Sonntag, 20. August 2023

Energie zu Masse.

aus scinexx.de      Bei entsprechend hohen Energien können aus dem Vakuum reale Teilchen entstehen.     zuJochen Ebmeiers Realien 

Materie aus dem Nichts
E=mc2: Physiker ermitteln Zeitdauer für die Teilchenbildung aus dem Vakuum

Stoppuhr für Einsteins Formel: Bei starker Energiezufuhr kann selbst aus dem Vakuum neue Materie in Form von Teilchen entstehen – das besagt Einsteins berühmte Formel E=mc2. Doch wie lange dauert es, bis beispielsweise ein Elektron-Positron-Paar aus dem Vakuum entsteht? Das haben Physiker jetzt berechnet. Ihr Ergebnis: Diese Teilchenpaare entstehen nicht instantan, wohl aber sehr, sehr schnell: Sie benötigen weniger als ein bis zwei Trilliardstel Sekunden.

Im Jahr 1905 stellte Albert Einstein seine wohl berühmteste Formel auf: E=mc2. Sie besagt, dass Masse und Energie äquivalent sind und ineinander umgewandelt werden können. Praktisch erfahrbar wird dies bei Explosionen, bei dem durch Kernfusion erzeugten Sonnenlicht oder auch in Experimenten, bei denen Materieteilchen und ihre Antimaterie-Gegenparts sich unter Energiefreisetzung auslöschen. In all diesen Fällen wandelt sich Materie – zumindest zum Teil – in Energie um.

Elektronen und Positronen aus dem Vakuum


Doch auch das Umgekehrte ist möglich: Materie kann aus dem Nichts entstehen, wenn man entsprechend große Energie aufwendet. Ein Beispiel dafür ist die Bildung von Teilchenpaaren aus dem Vakuum: Aufgrund der Quantenfluktuation ist das Vakuum nie wirklich leer, sondern von unzähligen virtuellen Teilchenpaaren erfüllt. Diese verschwinden allerdings so schnell wie sie auftauchen und haben keine Masse – sie werden daher unter normalen Umständen nie zu echten Teilchen.

Das ändert sich jedoch, wenn man genügend Energie in Form eines starken elektrischen Feldes zuführt. Je stärker das elektrische Feld, desto mehr Masse entwickeln die kurzlebigen Zwillings-Paare. Haben sie eine bestimmte Schwelle erreicht, die beispielweise der Masse eines realen Elektrons und Positrons entspricht, gelingt diesen Teilchen der „Sprung“ in die Realität – sie werden zu echten Teilchen und damit zu Materie.

Energie und Masse sind äquivalent, deshalb 
können virtuelle Teilchenpaare im Vakuum in ausreichend starken
 elektrischen Feldern zu realen Teilchen werden.


Dafür sind allerdings enorme elektrische Spannungen von rund 1.000 Billiarden Volt pro Meter nötig – Werte, die bisher weder vom Blitz noch in Laboren erzeugt werden können. Trotzdem können Physiker diese Materiebildung aus dem Nichts erforschen, indem sie sich diesen extremen Bedingungen theoretisch mit komplexen Modellen und Berechnungen annähern.

Wie lange dauert die Teilchenbildung?

Genau dies ist nun Matthias Diez von der Universität Graz und seinen Kollegen gelungen. Sie haben erstmals ermittelt, wie lang es dauert, bis aus starken elektrischen Feldern im Vakuum Materie entsteht. Denn wie sie erklären, lässt sich dies als ein Tunnelprozess beschreiben. Dabei schaffen die starken elektrischen Felder tiefe Täler und hohe Berge in einer Potentiallandschaft. Bei ausreichend hoher Energie können die virtuellen Teilchenpaare die Berge „durchtunneln“ und so am Ende zu echten Elektronen und Positronen werden.

„Mit unserer Studie bezifferten wir die Verweildauer von Elektronen und Positronen in diesem Tunnel“, erklärt Seniorautor Christian Kohlfürst vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. „Denn dieser Prozess verläuft nicht instantan.“ Die Physiker analysierten auf Basis quantenmechanischer und semiklassischer Modelle, was im Vakuum mit den virtuellen Teilchen in dieser „Tunnellandschaft“ passiert.

