Sonntag, 31. März 2024

Der ist eine Gefahr für ganz Europa.

                                   zu öffentliche Angelegenheiten

 

 

 

Sie hat eine Warze am linken Knie...

                                  zu öffentliche Angelegenheiten

...und mahnt an, dass Mensch*innen mit einer Warze am Knie endlich sichtbarer werden.

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

 

Leitkultur?

            zu öffentliche Angelegenheiten

Die westliche Kultur ist schlechthin universalistisch. Mit ihr ist jede kulturelle Leistung im Prinzip kompatibel; Sie wissen, was das heißt?

Sie setzt einen Rahmen. Leitungen hat sie keine.

 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Die Kindheit Jesu.

 
aus derStandard.at, 31. 3. 2024         Nolde, Jesus bei den Schriftgelehrten             zu Jochen Ebmeiers Realien; zu Levana,

Warum die Kindheit von Jesus gern verschwiegen wird
Das Kindheitsevangelium nach Thomas gehört zu den apokryphen Schriften, die nicht Teil der Bibel sind. Es behandelt eine Lebensphase, die im Neuen Testament fehlt
 

Die Bibel, genauer gesagt das Neue Testament, erzählt die Geschichte des Jesus von Nazareth. Sie beginnt mit den Umständen seiner Geburt und endet mit seinem Tod am Kreuz. Doch bei genauerer Betrachtung ist diese Beschreibung unvollständig: Wir sehen Jesus als Neugeborenen. Wer sich fragt, was er für ein Mensch war, hört hauptsächlich Geschichten eines Mannes in seinen Dreißigern, abgesehen von einer Episode von Jesus im Alter von zwölf Jahren. Die Kindheit fehlt in der Bibel.

Die Suche nach Informationen über die Kinderjahre von Jesus führt zurück zu den Ursprüngen der Bibel und zu einigen der sonderbarsten Texten der christlichen Mythologie, die sich trotz Verboten großer Beliebtheit erfreuten.

Kindheits-"Evangelium"

Die Kindheitsgeschichten über Jesus gehören zu den sogenannten Apokryphen. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bezeichnet "Verborgenes". Da Jesus von Nazareth selbst keine Schriften hinterließ, setzt sich die christliche Glaubensschrift aus gesammelten Erzählungen zusammen. Aufgeschrieben wurden sie mit Jahrzehnten Verspätung, als die frühchristliche Gemeinde feststellte, dass der Heiland nicht so bald zurückkommen würde wie anfangs erwartet.

 

 

Die Bibel enthält jedoch nicht alle bekannten Jesus-Erzählungen, sondern ging aus einem Auswahlprozess hervor, der Kanonisierung. Der Prozess erstreckte sich über Jahrhunderte und ist selbst Gegenstand von Mythen. Um den Status der Bibel als Glaubensschrift zu rechtfertigen, muss aus theologischer Sicht ein Wirken des Heiligen Geistes bei der Auswahl der Schriften angenommen werden. Erzählungen über die Kindheit von Jesus schafften es nicht in die engere Wahl. Eine Sammlung solcher Geschichten stammt aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, wird einem gewissen Israeliten Thomas zugeschrieben und behandelt die Kindheit von Jesus bis zu seinem zwölften Lebensjahr.

Wunder und Aggression

Es handelt sich um eine lose Sammlung von Geschichten, die zum großen Teil von Wundern erzählen, bei denen es sich manchmal um Heilungen handelt. In diesem Sinn ähneln sie den Bibelerzählungen um den erwachsenen Jesus.

Doch es gibt Abweichungen, die ganz und gar nicht zu dem bekannten Bild von Jesus aus dem Neuen Testament passen. Als ein Kind beispielsweise einen von Jesus erbauten Damm an einem Fluss mutwillig zerstört und die aufgestauten Becken austrocknen, lässt Jesus den Jungen ebenfalls "austrocknen". Was damit gemeint ist, erläutert der Hinweis auf das Wehklagen über das Leben des Jungen, das so früh zerstört worden war.

Noch konkreter wird eine weitere Geschichte, in der Jesus von einem Kind angerempelt wird. Jesus sagt: "Du sollst deinen Weg nicht weitergehen", woraufhin das Kind hinfällt und verstirbt. Als sein Ziehvater Josef ihn deshalb auf Anraten der eingeschüchterten Gemeinde zur Rede stellt, verschont Jesus Josef nur gnadenhalber, lässt aber dessen Einflüsterer erblinden.

"Lass ihn nicht hinaus"

Jesus wird hier als jähzornig und nachtragend beschrieben, der "selten in christlicher Weise handelt", wie es der Bibelforscher Keith Elliott von der Universität Leeds ausdrückt. Andere vergleichen die Geschichten mit Satire. Das Bild zieht sich jedenfalls als roter Faden durch die Erzählungen. Einen Lehrer, der ihn schlägt, lässt er ohnmächtig werden, sodass er aufs Gesicht fällt. Der Jähzorn des jungen Jesus ist so berüchtigt, dass Josef einmal Maria bittet, ihn nicht vor die Tür zu lassen. "Denn die, die seinen Zorn erregen, sind des Todes."

An anderer Stelle steht diesen Taten durchaus mildes Wunderwirken entgegen. Als ein Junge namens Zenon von einem Dach fällt und tot ist, wird Jesus verdächtigt, ihn gestoßen zu haben. Jesus weckt den Gefallenen kurzerhand wieder auf, um sich von ihm vor versammelter Gemeinschaft entlasten zu lassen. Um Nächstenliebe geht es hier offenbar nicht. Andere Wundertaten aus diesen Jahren sind begleitet von der Forderung "denkt an mich".

Nur eine der Erzählungen findet sich tatsächlich in der Bibel wieder: Es ist jene des zwölfjährigen Jesus, der im Tempel die Schriftkundigen mit seiner Intelligenz beeindruckt.

Geschichte eines Kindsgottes

Die meisten der Kindheitsgeschichten stehen mit ihrer Drastik in starkem Kontrast zu den kanonischen Bibelerzählungen. Einen wütenden Jesus gibt es auch in der Bibel, als er die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertreibt und dabei gewalttätig wird, sie mit einer "Geißel aus Stricken" attackiert und Tische umwirft, aber sonst dominiert die Erzählung von Gewaltverzicht.

