zu öffentliche Angelegenheiten
...und mahnt an, dass Mensch*innen mit einer Warze am Knie endlich sichtbarer werden.
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
Die westliche Kultur ist schlechthin universalistisch. Mit ihr ist jede kulturelle Leistung im Prinzip kompatibel; Sie wissen, was das heißt?
Sie setzt einen Rahmen. Leitungen hat sie keine.
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
aus derStandard.at, 31. 3. 2024 Nolde, Jesus bei den Schriftgelehrten zu Jochen Ebmeiers Realien; zu Levana,
Die Bibel, genauer gesagt das Neue Testament, erzählt die Geschichte
des Jesus von Nazareth. Sie beginnt mit den Umständen seiner Geburt und
endet mit seinem Tod am Kreuz. Doch bei genauerer Betrachtung ist diese
Beschreibung unvollständig: Wir sehen Jesus als Neugeborenen. Wer sich
fragt, was er für ein Mensch war, hört hauptsächlich Geschichten eines
Mannes in seinen Dreißigern, abgesehen von einer Episode von Jesus im
Alter von zwölf Jahren. Die Kindheit fehlt in der Bibel.
Die Suche nach Informationen über die Kinderjahre von Jesus führt zurück zu den Ursprüngen der Bibel und zu einigen der sonderbarsten Texten der christlichen Mythologie, die sich trotz Verboten großer Beliebtheit erfreuten.
Die Kindheitsgeschichten über Jesus gehören zu den sogenannten Apokryphen. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bezeichnet "Verborgenes". Da Jesus von Nazareth selbst keine Schriften hinterließ, setzt sich die christliche Glaubensschrift aus gesammelten Erzählungen zusammen. Aufgeschrieben wurden sie mit Jahrzehnten Verspätung, als die frühchristliche Gemeinde feststellte, dass der Heiland nicht so bald zurückkommen würde wie anfangs erwartet.
Die Bibel enthält jedoch nicht alle bekannten Jesus-Erzählungen, sondern ging aus einem Auswahlprozess hervor, der Kanonisierung. Der Prozess erstreckte sich über Jahrhunderte und ist selbst Gegenstand von Mythen. Um den Status der Bibel als Glaubensschrift zu rechtfertigen, muss aus theologischer Sicht ein Wirken des Heiligen Geistes bei der Auswahl der Schriften angenommen werden. Erzählungen über die Kindheit von Jesus schafften es nicht in die engere Wahl. Eine Sammlung solcher Geschichten stammt aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, wird einem gewissen Israeliten Thomas zugeschrieben und behandelt die Kindheit von Jesus bis zu seinem zwölften Lebensjahr.
Es handelt sich um eine lose Sammlung von Geschichten, die zum großen Teil von Wundern erzählen, bei denen es sich manchmal um Heilungen handelt. In diesem Sinn ähneln sie den Bibelerzählungen um den erwachsenen Jesus.
Doch es gibt Abweichungen, die ganz und gar nicht zu dem bekannten Bild von Jesus aus dem Neuen Testament passen. Als ein Kind beispielsweise einen von Jesus erbauten Damm an einem Fluss mutwillig zerstört und die aufgestauten Becken austrocknen, lässt Jesus den Jungen ebenfalls "austrocknen". Was damit gemeint ist, erläutert der Hinweis auf das Wehklagen über das Leben des Jungen, das so früh zerstört worden war.
Noch konkreter wird eine weitere Geschichte, in der Jesus von einem Kind angerempelt wird. Jesus sagt: "Du sollst deinen Weg nicht weitergehen", woraufhin das Kind hinfällt und verstirbt. Als sein Ziehvater Josef ihn deshalb auf Anraten der eingeschüchterten Gemeinde zur Rede stellt, verschont Jesus Josef nur gnadenhalber, lässt aber dessen Einflüsterer erblinden.
Jesus wird hier als jähzornig und nachtragend beschrieben, der "selten in christlicher Weise handelt", wie es der Bibelforscher Keith Elliott von der Universität Leeds ausdrückt. Andere vergleichen die Geschichten mit Satire. Das Bild zieht sich jedenfalls als roter Faden durch die Erzählungen. Einen Lehrer, der ihn schlägt, lässt er ohnmächtig werden, sodass er aufs Gesicht fällt. Der Jähzorn des jungen Jesus ist so berüchtigt, dass Josef einmal Maria bittet, ihn nicht vor die Tür zu lassen. "Denn die, die seinen Zorn erregen, sind des Todes."
An anderer Stelle steht diesen Taten durchaus mildes Wunderwirken entgegen. Als ein Junge namens Zenon von einem Dach fällt und tot ist, wird Jesus verdächtigt, ihn gestoßen zu haben. Jesus weckt den Gefallenen kurzerhand wieder auf, um sich von ihm vor versammelter Gemeinschaft entlasten zu lassen. Um Nächstenliebe geht es hier offenbar nicht. Andere Wundertaten aus diesen Jahren sind begleitet von der Forderung "denkt an mich".
Nur eine der Erzählungen findet sich tatsächlich in der Bibel wieder: Es ist jene des zwölfjährigen Jesus, der im Tempel die Schriftkundigen mit seiner Intelligenz beeindruckt.