Zwei Peaks im Vakuum

Es zeigte sich: Während des Übergangs von virtuellen zu echten Teilchen gibt es zwei aufeinanderfolgende Peaks der Teilchendichte im Vakuum. Der erste entsteht auf dem Höhepunkt der eingebrachten Energie. „Dieser Peak wird vom elektrischen Feld nicht beschleunigt, wie man es bei geladenen Teilchen erwarten würde“, berichten die Physiker. Demnach handelt es sich bei den zu diesem Zeitpunkt detektierten Teilchen noch nicht um reale Elektronen und Positronen – sie müssten auf das Feld reagieren.

Kurz danach zeigt sich jedoch ein zweiter Peak in der Teilchendichte. Zwar sind auch die dabei auftretenden Teilchenpaare noch instabil und kurzlebig. Doch ihre Wellenmerkmale zeigen, dass sie bereits begonnen haben, auf die Lorentzkraft des elektromagnetischen Felds zu reagieren: Wegen ihrer gegensätzlichen Ladung sorgt das Feld dafür, dass diese Prä-Elektronen und Prä-Positronen in entgegengesetzte Richtungen abgelenkt werden. „Damit haben wir einen Weg gefunden, um Prä-Partikel zu identifizieren, die dazu bestimmt sind, real zu werden“, erläutern Diez und seine Kollegen.

Vom Nichts zu Materie in Zeptosekunden

Mithilfe dieser Methode gelang es den Physikern erstmals, die Zeit zu ermitteln, die bis zur Bildung der realen Teilchen vergeht. Das Ergebnis: Es dauert rund ein bis zwei Zeptosekunden – Trilliardstel Sekunden – bis Elektronen und Positronen aus der Leere des Vakuums in der Realität auftauchen. Diese winzige Zeitspanne ist kaum messbar, doch sollte sich der zweigipfelige Prozess bestätigen, dann könnte dies Möglichkeiten eröffnen, das spontane Entstehen von Materie im Vakuum auch im Experiment zu zeigen.

„Unsere Arbeit ist Grundlagenforschung und basiert auf der Quantenelektrodynamik, die das Wechselspiel von geladenen Teilchen und dem Elektromagnetismus auf Quantenebene beschreibt“, sagt Kohlfürst. Doch die Ergebnisse könnten auch die Festkörper-, Astro- oder Plasmaphysik von theoretischer und praktischer Bedeutung sein. „Bisher sind zwar selbst die leistungsfähigsten Laser nicht stark genug, um die nötigen elektrischen Felder aufzubauen“, so der Physiker. Aber pfiffige Kombinationen aus starken Lasern und Elektronen- oder Ionen-Strahlen könnten das ändern und künftig solche Experimente ermöglichen. (Physics Letters B, 2023; doi: 10.1016/j.physletb.2023.138063)


Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
18. August 2023
- von Nadja Podbregar



aus spektrum.de, 18. 8. 2023

QUANTENFLUKTUATIONEN
Teilchen entstehen blitzschnell aus dem Nichts
Starke elektrische Felder können dem Vakuum Teilchen entreißen. Aber wie lange brauchen sie dafür? Neue Berechnungen liefern eine Antwort und könnten dabei helfen, Quantenfluktationen insgesamt besser zu verstehen.


von Mike Zeitz

Mit einem genügend starken elektrischen Feld kann man selbst aus dem Nichts Teilchen hervorbringen.

Wenn man ein Vakuum mit starken elektrischen Feldern durchzieht, entstehen Teilchen. Das passiert aber nicht sofort, sondern dauert ein wenig. Nun haben Matthias Diez und Reinhard Alkofer von der Universität Graz sowie Christian Kohlfürst vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf berechnet, wie schnell die Teilchen aus dem Nichts hervorgehen. Damit klären sie eine offene Frage aus der theoretischen Physik.