Vorbilder dafür gibt es in der antiken Literatur. Einerseits entspricht Jesus als Zwölfjähriger im Tempel dem "puer senex", einem "greisen Jungen", der zu klug für sein Alter ist. Diese Erzählung findet sich etwa in vielen Biografien von Königen aus der römischen Kaiserzeit und dem Hellenismus. Der Jähzorn hingegen erinnert an hinduistische und ägyptische Erzählungen über launische Kindsgötter, wobei ein tatsächlicher Zusammenhang nicht belegt ist.

Zahlreiche Versionen und Sprachen

Die Kindheitsgeschichten von Jesus sind heute wenig bekannt, waren aber beliebt und weitverbreitet. Es gibt sie in verschiedenen Versionen und Sprachen. Die Erzählung von der Erweckung der Tonvögel findet sich sogar im Koran wieder.

Die Kirchenleitung sah die Beliebtheit der Kindheitserzählungen über Jesus mit Argwohn. Mehrere Päpste sprachen sich dagegen aus, das Kindheitsevangelium nach Thomas wurde im sogenannten Decretum Gelasianum bereits im fünften Jahrhundert verboten.

Als Verbote nicht die gewünschte Wirkung hatten, wurde als Kompromiss im achten und neunten Jahrhundert eine Sammlung jener Geschichten herausgegeben, die harmlos genug für das gemeine Volk waren. Sie ist als "Pseudo-Matthäus" bekannt und konzentriert sich stark auf die Figur der Maria. Die Geschichten finden sich heute noch in den christlichen Traditionen. So sind etwa Ochs und Esel fixer Bestandteil vieler Weihnachtskrippen. In der Bibel sucht man sie vergeblich


Nota. - Der jähzornige Jahwe musste auch erst heranreifen, ehe er sich zum Chri-stentum bekehren konnte. Womöglich haben auch ihn erst Schriftgelehrte aus sich herausgelockt.
JE

Einbildungskraft (anschaulich)


Samstag, 30. März 2024

Schwach wie Flasche leer.

fotocommunity                                                   zu öffentliche Angelegenheiten

 Wozu hat er den Posten denn haben wollen, wenn er ihn dann doch nicht ausfüllt?

 

Überwoke Chirurgie.


aus dpa                                                                                                   zMännlichzu öffentliche Angelegenheiten

In einem Krankenhaus in Prag ist es zu einer furchtbaren Verwechslung gekom-men. Eine schwangere Frau ist zu einer Routinekontrolle gekommen – und bekam eine Abtreibung.

Nota. - Ich fürchte, das wird doch alles etwas zu leicht genommen. Muss ein Junge, der zu einer Blinddarmoperation ins Krankenhaus gebracht wird, demnächst befürchten, als Mäd-chen wieder rauszukommen?
JE

Das deutsche Nationalepos.


 aus welt.de, 28. 3. 2024           Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622- 1676)                zu Geschmackssachen

Als Grimmelshausen in den Krieg verschleppt wurde
Im Kriegswinter 1634/35 nähern sich Reiter der Festung Hanau. Auf dem zugefrorenen Wallgraben spielen Flüchtlingskinder. Die Kroaten entführen sie. Manche von ihnen kommen gegen Lösegeld frei – doch eine Waise löst niemand aus.

Die Reiter, die sich im Kriegswinter 1634/35 Hanau nähern, führen nichts Gutes im Schilde. So kalt ist es, dass die Kinzig zugefroren und der Festungsgraben von Eis bedeckt ist. Hier hat der schottische Generalmajor Jakob von Ramsay den Oberbefehl. Er steht in Diensten des protestantischen Schwedenkönigs. Stadt und Festung sind überfüllt mit Geflüchteten.

Auch eine Waise ist unter ihnen. Geflohen war der zwölf- oder 13-jährige Hans Jakob aus dem verwüsteten Gelnhausen, wo er, nachdem der Vater jung gestorben und die Mutter sich wiederverheiratet hatte, beim Großvater aufwuchs. Hans Jakob ist bei den Kindern, die sich aufs Eis auf dem Wallgraben wagen. Sie wollen Enge, Hunger und Elend für kurze Zeit entkommen, müssen nun aber noch Schlimmerem ins Auge sehen. Denn die Reiter unter Oberst Marco von Corpes, der später in Schillers „Wallenstein“ einen Auftritt haben wird, ergreifen und verschleppen die Kinder ins nahe Büdingen, von wo aus die meisten zwar bald gegen ein Lösegeld ihrer Eltern den Rückweg antreten dürfen. Doch niemand löst eine Waise aus. So kommt Hans Jakob, den der Krieg bereits aus der großväterlichen Backstube vertrieben hatte, selbst in den Krieg. Er bleibt bei den Reitern, Kroaten im Dienste der Kaiserlichen. Der Krieg wird ihn bis zum Friedensschluss 1648 – und darüber hinaus – nicht mehr hergeben.

Ein fürchterliches Schicksal, ohne Frage. Zu Recht verurteilen bis heute Normaldenkende militärische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ohne Wenn und Aber – ganz unabhängig von Kriegszielen. Dass Hans Jakob, wäre er nicht „unter die Reiter“ gekommen, nicht der geworden wäre, der er wurde, ist aber auch klar. Es wäre ein Schaden gewesen, für die Literatur, aber auch für den Jungen, der auf den Nachnamen Grimmelshausen hörte und mit seinen Büchern, publiziert unter anagrammatischen Pseudonymen wie Melchior Sternfels von Fuchshaim oder Illiteratus Ignorantius Idiota, zum ersten deutschen Bestsellerautor wurde.