Die meisten der Kindheitsgeschichten stehen mit ihrer Drastik in starkem Kontrast zu den kanonischen Bibelerzählungen. Einen wütenden Jesus gibt es auch in der Bibel, als er die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertreibt und dabei gewalttätig wird, sie mit einer "Geißel aus Stricken" attackiert und Tische umwirft, aber sonst dominiert die Erzählung von Gewaltverzicht.
Vorbilder dafür gibt es in der antiken Literatur. Einerseits entspricht Jesus als Zwölfjähriger im Tempel dem "puer senex", einem "greisen Jungen", der zu klug für sein Alter ist. Diese Erzählung findet sich etwa in vielen Biografien von Königen aus der römischen Kaiserzeit und dem Hellenismus. Der Jähzorn hingegen erinnert an hinduistische und ägyptische Erzählungen über launische Kindsgötter, wobei ein tatsächlicher Zusammenhang nicht belegt ist.
Die Kindheitsgeschichten von Jesus sind heute wenig bekannt, waren aber beliebt und weitverbreitet. Es gibt sie in verschiedenen Versionen und Sprachen. Die Erzählung von der Erweckung der Tonvögel findet sich sogar im Koran wieder.
Die Kirchenleitung sah die Beliebtheit der Kindheitserzählungen über Jesus mit Argwohn. Mehrere Päpste sprachen sich dagegen aus, das Kindheitsevangelium nach Thomas wurde im sogenannten Decretum Gelasianum bereits im fünften Jahrhundert verboten.
Als Verbote nicht die gewünschte Wirkung hatten, wurde als Kompromiss im achten und neunten Jahrhundert eine Sammlung jener Geschichten herausgegeben, die harmlos genug für das gemeine Volk waren. Sie ist als "Pseudo-Matthäus" bekannt und konzentriert sich stark auf die Figur der Maria. Die Geschichten finden sich heute noch in den christlichen Traditionen. So sind etwa Ochs und Esel fixer Bestandteil vieler Weihnachtskrippen. In der Bibel sucht man sie vergeblich.
Nota. - Der jähzornige Jahwe musste auch erst heranreifen, ehe er sich zum Chri-stentum bekehren konnte. Womöglich haben auch ihn erst Schriftgelehrte aus sich herausgelockt.
JE
Wozu hat er den Posten denn haben wollen, wenn er ihn dann doch nicht ausfüllt?
In einem Krankenhaus in Prag ist es zu einer furchtbaren Verwechslung gekom-men. Eine schwangere Frau ist zu einer Routinekontrolle gekommen – und bekam eine Abtreibung.
Nota. - Ich fürchte, das wird doch alles etwas zu leicht genommen. Muss ein Junge, der zu einer Blinddarmoperation ins Krankenhaus gebracht wird, demnächst befürchten, als Mäd-chen wieder rauszukommen?
JE
aus welt.de, 28. 3. 2024 Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622- 1676) zu Geschmackssachen
Die Reiter, die sich im Kriegswinter 1634/35 Hanau nähern, führen nichts Gutes im Schilde. So kalt ist es, dass die Kinzig zugefroren und der Festungsgraben von Eis bedeckt ist. Hier hat der schottische Generalmajor Jakob von Ramsay den Oberbefehl. Er steht in Diensten des protestantischen Schwedenkönigs. Stadt und Festung sind überfüllt mit Geflüchteten.
Auch eine Waise ist unter ihnen. Geflohen war der zwölf- oder 13-jährige Hans Jakob aus dem verwüsteten Gelnhausen, wo er, nachdem der Vater jung gestorben und die Mutter sich wiederverheiratet hatte, beim Großvater aufwuchs. Hans Jakob ist bei den Kindern, die sich aufs Eis auf dem Wallgraben wagen. Sie wollen Enge, Hunger und Elend für kurze Zeit entkommen, müssen nun aber noch Schlimmerem ins Auge sehen. Denn die Reiter unter Oberst Marco von Corpes, der später in Schillers „Wallenstein“ einen Auftritt haben wird, ergreifen und verschleppen die Kinder ins nahe Büdingen, von wo aus die meisten zwar bald gegen ein Lösegeld ihrer Eltern den Rückweg antreten dürfen. Doch niemand löst eine Waise aus. So kommt Hans Jakob, den der Krieg bereits aus der großväterlichen Backstube vertrieben hatte, selbst in den Krieg. Er bleibt bei den Reitern, Kroaten im Dienste der Kaiserlichen. Der Krieg wird ihn bis zum Friedensschluss 1648 – und darüber hinaus – nicht mehr hergeben.
Ein fürchterliches Schicksal, ohne Frage. Zu Recht verurteilen bis heute Normaldenkende militärische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ohne Wenn und Aber – ganz unabhängig von Kriegszielen. Dass Hans Jakob, wäre er nicht „unter die Reiter“ gekommen, nicht der geworden wäre, der er wurde, ist aber auch klar. Es wäre ein Schaden gewesen, für die Literatur, aber auch für den Jungen, der auf den Nachnamen Grimmelshausen hörte und mit seinen Büchern, publiziert unter anagrammatischen Pseudonymen wie Melchior Sternfels von Fuchshaim oder Illiteratus Ignorantius Idiota, zum ersten deutschen Bestsellerautor wurde.