Im leeren Raum schwirren ständig wieder »virtuelle« Paare von Elektronen und ihren Antiteilchen umher, den Positronen. Der Begriff virtuell bedeutet: Normalerweise vernichten sich beide sofort wieder, bevor sie zu realen Partikeln werden. Eigentlich existieren diese Teilchen deswegen nur mathematisch auf kleinsten zeitlichen und räumlichen Skalen in Form von Quantenfluktuationen. Ein starkes elektrisches Feld könnte aus den mathematischen Objekten allerdings Wirklichkeit werden lassen. Denn Elektronen und Positronen sind geladen, und die virtuellen Paare richten sich in einem Feld wie winzige Dipole aus. Ist das Feld intensiv genug, würde es dieses Gespann regelrecht auseinanderreißen, bevor sich Elektron und Positron wieder vernichten können. Das Phänomen heißt Schwinger-Effekt, nach dem späteren Nobelpreisträger Julian Schwinger, dem 1951 eine theoretische Beschreibung gelang.

Dazu muss das elektrische Feld allerdings enorm intensiv sein. Deswegen ist es in Experimenten bis heute noch nicht gelungen, virtuelle Teilchen in reale Schwinger-Paare zu verwandeln. Doch mit Hochleistungslasern tasten sich Forschungsgruppen auf der ganzen Welt allmählich an die nötigen Energiedichten heran. Damit wollen sie die Vorhersagen der Quantenelektrodynamik überprüfen, die als fundamentale Theorie derartige Prozesse beschreibt. Zwar geht es dabei um enorme Energien, aber die Paarproduktion in elektrischen Feldern spielt in vielen Bereichen der Physik eine wichtige Rolle, von Vorgängen in Festkörpern über die extremen Bedingungen im Umfeld Schwarzer Löcher und anderer astrophysikalischer Objekte bis hin zur Plasmaphysik, die bei der Entwicklung von Fusionskraftwerken entscheidend ist.

Doch für Anwendungen braucht es robuste Vorhersagen, und beim Schwinger-Effekt war ein Detail bislang offen: Wie schnell entstehen die Teilchen überhaupt? Bei dieser grundsätzlichen Frage, so schreiben Diez, Alkofer und Kohlfürst in ihrer Veröffentlichung, ginge es einerseits darum, wie wir Zeit auf der Quantenskala überhaupt interpretieren, andererseits könnte sich das konkret »auf alle Forschungsbereiche auswirken, bei denen es um die Geburt von Quasiteilchen geht«.

Für ihre theoretische Berechnung entwickelten die drei Physiker ein vereinfachtes Modell in weniger Dimensionen, bei dem es ihnen leichter fiel, den Moment der Trennung der beiden Ladungen zu identifizieren. Zusätzlich zu den virtuellen und den realen Teilchen in den üblichen theoretischen Beschreibungen führten sie hilfsweise eine dritte Art von Teilchen ein: Präteilchen (pre-particles), deren Schicksal es gewissermaßen ist, zu echten Teilchen zu werden. Das half dabei, unbedeutende Signale auszusortieren, die durch andere Quantenfluktuationen oder durch Fluktuationen des elektrischen Felds selbst entstehen. Die Präteilchen werden im starken Feld rasch beschleunigt und schlagen sich bald als eindeutiges Signal nieder – als reales Teilchen.

Auf die Weise errechneten Diez, Alkofer und Kohlfürst eine Zeitskala, auf der sich Elektron und Positron materialisieren. Wegen der extrem starken elektrischen Felder ist die Zeit entsprechend winzig und liegt im Bereich von Billionsteln einer milliardstel Sekunde. Das klingt so, als wäre das praktisch unbedeutend klein, doch es ist vor allem: eine konkrete Vorhersage. Nun muss sich zeigen, ob sie sich bei Experimenten mit Hochleistungslasern irgendwann im Labor bestätigen lässt.


Nota. - Hab ich wieder was verpasst? Bisher meinte ich, das Vakuum sei zwar Raum ohne Materie, aber eben doch kein 'Raum mit nichts drin'; sei kein Nichts.