Johann Jakob von Grimmelshausen hat uns mit seinem „Abenteuerlichen Simplicissimus Teutsch“, erschienen 1688 unter dem Namen German Schleifheim von Sulsfort, den noch Goethe für eine historische Person hielt, etwas Großes hinterlassen. Nämlich „wahrhaftigere Bilder aus der deutschen Vergangenheit“, so hat es Hans Magnus Enzensberger formuliert, „als alles, was Gustav Freytag und Felix Dahn uns beschert haben, ja als der ganze Ploetz von vorn bis hinten: nicht Rekonstruktion, sondern Anschauung ohne Hinterabsicht, und Zeugenschaft von unten.“

Den Krieg zu überleben, war die eine Voraussetzung dafür, die andere war Bildung. Die, so mutmaßen es Heiner Boencke und Hans Sarkowicz in ihrer hinreißenden Grimmelshausen-Biografie, stammte auch aus den Büchern, die Hans Jakobs Stiefgroßvater, ein Frankfurter Buchhändler, verlegte. Überleben, das war eine andere Schule. Ob Hans Jakob wie sein pikaresker Held bei den Kroaten auch das „Fouragieren“ lernte, wissen wir nicht. Dass es heute als Kriegsverbrechen gelten würde, ist gewiss, bestand es doch darin, dass man „auf die Dörfer ausschwärmt, um zu dreschen, zu mahlen, zu backen, zu stehlen und zu nehmen, was man findet, auch um die Bauern zu quälen und zu ruinieren und sogar ihre Mägde, Frauen und Töchter zu schänden!“

Simplicius verlässt den Oberst Corpes, der immer lachte, „wenn ihm jemand eine Laus von der Jacke las“, irgendwann still und heimlich, wirbelt weiter im Strudel des Dreißigjährigen Krieges herum. Sein Autor könnte sich unter denen gefunden haben, die hessische Truppen am 12. März 1635 den Kroaten abnahmen. Ihr Obristleutnant jedenfalls berichtete nach Kassel: „Ich habe der deibischen jungen 10 und 4 kerls noch alhir sitzen, sie kosten mir mehr als die deibe wehrt sein“.

 

Nota. - Man muss sie lesen als das dreifache deutsche Nationalepos - Wolframs Parzival, Grimmelshausens Simplicius und Eichendorffs Taugenichts: der Antibil-dungsroman vom tumben Tor, der durch alle Fährnisse immer nur der wird, der er von Anbeginn war.

Nicht zu vergessen, dass Deutschland ohne den Dreißigjährigen Krieg ein anderes geworden wäre, als es ist. 
JE

Freitag, 29. März 2024

Einsatz westlicher Bodentruppen ist völkerrechtlich statthaft.

 
aus FAZ.NET, 29. 3. 2024                                                                         zu öffentliche Angelegenheiten

Ein Einsatz von Bodentruppen durch ein NATO-Land in der Ukraine würde nach Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nicht automatisch alle anderen NATO-Länder zu Konfliktparteien machen. Zwar würde der betref-fende Staat selbst zur Konfliktpartei, wie aus einem noch unveröffentlichten soge-nannten Sachstand der Expertenabteilung des Parlaments hervorgeht. „Handelt der Nato-Mitgliedstaat dabei unilateral – also nicht im Rahmen einer vorher beschlosse-nen NATO-Operation und außerhalb militärischer Nato-Kommandostrukturen – werden dadurch weder die NATO als Ganzes noch die anderen NATO-Partner-staaten zu Konfliktparteien“, heißt es in dem Papier weiter, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

 
Nota. - Nie zu vergessen, dass Putin sich ums Recht einen feuchten Dreck schert...
JE

Körperbilder des Mittelalters.

Mit dem Leben in der Natur bilden «Wildleute» mit zotteligen Haaren eine Gegenwelt zu den strikten Idealen der höfischen Gesellschaft. Wirkteppich mit «Wildmann», Hirsch und Widder, Basel, um 1480, Wollwirkerei. aus nzz.ch, 22. 3. 2024    Wirkteppich mit «Wildmann», Hirsch und Widder, Basel, um 1480.     zu öffentliche Angelegenheiten

Zwischen Gott, Moral und Freizügigkeit
Das Mittelalter war besessen von widersprüchlichen KörperbildernDas Landesmuseum Zürich zeigt, wie unterschiedlich der Körper vonseiten der Kirche, in der Medizin und in der höfischen Gesellschaft wahrgenommen wurde.

von Stephanie Caminada

Der Körper ist allgegenwärtig. Er wird beurteilt, reguliert, inszeniert, begehrt, gepflegt und optimiert. Er wird diskutiert im Zusammenhang mit Diversität und Diskriminierung, Machtmissbrauch und sexueller Gewalt. Zusammen mit dem Geschlecht spielt der Körper eine zentrale Rolle bei der Suche nach Identität. Einmal beschreibt er ein definierbares Objekt mit gesellschaftlichen Idealen, ein andermal die Selbstwahrnehmung. Menschen sind an einen Körper gebunden, von der Geburt bis zum Tod.

Mit dem Titel «begehrt. umsorgt. gemartert.» wirft das Landesmuseum Zürich einen kulturhistorischen Blick auf die Auffassung des Körpers im christlich geprägten Europa vom 10. bis zum 15. Jahrhundert. Und zeigt: Die Menschen haben sich bereits im Mittelalter äusserst intensiv mit dem Körper beschäftigt.
«Der Ritter und seine Schöne» von Israhel van Meckenem spiegeln Schönheitsideale: Enge Beinkleider mit Schamkapsel und Schnabelschuhe galten als modisch. Die Frau trägt die Zöpfchenfrisur der Unverheirateten.
«Der Ritter und seine Schöne» von Israhel van Meckenem spiegeln Schönheitsideale: Enge Beinkleider mit Schamkapsel und Schnabelschuhe galten als modisch. Die Frau trägt die Zöpfchenfrisur der

Am Anfang steht die Geburt, die Nacktheit, Sinnbild eines naturnahen, ungeformten Zustands. Kaum sind sie geboren, werden Säuglinge aber in Leinen gewickelt, ihre Körper fügen sich in die Gesellschaft. Die Hülle wird von sozialen Normen geprägt und passt sich entsprechend der Veränderung der Normen an. Nach gelebtem Leben werden die Menschen eingehüllt wie Kokons zu Grabe getragen.