Johann Jakob von Grimmelshausen hat uns mit seinem „Abenteuerlichen Simplicissimus Teutsch“, erschienen 1688 unter dem Namen German Schleifheim von Sulsfort, den noch Goethe für eine historische Person hielt, etwas Großes hinterlassen. Nämlich „wahrhaftigere Bilder aus der deutschen Vergangenheit“, so hat es Hans Magnus Enzensberger formuliert, „als alles, was Gustav Freytag und Felix Dahn uns beschert haben, ja als der ganze Ploetz von vorn bis hinten: nicht Rekonstruktion, sondern Anschauung ohne Hinterabsicht, und Zeugenschaft von unten.“
Den Krieg zu überleben, war die eine Voraussetzung dafür, die andere war Bildung. Die, so mutmaßen es Heiner Boencke und Hans Sarkowicz in ihrer hinreißenden Grimmelshausen-Biografie, stammte auch aus den Büchern, die Hans Jakobs Stiefgroßvater, ein Frankfurter Buchhändler, verlegte. Überleben, das war eine andere Schule. Ob Hans Jakob wie sein pikaresker Held bei den Kroaten auch das „Fouragieren“ lernte, wissen wir nicht. Dass es heute als Kriegsverbrechen gelten würde, ist gewiss, bestand es doch darin, dass man „auf die Dörfer ausschwärmt, um zu dreschen, zu mahlen, zu backen, zu stehlen und zu nehmen, was man findet, auch um die Bauern zu quälen und zu ruinieren und sogar ihre Mägde, Frauen und Töchter zu schänden!“
Simplicius verlässt den Oberst Corpes, der immer lachte, „wenn ihm jemand eine Laus von der Jacke las“, irgendwann still und heimlich, wirbelt weiter im Strudel des Dreißigjährigen Krieges herum. Sein Autor könnte sich unter denen gefunden haben, die hessische Truppen am 12. März 1635 den Kroaten abnahmen. Ihr Obristleutnant jedenfalls berichtete nach Kassel: „Ich habe der deibischen jungen 10 und 4 kerls noch alhir sitzen, sie kosten mir mehr als die deibe wehrt sein“.
Nota. - Man muss sie lesen als das dreifache deutsche Nationalepos - Wolframs Parzival, Grimmelshausens Simplicius und Eichendorffs Taugenichts: der Antibil-dungsroman vom tumben Tor, der durch alle Fährnisse immer nur der wird, der er von Anbeginn war.
Nicht zu vergessen, dass Deutschland ohne den Dreißigjährigen Krieg ein anderes geworden wäre, als es ist.
JE
aus FAZ.NET, 29. 3. 2024 zu öffentliche Angelegenheiten
Ein Einsatz von Bodentruppen durch ein NATO-Land in der Ukraine
würde nach Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages
nicht automatisch alle anderen NATO-Länder zu Konfliktparteien machen.
Zwar würde der betref-fende Staat selbst zur Konfliktpartei, wie aus
einem noch unveröffentlichten soge-nannten Sachstand der
Expertenabteilung des Parlaments hervorgeht. „Handelt der
Nato-Mitgliedstaat dabei unilateral – also nicht im Rahmen einer vorher
beschlosse-nen NATO-Operation und außerhalb militärischer
Nato-Kommandostrukturen – werden dadurch weder die NATO als Ganzes noch
die anderen NATO-Partner-staaten zu Konfliktparteien“, heißt es in dem
Papier weiter, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Nota. - Nie zu vergessen, dass Putin sich ums Recht einen feuchten Dreck schert...
JE
aus nzz.ch, 22. 3. 2024 Wirkteppich mit «Wildmann», Hirsch und Widder, Basel, um 1480. zu öffentliche Angelegenheiten
Zwischen Gott, Moral und Freizügigkeit
Das Mittelalter war besessen von widersprüchlichen KörperbildernDas
Landesmuseum Zürich zeigt, wie unterschiedlich der Körper vonseiten der
Kirche, in der Medizin und in der höfischen Gesellschaft wahrgenommen
wurde.
von Stephanie Caminada
Der
Körper ist allgegenwärtig. Er wird beurteilt, reguliert, inszeniert,
begehrt, gepflegt und optimiert. Er wird diskutiert im Zusammenhang mit
Diversität und Diskriminierung, Machtmissbrauch und sexueller Gewalt.
Zusammen mit dem Geschlecht spielt der Körper eine zentrale Rolle bei
der Suche nach Identität. Einmal beschreibt er ein definierbares Objekt
mit gesellschaftlichen Idealen, ein andermal die Selbstwahrnehmung.
Menschen sind an einen Körper gebunden, von der Geburt bis zum Tod.
Mit
dem Titel «begehrt. umsorgt. gemartert.» wirft das Landesmuseum Zürich
einen kulturhistorischen Blick auf die Auffassung des Körpers im
christlich geprägten Europa vom 10. bis zum 15. Jahrhundert. Und zeigt:
Die Menschen haben sich bereits im Mittelalter äusserst intensiv mit dem
Körper beschäftigt.
