Dienstag, 12. September 2023

Ist Information der Stoff, aus dem die Welt gemacht ist?

  Klistier                                                                     zu Philosophierungen

Die ganze Mystifikation kommt aus dem Wort Information. Wörtlich heißt es nur, dass ein Etwas X einem Etwas Y eine Gestalt (Form, 'Bestimmung', Gehalt?) "eingibt". Das lässt sich auf die mannigfaltigste Weise verstehen. Auf welche Weise - das ist es, worum es im einzelnen immer geht, aber das Etikett I. verkleistert alles.

Wenn ich dir was sage, gebe ich dir eine Information; z. B. "Es ist halb drei". Du weißt jetzt etwas, was ich vor dir wusste und jetzt immer noch weiß. Wir teilen eine Information; aber nicht so, dass du einen Teil hast und ich den andern, sondern wir haben beide gleichviel, ohn dass es durch die Verdoppelung mehr geworden wäre.

Man sieht: Hier liegt das Problem, nicht aber in dem rein zufälligen Gehalt 'es ist halb drei'. Ich kann mir nun einbilden, dabei handle es sich um eine Vergeistigung des Gehalts. Es handelt sich aber um eine Mystifizierung des Akts: "eingeben".

*

Ich meine, ich redete von der Welt außer mir. Wer dort wem was eingibt, ist mir ebenso unzugänglich, wie die spezifische Bedeutung von eingeben in diesem oder jenem Fall. Ich kann mir höchstens 'ein Bild machen', dann das Geschehen in der Welt außer mir beobach-ten und prüfen, ob in dem Geschehen etwas vorkommt, was dem Bild, das ich mir gemacht habe, in einer gewissen (recte: weiterer Vergewisserung bedürftigen) Weise meinem Bild 'entspricht'. Zu dem Zweck stelle ich mit den Dingen in der Welt außer mir Versuche an, die mir neue Bilder sichtbar machen.

Information ist auf jeden Fall das Bild, das ich "eingebe". Das ist einziger Gegenstand der Philosophie, denn von ihm allein verstehe ich etwas: Ich habe es nämlich selber gemacht; verum et factum convertuntur. 

Die Naturwissenschaft will und kann auch gar nichts verstehen. Sie will wissen, ob ihre Mo-delle zutreffen, und das entscheidet sie daran, ob ihre Gleichungen aufgehen. (Dies als Nachtrag zum spekulativen Realismus.)

Kommentar zu Ist Information der Stoff, aus dem die Welt gemacht ist? 17. 2. 19



Was ist falsch daran, wenn ich sage, nachdem ich gegen einen Stein getreten und ihm eine bestimmte Flugrichtung mitgeteilt habe, ich hätte ihm  "Information" gegeben? Es kommt immer auf den Sinnzusammenhang an, in den diese Formulierung passt oder nicht passt. Es ist mystifizierend und wichtigtuerisch, das Wort in allen erdenklichen und am liebsten jenen Fällen zu gebrauchen, wo es nichts sagt, nämlich keine zusätzliche 'Information' mit-teilt. Und wo passt es? Überall da, wo darauf abgesehen wird, dass einem Etwas eine Eigen-schaft von außen hinzugefügt wird. Wo ein Organismus eine Eigenschaft sponte sua aus sich heraus entwickelt, ist es sinnlos und irreführend, wenn man sagt, er habe sich selber 'eine Information gegeben'.

Womit das Wort seine eigentliche Spitze nicht an dem bekommt, was es bezeichnet, son-dern an dem, was es folglich nicht bezeichnet: Die unter Didaktikern gängige Vorstellung, 'Wissen' käme schlechthin nur als 'Information' zu Stande, entlarvt sich dadurch als später Widerhall des plumpsten philosophischen Dogmatismus. Tatsächlich geschieht Information ja nicht aus dem Umstand, dass sie 'gegeben' oder 'genommen' wird, sondern indem eine Organismus sie 'sich zu eigen' macht. Erst diese Einsicht macht die Frage nach dem Anteil sinnvoll, den der freie Wille dabei spielt – und der Einfluss, den die Didaktik auf ihn neh-men kann. Merke: Nicht die Nachricht 'in/formiert' den Organismus, sondern ihre Zur-kenntnisnahme.  
Kommentar zu 'Information' als Wortschleier. 5. 5. 16





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