Ein Gemälde von Adam und Eva zeigt in der Ausstellung die nach der biblischen Schöpfungsgeschichte letzten Menschen ohne Schamgefühl. Es ist eines der wenigen Motive der christlichen Kunst, die es Malern ab dem 9. Jahrhundert erlaubten, entblösste Körper darzustellen. Doch bereits in diesem Bild bedecken sie mit einem Feigenblatt ihre Geschlechtsorgane, wenn auch nur zufällig und spärlich, und verstecken sich damit vor Gott.

Die mittelalterlichen Vorstellungen des Körpers sind geprägt von der kirchlichen Moral. Der Körper ist eine Schöpfung Gottes und deshalb heilig. Gleichwohl ist das ewige Leben der Seele nach dem Tod viel wichtiger. Es dreht sich alles um die Zweiteilung zwischen einer äusseren Erscheinung, die zeitlich begrenzt ist, und einem Inneren, das frei von Sünden und der Last des Körperlichen ins Paradies aufsteigen wird. Eine reine Seele hat einen reinen, gesunden Körper.

Körperliches Leiden ist in der mittelalterlichen Kunst omnipräsent: etwa in der siebenteiligen Serie von 1490 aus Wien/Kassa zur Legende der Zürcher Stadtheiligen Felix, Regula und Exuperantius, die ihre Qualen stoisch ertrugen.
Körperliches Leiden ist in der mittelalterlichen Kunst omnipräsent: etwa in der siebenteiligen Serie von 1490 aus Wien/Kassa zur Legende der Zürcher Stadtheiligen Felix, Regula und Exuperantius, die ihre Qualen stoisch ertrugen.

Gleichzeitig gilt der Körper als Wohnort der Sünde, die sexuelle Lust gefährdet die göttliche Ordnung. Sexualität wurde von der Kirche nur in der Ehe geduldet, nur in einer bestimmten Stellung und nur zur Fortpflanzung. Sexuelle Praktiken ausserhalb der Ehe und «widernatürliche» Handlungen wie gleichgeschlechtliche Akte, Masturbation oder oraler Verkehr wurden im Kirchenrecht ab dem 12. Jahrhundert unter Strafe gestellt.

Der biblische Sündenfall sorgte dafür, dass die Frauen seit Eva als Verführerinnen galten, getrieben von ihrem sexuellen Wesen. Der Mann war immer der Verführte. So drehten sich etwa rechtliche Debatten um sexuelle Nötigung und Gewalt im Hoch- und Spätmittelalter um die Frage, ob die betroffene Frau den Täter sexuell gereizt und dabei selbst Lust verspürt habe.

Die Männer, vernünftige und beherrschte Wesen, wurden hingegen als tölpelhaft, närrisch oder unzurechnungsfähig abgestempelt, wenn sie die Kontrolle über ihre Triebe verloren. Die Prostitution war gang und gäbe. Sie wurde als notwendiges Übel angesehen, das schlimmere moralische Gefahren von der Gemeinde fernhielt. Denn ausserehelicher Verkehr führte zur Ächtung von unverheirateten Frauen. Um die Sittlichkeit der ehrbaren Frauen zu gewährleisten, wurden die «öffentlichen» Frauen markiert, etwa mit einem gelben Band.

Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts kommen Schnabelschuhe aus feinem Leder in Mode. Sie werden ein Standeszeichen der höfischen Gesellschaft. Gotischer Schuh aus Leder, um 1420, Schloss Issogne, Norditalien.
Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts kommen Schnabelschuhe aus feinem Leder in Mode. Sie werden ein Standeszeichen der höfischen Gesellschaft. Gotischer Schuh aus Leder, um 1420, Schloss Issogne, Norditalien.

Auch wenn die Kirche eine strenge Sexualmoral vorgab, war das Mittelalter nicht so prüde, wie man sich das vorstellt. Die Medizin empfahl Lust und Beischlaf sogar ausdrücklich als Gesundheitsvorsorge. Dass das tatsächliche Leben im Widerspruch zwischen Erotik und Moral stand, zeigen verschiedene überraschende Exponate in der Ausstellung.

Zum Beispiel höfische Schnabelschuhe, deren Spitzenlänge mit erotischen Untertönen besetzt war. Kleiderordnungen mahnten damals, dass man es mit dem Schnabel nicht übertreiben solle. Daneben hängt eine Zeichnung eines Jünglings. Mit einem langen Dolch zwischen seinen Beinen bestürmt er eine Jungfrau und verliert in seiner Wollust die Trippe, den hölzernen Unterschuh.

Dass den Menschen im Mittelalter erotische Gefühle nicht ganz geheuer waren, zeigt billiger und massenhaft hergestellter Schmuck. Die Bedeutung der obszönen Tragezeichen aus Blei-Zinn ist ungewiss. Sie wurden wohl für verschiedene Zwecke an die Kleidung genäht oder angesteckt und waren in ganz Westeuropa verbreitet.

Eines der Motive könnte als Sinnbild der sexuellen Abhängigkeit von Männern gegenüber Frauen gedeutet werden: Drei Phalli mit langen Beinen tragen eine gekrönte Vulva wie bei einer Prozession auf einer Bahre. Es könnte aber auch die Prozessionen der katholischen Kirche verspotten.

Ein anderes Zeichen zeigt eine Vulva mit Flügeln und einer Krone oder einen Phallus mit Beinchen und einem Glöckchen an der Eichel, der auf eine Vulva zuläuft. Darunter steht die Inschrift «Pintel in», was so viel bedeutet wie «Penis rein». Gefunden wurden sie in den Niederlanden beziehungsweise in Belgien.

Die personifizierten Genitalien handeln scheinbar eigenwillig und unkontrollierbar. Der Mensch ist seinem Körper gewissermassen ausgeliefert, er macht sich manchmal so ungewollt wie unpassend bemerkbar.