«Der
Ritter und seine Schöne» von Israhel van Meckenem spiegeln
Schönheitsideale: Enge Beinkleider mit Schamkapsel und Schnabelschuhe
galten als modisch. Die Frau trägt die Zöpfchenfrisur der
Am
Anfang steht die Geburt, die Nacktheit, Sinnbild eines naturnahen,
ungeformten Zustands. Kaum sind sie geboren, werden Säuglinge aber in
Leinen gewickelt, ihre Körper fügen sich in die Gesellschaft. Die Hülle
wird von sozialen Normen geprägt und passt sich entsprechend der
Veränderung der Normen an. Nach gelebtem Leben werden die Menschen
eingehüllt wie Kokons zu Grabe getragen.
Ein
Gemälde von Adam und Eva zeigt in der Ausstellung die nach der
biblischen Schöpfungsgeschichte letzten Menschen ohne Schamgefühl. Es
ist eines der wenigen Motive der christlichen Kunst, die es Malern ab
dem 9. Jahrhundert erlaubten, entblösste Körper darzustellen. Doch
bereits in diesem Bild bedecken sie mit einem Feigenblatt ihre
Geschlechtsorgane, wenn auch nur zufällig und spärlich, und verstecken
sich damit vor Gott.
Die
mittelalterlichen Vorstellungen des Körpers sind geprägt von der
kirchlichen Moral. Der Körper ist eine Schöpfung Gottes und deshalb
heilig. Gleichwohl ist das ewige Leben der Seele nach dem Tod viel
wichtiger. Es dreht sich alles um die Zweiteilung zwischen einer
äusseren Erscheinung, die zeitlich begrenzt ist, und einem Inneren, das
frei von Sünden und der Last des Körperlichen ins Paradies aufsteigen
wird. Eine reine Seele hat einen reinen, gesunden Körper.
Körperliches
Leiden ist in der mittelalterlichen Kunst omnipräsent: etwa in der
siebenteiligen Serie von 1490 aus Wien/Kassa zur Legende der Zürcher
Stadtheiligen Felix, Regula und Exuperantius, die ihre Qualen stoisch
ertrugen.
Gleichzeitig
gilt der Körper als Wohnort der Sünde, die sexuelle Lust gefährdet die
göttliche Ordnung. Sexualität wurde von der Kirche nur in der Ehe
geduldet, nur in einer bestimmten Stellung und nur zur Fortpflanzung.
Sexuelle Praktiken ausserhalb der Ehe und «widernatürliche» Handlungen
wie gleichgeschlechtliche Akte, Masturbation oder oraler Verkehr wurden
im Kirchenrecht ab dem 12. Jahrhundert unter Strafe gestellt.
Der
biblische Sündenfall sorgte dafür, dass die Frauen seit Eva als
Verführerinnen galten, getrieben von ihrem sexuellen Wesen. Der Mann war
immer der Verführte. So drehten sich etwa rechtliche Debatten um
sexuelle Nötigung und Gewalt im Hoch- und Spätmittelalter um die Frage,
ob die betroffene Frau den Täter sexuell gereizt und dabei selbst Lust
verspürt habe.
Die
Männer, vernünftige und beherrschte Wesen, wurden hingegen als
tölpelhaft, närrisch oder unzurechnungsfähig abgestempelt, wenn sie die
Kontrolle über ihre Triebe verloren. Die Prostitution war gang und gäbe.
Sie wurde als notwendiges Übel angesehen, das schlimmere moralische
Gefahren von der Gemeinde fernhielt. Denn ausserehelicher Verkehr führte
zur Ächtung von unverheirateten Frauen. Um die Sittlichkeit der
ehrbaren Frauen zu gewährleisten, wurden die «öffentlichen» Frauen
markiert, etwa mit einem gelben Band.
Nach
der Mitte des 14. Jahrhunderts kommen Schnabelschuhe aus feinem Leder
in Mode. Sie werden ein Standeszeichen der höfischen Gesellschaft.
Gotischer Schuh aus Leder, um 1420, Schloss Issogne, Norditalien.
Auch
wenn die Kirche eine strenge Sexualmoral vorgab, war das Mittelalter
nicht so prüde, wie man sich das vorstellt. Die Medizin empfahl Lust und
Beischlaf sogar ausdrücklich als Gesundheitsvorsorge. Dass das
tatsächliche Leben im Widerspruch zwischen Erotik und Moral stand,
zeigen verschiedene überraschende Exponate in der Ausstellung.
Zum
Beispiel höfische Schnabelschuhe, deren Spitzenlänge mit erotischen
Untertönen besetzt war. Kleiderordnungen mahnten damals, dass man es mit
dem Schnabel nicht übertreiben solle. Daneben hängt eine Zeichnung
eines Jünglings. Mit einem langen Dolch zwischen seinen Beinen bestürmt
er eine Jungfrau und verliert in seiner Wollust die Trippe, den
hölzernen Unterschuh.
Dass
den Menschen im Mittelalter erotische Gefühle nicht ganz geheuer waren,
zeigt billiger und massenhaft hergestellter Schmuck. Die Bedeutung der
obszönen Tragezeichen aus Blei-Zinn ist ungewiss. Sie wurden wohl für
verschiedene Zwecke an die Kleidung genäht oder angesteckt und waren in
ganz Westeuropa verbreitet.
