Die Dritte-Welt-Enthusiasten der sechziger, siebziger Jahre waren nicht alle Neophyten. Ein paar waren darunter, die von der Kritik der Politischen Ökonomie schon einiges studiert hatten. Die wussten natürlich, dass in einem ökonomischem Sinn von einer Beteiligung der westlichen Arbeiter an der Ausbeutung der Dritten Welt nicht die Rede sein konnte - näm-lich was deren eigenen Ausbeutungsgrad betraf.
Nun stellt der Ausbeutungsgrad ein Verhältnis zu einer Basisgröße dar: nämlich den Repro-duktionskosten der jeweiligen Arbeitskraft. Und die liegen in den westlichen Ländern un-vergleichlich höher. Sie würden also vom Weltkapital gegenüber den Werktätigen der Drit-ten Welt privilegiert.
Doch sind die Reproduktionskosten der Arbeitskraft im Westen nicht darum hoch, weil hier die Arbeiter aus christlicher Nächstenliebe traditionell mit Hühnchen und erlesenen Weinen verwöhnt würden, sondern weil die Technologie der hiesigen Maschinerien von den Arbei-tern in verstärktem Maße das verlangt, was im Jargon der einschlägigen OECD-Bonzen Kompetenzen heißt. Darauf müssen sie getrimmt werden und das braucht seine Zeit; stör-rische Leute kann man nicht brauchen. Die Arbeitskraft reproduzieren heißt in erster Linie die Arbeitskraft ausbilden.
Auf die Idee sind die Vertreter des Kapitals nicht aus Philanthropie gekommen, sondern weil eine politische Arbeiterbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts (am Ende erfolgreich) darum gekämpft hat, den wachsenden Anforderungn mit besserer Bildung zu begegnen - und zuerst einmal mit einer Beschränkung der Kinderarbeit. Die ihm daraus erwachsenen Ko-sten hat das Kapital wie immer kompensiert, indem es den relativen Mehrwert gestei-gert und die Arbeit intensiviert hat. Und so weiter...
Dass aus alldem ein Transfer von Mehrwert aus der Dritten Welt in den Westen entstanden sei, ist nicht zu erkennen.
Montag, 18. September 2023
Nehmen die Arbeiter in den Industriestaaten an der Ausbeutung der Dritten Welt teil?
theintercept aus Marxiana
28. 6. 18
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