Im Heilbad vergnügen sich Jung und Alt und tauschen bei Speis, Trank und Musik Intimitäten aus. Wegen des «Sittenzerfalls» in den Bädern und der Verbreitung der Syphilis werden zu Beginn des 16. Jahrhunderts gemischte Badehäuser geschlossen. Hans Bock d. Ä., «Das Bad zu Leuk», um 1597.
Im Heilbad vergnügen sich Jung und Alt und tauschen bei Speis, Trank und Musik Intimitäten aus. Wegen des «Sittenzerfalls» in den Bädern und der Verbreitung der Syphilis werden zu Beginn des 16. Jahrhunderts gemischte Badehäuser geschlossen. Hans Bock d. Ä., «Das Bad zu Leuk», um 1597.

Höfische Ideale und utopische Gegenwelt

Körperkult gab es schon damals. Die höfische Gesellschaft trieb grossen Aufwand mit Kosmetik und körperlicher Ertüchtigung oder verbrachte ihre Zeit in Badehäusern. Die Eitelkeiten spiegelt ein um das Jahr 1470 auf Deutsch verfasstes Traktat an die höheren Stände. Es liest sich wie eine moderne Anleitung für einen Coiffeur: wie man sich die Haare rot, schwarz oder golden färbt oder das «Grau vertreiben mag», wie man das Haar glättet, verlängert oder entfernt.

Höfische Frauen trugen ihr Haar bis zur Heirat kunstvoll geflochten, dann wurde es verhüllt. Bei den Männern waren lange, gelockte Haare das Ideal. Eine reine, hell gepuderte Haut und dezent geschminkte Gesichter galten als Zeichen von Schönheit, Gesundheit und Jugend. Der Rest der Bevölkerung musste sich aber mit einem Besuch eines Bades und mit einem Läusekamm begnügen.

Ebenso eindringlich wie mit dem eigenen befasste man sich mit «anderen» Körpern. Körpern, die von der Norm abwichen, wurde mit grosser Verunsicherung begegnet. Dazu gehörten etwa Kleinwüchsige, zweigeschlechtliche Menschen oder Menschen mit Deformationen. Sie wurden exotisiert, als «Fehler der Natur» beschrieben oder unter dem Begriff «monstra», Lateinisch für Wunderzeichen, als unheilvolle Omen gesehen. Der Kirchenvater Augustinus (354–430) hingegen sah sämtliche Abweichungen als Ausdruck der schöpferischen Vielfalt.<

Beschrieben wurde bis ins 15. Jahrhundert auch die mögliche Existenz von «Wundervölkern». Zum Beispiel «Wildleute», porträtiert auf Wandgemälden oder Bildteppichen. Mit ihren nackten, behaarten Körpern standen sie für eine utopische Gegenwelt jenseits moralischer Normen. Sie widerspiegelten die unkontrollierbare Natur und warfen die Frage auf, inwiefern sich der Mensch vom Tier unterscheidet. Reiseberichte in weit entlegene Länder wie die des italienischen Händlers Marco Polo erwähnten solche «Wundervölker» und machten sie populär.


Tanz und Lust: Zu schriller Musik verrenken vier Männer sinnlich-ekstatisch ihre Körper vor den Augen der Schaulustigen. Die junge Frau hält einen Ring als Preis empor. Das Werben ist anstössig und der Narr unter ihnen Sinnbild für unanständiges sexuelles Treiben. «Der Moriskentanz», Israhel van Meckenem, letztes Drittel des 15. Jahrhunderts, Kupferstich.

Tanz und Lust: Zu schriller Musik verrenken vier Männer sinnlich-ekstatisch ihre Körper vor den Augen der Schaulustigen. Die junge Frau hält einen Ring als Preis empor. Das Werben ist anstössig und der Narr unter ihnen Sinnbild für unanständiges sexuelles Treiben. «Der Moriskentanz», Israhel van Meckenem, letztes Drittel des 15. Jahrhunderts, Kupferstich.

Der tote Körper als Alltäglichkeit


Allgegenwärtig waren das Leiden, die Gewalt und der Tod. Der Körper war in ständiger Gefahr. Mit dem Entstehen grosser Städte im 14. Jahrhundert lebten Mensch und Tier auf engstem Raum. Krankheiten wie die Pest konnten sich rasch ausbreiten. Auch damit stand der Körper im Mittelpunkt. Ausgeliefert einem Verfall, den man mit den damaligen Mitteln der Medizin nicht aufhalten konnte.

Die Beschäftigung mit dem toten Körper war fast obsessiv. Angefangen mit der Figur Jesus Christus am Kreuz, die überall zu sehen war. Die Angehörigen waren besorgt um das jenseitige Schicksal der Verstorbenen. Und die Kirche regelte auch diesen letzten Moment des Körpers: die Aufbahrung, Einsegnung und Bestattung. Die zahlreichen Darstellungen wie Totentänze inszenierten die Gleichheit der Menschen vor dem Tod.

Die Ausstellung im Landesmuseum verdeutlicht, dass das Verständnis des Körpers von den vielen widersprüchlichen Stimmen abhängig ist, die über ihn sprechen, ihn kontrollieren oder pflegen. Im Mittelalter gaben die Kirche, die Medizin und die höfische Gesellschaft den Rahmen dafür.

Die Ausstellung «begehrt. umsorgt. gemartert.» im Landesmuseum Zürich ist bis zum 14. Juli zu sehen.

Laut dem Alten Testament verliert Hiob als reicher Mann alles und erkrankt an eiternden Geschwüren. Kraft seines Glaubens überlebt er die Krankheit. Er wird zum Sinnbild für die Überwindung von unverschuldetem Leiden durch Krankheiten. Pseudo Bartolomeo di Giovanni, «Hiob auf dem Krankenlager», um 1475, Pappelholz.
Laut dem Alten Testament verliert Hiob als reicher Mann alles und erkrankt an eiternden Geschwüren. Kraft seines Glaubens überlebt er die Krankheit. Er wird zum Sinnbild für die Überwindung von unverschuldetem Leiden durch Krankheiten. Pseudo Bartolomeo di Giovanni, «Hiob auf dem Krankenlager», um 1475, Pappelholz.