Eines
der Motive könnte als Sinnbild der sexuellen Abhängigkeit von Männern
gegenüber Frauen gedeutet werden: Drei Phalli mit langen Beinen tragen
eine gekrönte Vulva wie bei einer Prozession auf einer Bahre. Es könnte
aber auch die Prozessionen der katholischen Kirche verspotten.
Ein
anderes Zeichen zeigt eine Vulva mit Flügeln und einer Krone oder einen
Phallus mit Beinchen und einem Glöckchen an der Eichel, der auf eine
Vulva zuläuft. Darunter steht die Inschrift «Pintel in», was so viel
bedeutet wie «Penis rein». Gefunden wurden sie in den Niederlanden
beziehungsweise in Belgien.
Die
personifizierten Genitalien handeln scheinbar eigenwillig und
unkontrollierbar. Der Mensch ist seinem Körper gewissermassen
ausgeliefert, er macht sich manchmal so ungewollt wie unpassend
bemerkbar.
Im
Heilbad vergnügen sich Jung und Alt und tauschen bei Speis, Trank und
Musik Intimitäten aus. Wegen des «Sittenzerfalls» in den Bädern und der
Verbreitung der Syphilis werden zu Beginn des 16. Jahrhunderts gemischte
Badehäuser geschlossen. Hans Bock d. Ä., «Das Bad zu Leuk», um 1597.
Höfische Ideale und utopische Gegenwelt
Körperkult
gab es schon damals. Die höfische Gesellschaft trieb grossen Aufwand
mit Kosmetik und körperlicher Ertüchtigung oder verbrachte ihre Zeit in
Badehäusern. Die Eitelkeiten spiegelt ein um das Jahr 1470 auf Deutsch
verfasstes Traktat an die höheren Stände. Es liest sich wie eine moderne
Anleitung für einen Coiffeur: wie man sich die Haare rot, schwarz oder
golden färbt oder das «Grau vertreiben mag», wie man das Haar glättet,
verlängert oder entfernt.
Höfische
Frauen trugen ihr Haar bis zur Heirat kunstvoll geflochten, dann wurde
es verhüllt. Bei den Männern waren lange, gelockte Haare das Ideal. Eine
reine, hell gepuderte Haut und dezent geschminkte Gesichter galten als
Zeichen von Schönheit, Gesundheit und Jugend. Der Rest der Bevölkerung
musste sich aber mit einem Besuch eines Bades und mit einem Läusekamm
begnügen.
Ebenso
eindringlich wie mit dem eigenen befasste man sich mit «anderen»
Körpern. Körpern, die von der Norm abwichen, wurde mit grosser
Verunsicherung begegnet. Dazu gehörten etwa Kleinwüchsige,
zweigeschlechtliche Menschen oder Menschen mit Deformationen. Sie wurden
exotisiert, als «Fehler der Natur» beschrieben oder unter dem Begriff
«monstra», Lateinisch für Wunderzeichen, als unheilvolle Omen gesehen.
Der Kirchenvater Augustinus (354–430) hingegen sah sämtliche
Abweichungen als Ausdruck der schöpferischen Vielfalt.<
Beschrieben
wurde bis ins 15. Jahrhundert auch die mögliche Existenz von
«Wundervölkern». Zum Beispiel «Wildleute», porträtiert auf Wandgemälden
oder Bildteppichen. Mit ihren nackten, behaarten Körpern standen sie für
eine utopische Gegenwelt jenseits moralischer Normen. Sie
widerspiegelten die unkontrollierbare Natur und warfen die Frage auf,
inwiefern sich der Mensch vom Tier unterscheidet. Reiseberichte in weit
entlegene Länder wie die des italienischen Händlers Marco Polo erwähnten
solche «Wundervölker» und machten sie populär.
Tanz
und Lust: Zu schriller Musik verrenken vier Männer sinnlich-ekstatisch
ihre Körper vor den Augen der Schaulustigen. Die junge Frau hält einen
Ring als Preis empor. Das Werben ist anstössig und der Narr unter ihnen
Sinnbild für unanständiges sexuelles Treiben. «Der Moriskentanz»,
Israhel van Meckenem, letztes Drittel des 15. Jahrhunderts, Kupferstich.
Der tote Körper als Alltäglichkeit
Allgegenwärtig
waren das Leiden, die Gewalt und der Tod. Der Körper war in ständiger
Gefahr. Mit dem Entstehen grosser Städte im 14. Jahrhundert lebten
Mensch und Tier auf engstem Raum. Krankheiten wie die Pest konnten sich
rasch ausbreiten. Auch damit stand der Körper im Mittelpunkt.
Ausgeliefert einem Verfall, den man mit den damaligen Mitteln der
Medizin nicht aufhalten konnte.
Die
Beschäftigung mit dem toten Körper war fast obsessiv. Angefangen mit
der Figur Jesus Christus am Kreuz, die überall zu sehen war. Die
Angehörigen waren besorgt um das jenseitige Schicksal der Verstorbenen.
Und die Kirche regelte auch diesen letzten Moment des Körpers: die
Aufbahrung, Einsegnung und Bestattung. Die zahlreichen Darstellungen wie
Totentänze inszenierten die Gleichheit der Menschen vor dem Tod.
