aus welt.de, 5. 1. 2024 zuJochen Ebmeiers Realien,, zu Männlich
Als Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. die Kimbern und Teutonen gegen die römischen Grenzen anstürmten, waren die Legionäre entsetzt über die Größe und Wildheit der Invasoren, die in mehreren Schlachten ganze Heere vernichteten. Selbst nachdem es Rom gelungen war, die Migranten schließlich zu stoppen, wurden ihre Größe, Stärke und die blauen Augen zu Topoi von Kriegern aus dem Norden, vor denen sich selbst ihre germanischen Nachbarn im Süden fürchteten.
Dass dieses Klischee nicht nur von der Panik über den „Furor teutonicus“ diktiert wurde, sondern darin auch ein Fünkchen Wahrheit steckte, hat jetzt ein Team um die amerikanische Genetikerin Samantha Cox von der University of Pennsylvania herausgefunden. Dafür untersuchten die Wissenschaftler die Überreste von 1535 Europäern, die in der Jungsteinzeit, also zwischen 6000 und 4000 v. Chr., in verschiedenen Teilen des Kontinents lebten.
Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler zum einen das Erbgut von 230 Menschen aus dem Neolithikum, untersuchten die chemische Zusammensetzung der Zähne und Knochen von 873 Individuen und maßen bei 391 Steinzeitleuten die Oberschenkelknochen, die Rückschlüsse auf ihre Körpergröße zulassen. Ein Ergebnis bestätigte zum einen die These, dass die frühen Sesshaften, die ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Ackerbau und Viehzucht zu gewinnen suchten, deutlich kleiner und auch kränker waren als die Jäger und Sammler des Mesolithikums. Zum anderen zeigte sich, dass das Größenverhältnis zwischen Männern und Frauen im Norden 1,14 betrug, während es im südlichen Mitteleuropa auf bis zu 1,09 sank.
Weil genetische oder pathologische Ursachen dafür jedoch nicht ausgemacht werden konnten, schlagen Samantha Cox und ihre Mitautoren ein Erklärungsmodell vor, das kulturelle Faktoren einbezieht: Männer, so die These, wurden im Norden gegenüber ihren Frauen bevorzugt, weil sie etwa einen privilegierten Zugang zu Nahrungsmitteln hatten oder im Alltag über Rückzugsmöglichkeiten verfügten, die ihnen eine bessere Regeneration ermöglichten.
Zwar litten beide Geschlechter unter den Anforderungen der Umwelt, doch fanden die Männer offenbar Wege, um sich von diesen Belastungen besser zu erholen als ihre Frauen. Im Unterschied dazu erklären die Forscher den deutlich geringeren Größenunterschied der Geschlechter im Mittelmeerraum damit, dass es dort „keine kulturelle Präferenz für den Schutz männlicher Individuen vor den Auswirkungen von Umweltstress gab“. Es zeige sich, so das Resümee des Teams, dass die Kultur im frühneolithischen Europa mehr als Umwelt oder Genetik geschlechterspezifische Ungleichheiten verstärkte.
Auch belegen die Daten, dass die durchschnittliche Größe der mediterranen Männer im Neolithikum deutlich geringer war als die ihrer im Norden lebenden Geschlechtsgenossen. Ein Phänomen, das bis zu einem gewissen Grad noch heute gilt. Die medizinische Datenbank „NCD Risk Factor Collaboration“ hat ein Größen-Ranking von Menschen aus 193 Ländern erstellt. Spitzenreiter sind mit einem Median von 177 Zentimetern die Niederländer, gefolgt von Montenegro und den Nordeuropäern aus Estland, Dänemark und Island (Deutschland muss sich mit einem 19. Platz begnügen).
Für die Legionäre Roms nimmt der Archäologe Marcus Junkelmann in seinem grundlegenden Buch über die römische Militärmacht des Kaiserreichs eine Mindestgröße von 1,63 Meter an. Die in den Quellen genannten 1,75 Meter dürften dagegen allenfalls in Eliteeinheiten erreicht worden sein. Ausgrabungen in germanischen Gräbern belegen, dass einzelne Gegner der Legionen diese wohl überragten. Doch scheint sich die körperliche Überlegenheit der Barbaren aus dem Norden in der klassischen Antike bereits um einiges abgeschliffen haben.
Dann kanns ja wohl nur die Unterückung der Frau gewesen sein...
aus derStandard.at, 11. Dezember 2023,
Die größten sind heute die Niederländerinnen und Niederländer: Die Frauen, die im Jahr 2000 dort geboren wurden, messen im Schnitt etwas über 170 Zentimeter, die Männer knapp 184 Zentimeter. In Österreich halten wir zum Vergleich bei 167 Zentimetern beziehungsweise 178 Zentimetern – macht Platz 24 in der weltweiten Statistik.