 

Nota. - Vom finsteren Mittelalter ist seit einem halben Jahrhundert nicht mehr die Rede. Stattdessen wird auf Festen und Mittelaltermärkten die Legende gesponnen, als sei damals das Leben heiter, prall und lustig gewesen. Dies ist so abwegig wie jenes es war. 'Früher war alles besser' stimmt auch dann nicht, wenn man noch ein paar Epochen weiter zurückgeht. Den Garten Eden gab es gar nicht. Und wird es nicht geben, weil man sich nie darauf verständigen wird, wie er sein soll.* Und das ist auch gut so.
*) Warum nicht? Weil es immer ein paar gibt, die es noch besser haben wollen.
JE

 

Donnerstag, 28. März 2024

Toleranz kann keiner von mir verlangen.

                                               zu öffentliche Angelegenheiten

Toleranz ist eine private Tugend, so wie Geduld, guter Geschmack, Umgänglichkeit und Humor. Schön, wenn's die Leute haben; Pech, wenn nicht. Das ist wie gutes und schlechtes Wetter. Die öffentliche Ordnung hängt nicht davon ab.

In einem Rechtsstaat kann ich verlangen, dass ich in dieser und jener Hinsicht un-behelligt bleibe, es gibt eine Linie, wo der Zutritt Anderer endet und ab wo ich selbst bestimmen kann, was sein darf und was nicht. Und das ist dieselbe Linie, ab der die andern über ihrs verfügen können. Der Rechtsstaat erlässt dazu kodifizierte Regeln, und ob einer nett ist und einen guten Charakter hat, spielt gar keine Rolle.

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Die Neuzeit - eine erste Globalisierung.


aus welt.de, 27. 3. 2024                         Veronese-Fresko, um 1560                                     zu öffentliche Angelegenheiten
 
Als Europa seine erste Globalisierung erlebte
Angst vor dem Islam, Glaubenskriege und Exotisches aus aller Welt: Die Kulturwissen-schaftlerin Marina Münkler weiß, warum uns das 16. Jahrhundert mit seinen Konflikten so nahesteht. Brauchen wir wieder eine „Heilige Liga“?
 

Pagageien zum Beispiel. Gewiss waren einzelne Arten in Europa schon seit der Antike bekannt, doch zum Statussymbol vornehmer Familien avancierten sie erst im 16. Jahrhundert – als Importware aus der Neuen Welt. Zum Beweis besichtige man die Palladio-Villa Barbaro in Venetien, wo der exotische Vogel auf einer Balustrade herumspaziert, gemalt vom berühmten Veronese, der ihn in seiner Scheinarchitektur nebst Hausherrin, Nanny und Hündchen in Szene zu setzen wusste.

Der Eigentümer der Villa war maritimer Sonderbeauftragter der Seerepublik Venedig, einem damals noch wichtigen Player des Welthandels. Veronese und andere renommierte Maler der Epoche wurden seinerzeit auch beauftragt, die Seeschlacht von Lepanto ins Bild zu bannen. Anno 1571 siegte die „Heilige Liga“, eine Art Christen-EU unter Führung der Spanier, über die Osmanen. Das Gemäldeaufkommen zum Top-Ereignis der Epoche ist nur eines der Medien, mit denen Marina Münkler, Professorin für Mittelalterliche und Frühneuzeitliche Literatur und Kultur an der TU Dresden, „das dramatische 16. Jahrhundert“ gelungen ins Visier nimmt.

Auch Flugschriften zur Neuen Welt und Berichte gekidnappter Christen, die von den Osmanen berichten, sind Thema in Münklers Buch. „Anbruch der neuen Zeit“ ist eine der Sachbuch-Perlen der Saison, weil es jenseits aller Jubiläen und platten Aktualisierungen ganz viel kann. Zunächst einmal betrachtet es eine Epoche, die im Rahmen tradierter Epochenerzählungen oft nur isoliert vorkommt: entweder als Reformationszeitalter mit Luther oder als italienische Renaissance, entweder als Zeitalter der Seefahrer und Entdeckungen oder als Humanismus.

Frühe Neuzeit ist ein schillernder Oberbegriff, der unklar lässt, wie global und lokal verschlungen sich viele Phänomene schon zeitgenössisch darstellten, Globalgeschichten wie von Wolfgang Reinhard oder zuletzt Wolfgang Behringer wollen dem Rechnung tragen, werden allerdings sehr schnell sehr dickleibig, wenn sie nicht wie Heinz Schilling in „1517“ nur Schlaglichter auf ein einzelnes Jahr werfen wollen.

Münkler geht den Mittelweg. Obwohl oder gerade weil sie keine klassische Historikerin ist, erschließt sie mit ihrem Geschichtswerk ein Zeitalter, das für ihren Zugriff prädestiniert scheint, denn die frühe Neuzeit lebte nicht zuletzt von dramatischen Augenzeugenberichten und Erzählungen. Mit der Auswertung von Geschichten über die Fremde (etwa durch Marco Polo) hat sich Münkler einen Namen gemacht, bevor sie zuletzt gemeinsam mit ihrem Mann, dem Politologen Herfried Münkler, einige Debatten-Sachbücher veröffentlichte.

Marina Münklers 16. Jahrhundert möchte nun ausdrücklich kein weiteres Mal Michelangelo, Dürer oder Machiavelli bedenken, sondern drei grundlegende Konfliktlinien der Zeit: die Eroberung der neuen Welt, die Expansion des Osmanischen Reiches und die Glaubenskriege durch die Konfessionsspaltung in Europa. Alle drei Konflikte beginnen vor und enden nach dem 16. Jahrhundert, wie Münkler selbst betont.

Die Stärke ihres Buches entfaltet sich in den Kapiteln, in denen sie Texte von Zeitzeugen zu den drei Konflikten referiert und kommentiert. Etwa von Amerigo Vespucci, dem der Doppelkontinent Amerika seinen Namen verdankt und der fast schon als Hochstapler gilt, weil man nicht weiß, ob er viermal oder nur einmal in der Neuen Welt war. Jedenfalls hat er mit seinem Brief „Mundus Novus“, der als Flugschrift in ganz Europa verbreitet wurde, für Furore gesorgt. Analog anschaulich macht Münkler den „Türkenfurcht“-Diskurs des 16. Jahrhunderts, immerhin rückten die Osmanen 1529 bis vor die Tore Wiens. Berichte wie die des Genuesen Giovanni Antonio Menavino, der als zwölfjähriger Knabe auf dem Mittelmeer entführt und Serailpage in Konstantinopel wurde, beeindrucken in ihrer Doppelcodierung als Aufklärung über und Propaganda gegen den Islam.