Die
Ausstellung im Landesmuseum verdeutlicht, dass das Verständnis des
Körpers von den vielen widersprüchlichen Stimmen abhängig ist, die über
ihn sprechen, ihn kontrollieren oder pflegen. Im Mittelalter gaben die
Kirche, die Medizin und die höfische Gesellschaft den Rahmen dafür.
Die Ausstellung «begehrt. umsorgt. gemartert.» im Landesmuseum Zürich ist bis zum 14. Juli zu sehen.
Laut
dem Alten Testament verliert Hiob als reicher Mann alles und erkrankt
an eiternden Geschwüren. Kraft seines Glaubens überlebt er die
Krankheit. Er wird zum Sinnbild für die Überwindung von unverschuldetem
Leiden durch Krankheiten. Pseudo Bartolomeo di Giovanni, «Hiob auf dem
Krankenlager», um 1475, Pappelholz.
Nota. - Vom finsteren Mittelalter ist seit einem halben Jahrhundert nicht mehr die Rede. Stattdessen wird auf Festen und Mittelaltermärkten die Legende gesponnen, als sei damals das Leben heiter, prall und lustig gewesen. Dies ist so abwegig wie jenes es war. 'Früher war alles besser' stimmt auch dann nicht, wenn man noch ein paar Epochen weiter zurückgeht. Den Garten Eden gab es gar nicht. Und wird es nicht geben, weil man sich nie darauf verständigen wird, wie er sein soll.* Und das ist auch gut so.
*) Warum nicht? Weil es immer ein paar gibt, die es noch besser haben wollen.
JE
zu öffentliche Angelegenheiten
Toleranz ist eine private Tugend, so wie Geduld, guter Geschmack, Umgänglichkeit und Humor. Schön, wenn's die Leute haben; Pech, wenn nicht. Das ist wie gutes und schlechtes Wetter. Die öffentliche Ordnung hängt nicht davon ab.
In einem Rechtsstaat kann ich verlangen, dass ich in dieser und jener Hinsicht un-behelligt bleibe, es gibt eine Linie, wo der Zutritt Anderer endet und ab wo ich selbst bestimmen kann, was sein darf und was nicht. Und das ist dieselbe Linie, ab der die andern über ihrs verfügen können. Der Rechtsstaat erlässt dazu kodifizierte Regeln, und ob einer nett ist und einen guten Charakter hat, spielt gar keine Rolle.
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
Pagageien zum Beispiel. Gewiss waren einzelne Arten in Europa schon seit der Antike bekannt, doch zum Statussymbol vornehmer Familien avancierten sie erst im 16. Jahrhundert – als Importware aus der Neuen Welt. Zum Beweis besichtige man die Palladio-Villa Barbaro in Venetien, wo der exotische Vogel auf einer Balustrade herumspaziert, gemalt vom berühmten Veronese, der ihn in seiner Scheinarchitektur nebst Hausherrin, Nanny und Hündchen in Szene zu setzen wusste.
Der
Eigentümer der Villa war maritimer Sonderbeauftragter der Seerepublik
Venedig, einem damals noch wichtigen Player des Welthandels. Veronese
und andere renommierte Maler der Epoche wurden seinerzeit auch
beauftragt, die Seeschlacht von Lepanto ins Bild zu bannen. Anno 1571
siegte die „Heilige Liga“, eine Art Christen-EU unter Führung der
Spanier, über die Osmanen. Das Gemäldeaufkommen zum Top-Ereignis der
Epoche ist nur eines der Medien, mit denen Marina Münkler, Professorin für Mittelalterliche und Frühneuzeitliche Literatur und Kultur an der TU Dresden, „das dramatische 16. Jahrhundert“ gelungen ins Visier nimmt.
Auch
Flugschriften zur Neuen Welt und Berichte gekidnappter Christen, die
von den Osmanen berichten, sind Thema in Münklers Buch. „Anbruch der
neuen Zeit“ ist eine der Sachbuch-Perlen der Saison, weil es jenseits
aller Jubiläen und platten Aktualisierungen ganz viel kann. Zunächst
einmal betrachtet es eine Epoche, die im Rahmen tradierter
Epochenerzählungen oft nur isoliert vorkommt: entweder als
Reformationszeitalter mit Luther oder als italienische Renaissance, entweder als Zeitalter der Seefahrer und Entdeckungen oder als Humanismus.
Frühe
Neuzeit ist ein schillernder Oberbegriff, der unklar lässt, wie global
und lokal verschlungen sich viele Phänomene schon zeitgenössisch
darstellten, Globalgeschichten wie von Wolfgang Reinhard oder zuletzt Wolfgang Behringer wollen dem Rechnung tragen, werden allerdings sehr schnell sehr dickleibig, wenn sie nicht wie Heinz Schilling in „1517“ nur Schlaglichter auf ein einzelnes Jahr werfen wollen.
Münkler
geht den Mittelweg. Obwohl oder gerade weil sie keine klassische
Historikerin ist, erschließt sie mit ihrem Geschichtswerk ein Zeitalter,
das für ihren Zugriff prädestiniert scheint, denn die frühe Neuzeit
lebte nicht zuletzt von dramatischen Augenzeugenberichten und
Erzählungen. Mit der Auswertung von Geschichten über die Fremde (etwa
durch Marco Polo) hat sich Münkler einen Namen gemacht, bevor sie
zuletzt gemeinsam mit ihrem Mann, dem Politologen Herfried Münkler,
einige Debatten-Sachbücher veröffentlichte.
