkliche Bewusstsein sich bloß noch als Ungefähr vorstellen kann, dann kann sie sich nur noch rechtfertigen, indem sie einfacher ist und 'die Ressourcen schont'. Nicht gedanklich, sondern nur noch arbeits ökonomisch.

Das tägliche Leben ist Arbeit aber nur unter den Bedingungen der Arbeitsgesellschaft. Und die befindet sich in ihrem Status moriendi. Das zunächst zu bewältigende Problem ist durchaus nicht mehr die Digitalisierung des Anschaulichen, sondern längst die Befreiung des Vorstellens aus dem Zwang zum Kalkulieren.

Kommentar zu Eine Logik der Unschärfe. JE, 7. 2. 21

 

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