Wer Muße für mehr als 500 Seiten mitbringt und etwas über die Verschränkung von Militär-, Handels-, Glaubens- und Mediengeschichte lernen will, wird im Buch von Marina Münkler ein erhellendes Epochenporträt der Frühen Neuzeit vorfinden.

Marina Münkler: Anbruch der neuen Zeit. Das dramatische 16. Jahrhundert. Rowohlt Berlin, 544 S., 34 Euro

Auf Europa kommt was zu.

Tagesspiegel




Mittwoch, 27. März 2024

Gibt es das Nichts doch?

Spiral galaxy NGC 1512, located 30 million light-years away from Earth, is seen in an undated image from the James Webb Space Telescope. NASA, ESA, CSA, STScI, Janice Lee (STScI), Thomas Williams (Oxford), and the PHANGS team/Handout via REUTERS THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY  
aus welt.de, 27. 3. 2024        Die 30 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie NGC 1512       zu Jochen Ebmeiers Realien

Das ultimative apokalyptische Szenario
Das Vakuum ist nicht einfach nur „nichts“. Im Raum an sich steckt Energie und ständig entstehen und vergehen darin Teilchen. Das Vakuum kann sogar Kräfte auf Materie ausüben. Und: Das Vakuum könnte sogar zerfallen und so das gesamte Universum vernichten. 

Der niederländische Physiker Hendrik Casimir machte 1948 die Vorhersage, dass zwei parallele, sich nah gegenüberstehende Metallplatten im Vakuum eine Anzie-hungskraft spüren – ohne dass sie dafür elektrisch aufgeladenen werden müssen. Entgegengesetzte Ladungen, plus und minus, ziehen sich ja grundsätzlich an. Das ist Schulphysik.
Das Vakuum ist nicht einfach nur „nichts“. Im Raum an sich steckt Energie und ständig entstehen und vergehen darin Teilchen. Das Vakuum kann sogar Kräfte auf Materie ausüben. Und: Das Vakuum könnte sogar zerfallen und so das gesamte Universum vernichten.
 
Der niederländische Physiker Hendrik Casimir machte 1948 die Vorhersage, dass zwei parallele, sich nah gegenüberstehende Metallplatten im Vakuum eine Anzie-hungskraft spüren – ohne dass sie dafür elektrisch aufgeladenen werden müssen. Entgegengesetzte Ladungen, plus und minus, ziehen sich ja grundsätzlich an. Das ist Schulphysik.

Doch hier geht es um etwas anderes. Der Casimir-Effekt, wie das Phänomen später getauft wurde, basiert auf mysteriösen Eigenschaften des Vakuums. Das ist tiefste Quantenphysik. Den experimentellen Beweis, dass Casimirs Vorhersage kein Hirn-gespinst war, lieferten 1956 sowjetische Wissenschaftler.

Erklären lässt sich der Casimir-Effekt durch sogenannte Fluktuationen des Vaku-ums. Aus den Gesetzen der Quantenphysik lässt sich nämlich ableiten, dass das Vakuum niemals nur ein „Nichts“ sein kann. Vielmehr ist es erfüllt von Quanten-feldern, aus denen permanent Teilchen, auch geladene Teilchen, geboren werden, die nach unvorstellbar kurzer Zeit aber wieder verschwinden. Physiker sprechen deshalb auch von „virtuellen Teilchen“. Aus den Gesetzen der Quantenphysik folgt zwingend, dass das Vakuum an sich immer einen gewissen Energiegehalt besitzt.

Das Vakuum befindet sich nicht im Zustand der niedrigsten Energie

Das brachte Wissenschaftler auf die spekulative Frage, ob das Vakuum neben einem Grundzustand mit minimaler Energie nicht vielleicht auch in einem angeregten Zu-stand mit einer höheren Energie befinden könnte. Theoretischen Betrachtungen zeigen, dass man dies nicht ausschließen kann. In unserem Universum könnte sich das Vakuum und damit der Raum selbst nicht im Zustand der niedrigsten Energie, sondern in einem höheren Energiezustand befinden. Das würde dann bedeuten, dass das Vakuum metastabil ist und es irgendwann zu einem Übergang in den Grundzustand kommen könnte.

Ein solcher Phasenübergang wäre das ultimative apokalyptische Szenario. Ausge-hend von einem Punkt, an dem das Vakuum zuerst zusammenbricht, würde sich eine Kugelwelle mit Lichtgeschwindigkeit im Universum ausbreiten, die dieses uns bekannte Universum mit seinen physikalischen Gesetzen und Phänomenen schlag-artig vernichten würde. So etwas würde sich nicht ankündigen und schon gar nicht hätten wir Menschen es in der Hand den Zerfall des Vakuums aufzuhalten. Schwups, wäre einfach alles von einem Moment auf den anderen weg – immerhin schmerzfrei.

Aus Berechnungen, in die unter anderem die Masse des Higgs-Bosons und des Top-Quarks eingehen, folgern Physiker, dass sich unser Universum wahrscheinlich in einem metastabilen Zustand befindet. Das mag zunächst besorgniserregend klingen. Doch andererseits existiert unser Universum bereits seit rund 14 Milliarden Jahren, ohne dass es in diesem Zeitraum zu einem Phasenübergang in den Grundzustand gekommen wäre. Offensichtlich nicht.

Ob das Vakuum zerfallen wird, können wir nicht wissen

Und die Rechnungen der Wissenschaftler zeigen, dass unser Vakuum wohl noch mindestens weitere zehn Milliarden durchhalten wird – wahrscheinlich aber noch viel länger. Insofern muss sich an dieser Stelle niemand Sorgen machen. Es gibt eine Vielzahl realistischerer Bedrohungen für die menschliche Zivilisation – etwa ein großer Asteroid mit einem Kollisionskurs zur Erde.