Marina
Münklers 16. Jahrhundert möchte nun ausdrücklich kein weiteres Mal
Michelangelo, Dürer oder Machiavelli bedenken, sondern drei grundlegende
Konfliktlinien der Zeit: die Eroberung der neuen Welt, die Expansion
des Osmanischen Reiches und die Glaubenskriege durch die
Konfessionsspaltung in Europa. Alle drei Konflikte beginnen vor und
enden nach dem 16. Jahrhundert, wie Münkler selbst betont.
Die Stärke ihres Buches entfaltet sich in den Kapiteln, in denen sie Texte von Zeitzeugen zu den drei Konflikten referiert und kommentiert. Etwa von Amerigo Vespucci, dem der Doppelkontinent Amerika seinen Namen verdankt und der fast schon als Hochstapler gilt, weil man nicht weiß, ob er viermal oder nur einmal in der Neuen Welt war. Jedenfalls hat er mit seinem Brief „Mundus Novus“, der als Flugschrift in ganz Europa verbreitet wurde, für Furore gesorgt. Analog anschaulich macht Münkler den „Türkenfurcht“-Diskurs des 16. Jahrhunderts, immerhin rückten die Osmanen 1529 bis vor die Tore Wiens. Berichte wie die des Genuesen Giovanni Antonio Menavino, der als zwölfjähriger Knabe auf dem Mittelmeer entführt und Serailpage in Konstantinopel wurde, beeindrucken in ihrer Doppelcodierung als Aufklärung über und Propaganda gegen den Islam.
Wer Muße für
mehr als 500 Seiten mitbringt und etwas über die Verschränkung von
Militär-, Handels-, Glaubens- und Mediengeschichte lernen will, wird im
Buch von Marina Münkler ein erhellendes Epochenporträt der Frühen
Neuzeit vorfinden.
Marina Münkler: Anbruch der neuen Zeit. Das dramatische 16. Jahrhundert. Rowohlt Berlin, 544 S., 34 Euro
aus welt.de, 27. 3. 2024 Die 30 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie NGC 1512 zu Jochen Ebmeiers Realien
Doch hier geht es um etwas anderes. Der Casimir-Effekt, wie das Phänomen später getauft wurde, basiert auf mysteriösen Eigenschaften des Vakuums. Das ist tiefste Quantenphysik. Den experimentellen Beweis, dass Casimirs Vorhersage kein Hirn-gespinst war, lieferten 1956 sowjetische Wissenschaftler.
Erklären lässt sich der
Casimir-Effekt durch sogenannte Fluktuationen des Vaku-ums. Aus den
Gesetzen der Quantenphysik lässt sich nämlich ableiten, dass das Vakuum
niemals nur ein „Nichts“ sein kann. Vielmehr ist es erfüllt von
Quanten-feldern, aus denen permanent Teilchen, auch geladene Teilchen,
geboren werden, die nach unvorstellbar kurzer Zeit aber wieder
verschwinden. Physiker sprechen deshalb auch von „virtuellen Teilchen“.
Aus den Gesetzen der Quantenphysik folgt zwingend, dass das Vakuum an
sich immer einen gewissen Energiegehalt besitzt.
Das Vakuum befindet sich nicht im Zustand der niedrigsten Energie
Das
brachte Wissenschaftler auf die spekulative Frage, ob das Vakuum neben
einem Grundzustand mit minimaler Energie nicht vielleicht auch in einem
angeregten Zu-stand mit einer höheren Energie befinden könnte.
Theoretischen Betrachtungen zeigen, dass man dies nicht ausschließen
kann. In unserem Universum könnte sich das Vakuum und damit der Raum
selbst nicht im Zustand der niedrigsten Energie, sondern in einem
höheren Energiezustand befinden. Das würde dann bedeuten, dass das
Vakuum metastabil ist und es irgendwann zu einem Übergang in den
Grundzustand kommen könnte.
Ein solcher Phasenübergang wäre das ultimative apokalyptische Szenario. Ausge-hend von einem Punkt, an dem das Vakuum zuerst zusammenbricht, würde sich eine Kugelwelle mit Lichtgeschwindigkeit im Universum ausbreiten, die dieses uns bekannte Universum mit seinen physikalischen Gesetzen und Phänomenen schlag-artig vernichten würde. So etwas würde sich nicht ankündigen und schon gar nicht hätten wir Menschen es in der Hand den Zerfall des Vakuums aufzuhalten. Schwups, wäre einfach alles von einem Moment auf den anderen weg – immerhin schmerzfrei.
Aus Berechnungen, in die unter anderem die Masse des Higgs-Bosons und des Top-Quarks eingehen, folgern Physiker, dass sich unser Universum wahrscheinlich in einem metastabilen Zustand befindet. Das mag zunächst besorgniserregend klingen. Doch andererseits existiert unser Universum bereits seit rund 14 Milliarden Jahren, ohne dass es in diesem Zeitraum zu einem Phasenübergang in den Grundzustand gekommen wäre. Offensichtlich nicht.