Körpergröße wird traditionell sowohl mit genetischen wie auch umweltbedingten Faktoren (nature and nurture) in Zusammenhang gebracht, wobei laut jüngeren Studien mehr als 10.000 Genvarianten rund 40 Prozent der Varianz erklären. Was darauf hindeutet, dass insbesondere die Ernährung ("nurture" im wörtlichen Sinne) wichtiger zu sein scheint.
Bei einem Blick auf das Größenverhältnis der beiden Geschlechter ergibt sich ein Wert, der zwischen 1,06 und 1,08 schwankt: Auf eine 1,70 Meter große Frau kommt statistisch gesehen ein Mann, der – siehe die Niederlande – zwischen 1,80 und 1,84 groß ist. Wie aber war das früher? Und was lässt sich daraus für das Leben in vorgeschichtlichen Zeiten schließen?
Umfangreiche Analysen alter Knochen
Diesen Fragen ging ein Team rund um die US-Genetikerin Samantha Cox (Universität Pennsylvania) nach, das die Überreste von 1.535 Menschen der Jungsteinzeit analysierte, die vor 8.000 bis 6.000 Jahren in verschiedenen Teilen Europas lebten. Die Forscherinnen und Forscher lasen zum einen das Erbgut von 230 dieser Menschen aus. Zudem gewannen sie Einblicke in ihre Ernährung, indem sie in die Knochen eingebaute chemische Elemente analysierten (bei 873 Menschen). An den Zähnen und Knochen fand man wiederum Hinweise auf Krankheiten (bei 606 Menschen). Außerdem haben sie bei 391 Skeletten die Oberschenkelknochen abgemessen, aus deren Länge man auf die Körpergröße schließen kann.
Dabei zeigte sich zum einen, dass diese frühen Bäuerinnen und Bauern kleiner sowie kränker waren als die Jäger und Sammler in der Altsteinzeit. Zum anderen ermittelten die Forschenden, dass die Größenunterschiede zwischen Männern und Frauen vor rund 7.000 Jahren insbesondere im Norden Europas deutlich ausgeprägter waren, als sie es heute in Europa sind. Allerdings gab es erhebliche geografische Unterschiede, berichtet das Team am Montag im Fachblatt "Nature Human Behaviour": In Regionen nördlich von Österreich lag das Verhältnis bei 1,14. Im südlichen Mitteleuropa – wozu auch Österreich zählt – betrug es 1,09 und auf dem Balkan 1,11.
Zum Vergleich: Nur in manchen Gesellschaften der modernen Welt, etwa in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Indien, gebe es laut wissenschaftlicher Literatur heutzutage Werte in der Höhe von 1,10, und diese seien für ihre kulturelle Vorliebe für männliche Kinder bekannt. Was aber waren die damaligen Gründe für die stärker ausgeprägten Geschlechterdifferenzen? Es war wohl ähnlich wie heute, wie die Forschenden schreiben, zu denen auch Nicole Nicklisch und Kurt Alt vom Zentrum für Natur- und Kulturgeschichte des Menschen der Danube Private University in Krems gehören.
Soziokulturelle Benachteiligung
Sie fanden für die jungsteinzeitliche Größendiskrepanz nämlich keine erkennbaren genetischen, ernährungs- oder krankheitsbedingten Ursachen. Sie gehen daher davon aus, dass die Härten des neolithischen Lebens beim männlichen Geschlecht eher gemildert worden sind als beim weiblichen. Das habe sich letztlich auch in den größeren Größendifferenzen niedergeschlagen.
Weil Vieh und Getreide umso schlechter gediehen, je weiter nördlich man lebte, waren die Unterschiede im nördlichen Mitteleuropa deutlicher als im südlichen. Denn im Mittelmeerraum gab es offensichtlich in der Frühsteinzeit keine Bevorzugung der Männer. Davon zeugt ein quasi "übermodernes" Geschlechtergrößenverhältnis von 1,05. Die Männer zählten zudem zu den kleinsten im jungsteinzeitlichen Europa. Auch das ist heute in vielen südeuropäischen Ländern noch ähnlich wie damals. (tasch, APA)
Originalpublikation:
Nota. - Wenn sich ein sachlicher Grund nicht positiv nachweisen lässt, dann wirds ersatz-weise ja wohl... . Was denn sonst? Das, mein Junge, ist Wissenschaft!
JE
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