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Bliebe noch die Frage, ob der Übergang des Vakuums in seinen Grundzustand nicht durch irgendein Ereignis stimuliert werden könnte – etwa durch eine sehr große Energiekonzentration an einem Ort im Quantenfeld des Vakuums? Es gibt in der kosmischen Strahlung Teilchen mit einer extrem hohen Energie – mit mehr als 10 hoch 20 Elektronenvolt. Diese Energie reicht offenbar nicht aus, um das Vakuum aus seinem metastabilen Zustand zu schubsen – denn sonst wäre es längst geschehen und es würde diesen Text hier gar nicht geben.

Allerdings kann man spekulieren, dass wir wahrscheinlich längst noch nicht alle Phänomene im Universum kennen und dass möglicherweise – vielleicht im Kontext von Schwarzen Löchern – hochenergetische Vorgänge möglich sind, die das Vakuum unseres Universums zerstören könnten. Ob das Ende unseres Universums so aussehen wird, das werden wir nie erfahren. Die Thematik des metastabilen Vakuums wurde indes im Wissenschaftsthriller „Feuermondnacht“ (Westkreuz-Verlag) fiktional verarbeitet.

 

Nota. - Wie der Zufall will, habe ich vor ein paar Tagen in meiner kindlichen Un-schuld in mein Notizheft dieses eingetragen: 

'Leerer Raum'. - Ein Raum, der leer wäre, wäre kein Raum. Raum ist er, weil Etwas in ihm ist. Das ist die anschauliche Auffassung. Die neuere Auffassung müsste sein: ein Raum, der ungekrümmt ist. 'Das, was' ihn krümmt, muss nicht als Punkt, als Nukleus gedacht werden, sondern als ein 'Quantum von Krümmung', nämlich eine Dosis schwacher Wechselwirkung = Gravitation. Die kann man sich als unendlich verdünnbar denken; aber vorstellen kann man auch dies nicht. Wo nichts mehr wirkt, ist nichts. Wie ist es aber mit 'so gut wie nichts'? 

Löcher im Raum müssten überall auftreten, wo keinerlei Wechselwirkung geschieht. Ach - ist oder messbar ist? 14. 3. 24

 
Das ist kein wissenschafticher Einwand, der steht mir nicht zu. Das ist eine Rück-frage des gesunden Menschenverstands, der bei allem, was ihm zu denken gegeben wird, sich auch etwas vorstellen will - und sich sagen lassen musste, dass das in der höheren Physik dieser Tage nicht immer möglich ist.
JE
 

 

Dienstag, 26. März 2024

Den Flow gibts wirklich.


aus Tagesspiegel.de, 25. 3. 2924                                                                                zu Jochen Ebmeiers Realien
 
Wie Leidenschaften therapeutisch wirken  
Flow-Erleben könnte Herz und Kreislauf schützen
Die eine erlebt es beim Geige spielen, der andere beim Sortieren von Briefmarken. Nun haben Forschende untersucht, ob der „Flow“ positiv auf die Gesundheit wirkt.
Menschen, die leichter als andere völlig in einer Tätigkeit aufgehen können, sind – bemessen an ihrem Seelenzustand und dem Zustand ihres Herz-Kreislaufsystems – gesünder. Daher wird angenommen, dass die Flow-Erfahrung, die Momente des Aufgehens, eine Schutzwirkung haben.

Allerdings handelt es sich bei den bisherigen Studien hauptsächlich um Querschnittsstudien, die auf Selbstauskünften der Teilnehmenden basieren. Um Ursache und Wirkungen zu überprüfen, hat ein Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und von der University of Melbourne, Australien, jetzt Gesundheitsdaten von fast 10.000 Menschen ausgewertet.

Ergebnisse im Einklang

„Ein kausaler Zusammenhang war bisher nicht eindeutig nachgewiesen“, wird Co-Autorin Miriam Mosing vom MPIEA zitiert. Bisherige Studien hätten auch nicht überprüft, ob – umgekehrt – psychische Gesundheitsprobleme, zu einer geringeren Neigung zu Flow führen, oder ob weitere Faktoren vorliegen, die sowohl dem Gesundheitszustand als auch der Flow-Neigung zugrunde liegen können. Das könnten etwa genetische Einflüsse sein, Umweltfaktoren oder Persönlichkeitsmerkmale.

Wie das Team kürzlich im Fachjournal „Translational Psychiatry“ berichtete, ergab die Datenanalyse, dass Personen mit einer höheren Neigung zu Flow-Erfahrungen ein geringeres Risiko für Depressionen, Angstzustände, Schizophrenie, bipolare und stressbedingte Störungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Am deutlichsten war dieser Effekt bei Depressionen und Angstzuständen.

Darüber hinaus untersuchte das Team erstmals, ob Neurotizismus die beobachteten Zusammenhänge beeinflusst und ob familiäre Faktoren eine Rolle spielen.

Neurotizismus ist ein Begriff für die Neigung einer Person, emotional unausgeglichen und leicht reizbar zu sein. Menschen mit hohen Neurotizismuswerten sind anfälliger für Stress und psychische Probleme sowie für Herz-Kreislauf- und andere körperliche Erkrankungen.

„Die Neigung zu Flow ist auch unter Berücksichtigung dieser Faktoren mit einem deutlich geringeren Risiko für Depressionen und Angstzustände verbunden“, sagt Co-Autorin Laura Wesseldijk vom MPIEA. Damit stünden die Ergebnisse im Einklang mit einer Schutzfunktion von Flow-Erfahrungen.

Die Forscherinnen und Forscher weisen jedoch darauf hin, dass zusätzliche Untersuchungen erforderlich sind, um den Zusammenhang weiter aufzuklären.

Doch die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend: Behandlungen, die Flow-Erfahrungen fördern, könnten Gesundheit und Wohlbefinden verbessern.


Nota. - Ein Flow stellt sich beim Vorstellen ein; nicht mehr beim Reflektieren
JE

 

 

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