Und die Rechnungen der Wissenschaftler zeigen, dass unser Vakuum wohl noch mindestens weitere zehn Milliarden durchhalten wird – wahrscheinlich aber noch viel länger. Insofern muss sich an dieser Stelle niemand Sorgen machen. Es gibt eine Vielzahl realistischerer Bedrohungen für die menschliche Zivilisation – etwa ein großer Asteroid mit einem Kollisionskurs zur Erde.
Bliebe noch die Frage, ob der Übergang des Vakuums in seinen Grundzustand nicht durch irgendein Ereignis stimuliert werden könnte – etwa durch eine sehr große Energiekonzentration an einem Ort im Quantenfeld des Vakuums? Es gibt in der kosmischen Strahlung Teilchen mit einer extrem hohen Energie – mit mehr als 10 hoch 20 Elektronenvolt. Diese Energie reicht offenbar nicht aus, um das Vakuum aus seinem metastabilen Zustand zu schubsen – denn sonst wäre es längst geschehen und es würde diesen Text hier gar nicht geben.
Allerdings kann man spekulieren, dass
wir wahrscheinlich längst noch nicht alle Phänomene im Universum kennen
und dass möglicherweise – vielleicht im Kontext von Schwarzen Löchern –
hochenergetische Vorgänge möglich sind, die das Vakuum unseres
Universums zerstören könnten. Ob das Ende unseres Universums so aussehen
wird, das werden wir nie erfahren. Die Thematik des metastabilen
Vakuums wurde indes im Wissenschaftsthriller „Feuermondnacht“
(Westkreuz-Verlag) fiktional verarbeitet.
Nota. - Wie der Zufall will, habe ich vor ein paar Tagen in meiner kindlichen Un-schuld in mein Notizheft dieses eingetragen:
'Leerer Raum'. - Ein Raum, der leer wäre, wäre kein Raum. Raum ist er, weil Etwas in ihm ist. Das ist die anschauliche Auffassung. Die neuere Auffassung müsste sein: ein Raum, der ungekrümmt ist. 'Das, was' ihn krümmt, muss nicht als Punkt, als Nukleus gedacht werden, sondern als ein 'Quantum von Krümmung', nämlich eine Dosis schwacher Wechselwirkung = Gravitation. Die kann man sich als unendlich verdünnbar denken; aber vorstellen kann man auch dies nicht. Wo nichts mehr wirkt, ist nichts. Wie ist es aber mit 'so gut wie nichts'?
Löcher im Raum müssten überall auftreten, wo keinerlei Wechselwirkung geschieht. Ach - ist oder messbar ist? 14. 3. 24
Allerdings handelt es sich bei den bisherigen Studien hauptsächlich um Querschnittsstudien, die auf Selbstauskünften der Teilnehmenden basieren. Um Ursache und Wirkungen zu überprüfen, hat ein Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und von der University of Melbourne, Australien, jetzt Gesundheitsdaten von fast 10.000 Menschen ausgewertet.
„Ein kausaler Zusammenhang war bisher nicht eindeutig nachgewiesen“, wird Co-Autorin Miriam Mosing vom MPIEA zitiert. Bisherige Studien hätten auch nicht überprüft, ob – umgekehrt – psychische Gesundheitsprobleme, zu einer geringeren Neigung zu Flow führen, oder ob weitere Faktoren vorliegen, die sowohl dem Gesundheitszustand als auch der Flow-Neigung zugrunde liegen können. Das könnten etwa genetische Einflüsse sein, Umweltfaktoren oder Persönlichkeitsmerkmale.
Wie das Team kürzlich im Fachjournal „Translational Psychiatry“ berichtete, ergab die Datenanalyse, dass Personen mit einer höheren Neigung zu Flow-Erfahrungen ein geringeres Risiko für Depressionen, Angstzustände, Schizophrenie, bipolare und stressbedingte Störungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Am deutlichsten war dieser Effekt bei Depressionen und Angstzuständen.
Darüber hinaus untersuchte das Team erstmals, ob Neurotizismus die beobachteten Zusammenhänge beeinflusst und ob familiäre Faktoren eine Rolle spielen.
Neurotizismus ist ein Begriff für die Neigung einer Person, emotional unausgeglichen und leicht reizbar zu sein. Menschen mit hohen Neurotizismuswerten sind anfälliger für Stress und psychische Probleme sowie für Herz-Kreislauf- und andere körperliche Erkrankungen.
„Die Neigung zu Flow ist auch unter Berücksichtigung dieser Faktoren mit einem deutlich geringeren Risiko für Depressionen und Angstzustände verbunden“, sagt Co-Autorin Laura Wesseldijk vom MPIEA. Damit stünden die Ergebnisse im Einklang mit einer Schutzfunktion von Flow-Erfahrungen.
Die Forscherinnen und Forscher weisen jedoch darauf hin, dass zusätzliche Untersuchungen erforderlich sind, um den Zusammenhang weiter aufzuklären.
Doch die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend: Behandlungen, die Flow-Erfahrungen fördern, könnten Gesundheit und Wohlbefinden verbessern.
Nota. - Ein Flow stellt sich beim Vorstellen ein; nicht mehr beim Reflektieren
JE
zu Philosophierungen Anfang der Philosophie sei das Staunen, heißt es sei...