Und jetzt schreiben scinexx.de und spektrum.de beide, als hätten sie sich abgesprochen, da entstünde Materie "aus dem Nichts"! Ist das eine neue Sprachregelung in der theoretischen Physik? Das wäre ganz schlimm; so schlimm, als lehrte man in der Schule 'Null ist nichts', oder 'Drei Äpfel mal drei Äpfel macht neun Quadratäpfel'. Das Nichts ist nichts, das es gibt, sondern das, was es nicht gibt


aus spektrum.de, 14.11.2019                                                                           Quantenfelder im Vakuum

QUANTENELEKTRODYNAMIK
Die Vermessung des Nichts 
Lange war man überzeugt, das Vakuum beschreibe einen leeren Raum. Doch die Quantenphysik belehrt uns eines Besseren: Es ist erfüllt von Quantenfeldern, die zu seltsamen Phänomenen führen. In den nächsten Jahren wollen Forscher in einer Reihe von Experimenten nach und nach seine letzten Geheimnisse enthüllen.


von Thomas Heinzl

AUF EINEN BLICK

VAKUUM: ALLES ANDERE ALS LEER

  1. Auch wenn es keinen Äther gibt, ist das Vakuum nicht leer: Es steckt voller Quantenfelder, die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen erzeugen.

  2. Dadurch verhält sich das Vakuum in äußeren elektromagnetischen Feldern wie ein optisches Medium. Sind die Felder besonders stark, könnten sogar Teilchen aus dem Nichts entstehen.

In den letzten Jahren entwickelten Forscher verschiedenste Ideen, um diese Effekte im Labor nachzuweisen. Mit fortschreitender Technik rücken die Expe­rimente nun in greifbare Nähe.


Seit der Antike diskutieren Wissenschaftler über die Natur des Vakuums. Im 5. Jahrhundert v. Chr. vertraten die Gelehrten Leukipp und Demokrit die Meinung, dass sich zwischen den winzigen Bausteinen der Materie bloß leerer Raum befinde. Diese Ansicht fand jedoch nicht bei allen Anklang, zum Beispiel widersprach Aristoteles seinen Kollegen. Daraufhin setzte sich die Vorstellung durch, die Natur hege eine Art Abneigung gegen einen leeren Raum (horror vacui).

Die Unstimmigkeiten zogen sich bis in die Moderne hinein. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte der englische Experimentator Michael Faraday die Idee von magnetischen Feldern, die den leeren Raum erfüllen. James Clerk Maxwell, der wenig später die klassische Theorie des Elektromagnetismus formulierte, wollte sich Felder hingegen nicht ohne materiellen Träger vorstellen: Er postulierte die Existenz eines Äthers, der den Raum durchziehen und elektromagnetische Wellen transportieren sollte.

Die letzten Zweifel an einem materiefreien Raum räumte erst Albert Einstein mit der speziellen Relativitätstheorie aus. Gäbe es einen Äther, würde man abhängig davon, in welche Richtung man sich durch ihn bewegt, eine unterschiedliche Lichtgeschwindigkeit verzeichnen. Doch verschiedene Experimente ergaben, dass sich Licht immer gleich schnell ausbreitet – ob man sich auf eine Lichtquelle zu- oder von ihr wegbewegt, spielt dabei keine Rolle. Ab diesem Zeitpunkt war klar: Anders als Schall benötigen elektromagnetische Wellen keinen materiellen Träger.

Somit lagen Leukipp und Demokrit vor etwa 2500 Jahren näher an der Wahrheit als die Verfechter der Ätherhypothese. Die heute wohl geläufigste Vorstellung des Vakuums ist ein völlig leerer Raum – was allerdings nur stimmt, solange man die allgegenwärtigen Felder vernachlässigen kann. Sobald man aber genauer hinsieht, machen diese sich bemerkbar. In äußeren elektromagnetischen Feldern verhält sich das Vakuum beispielsweise wie ein polarisierbares Medium, das unter anderem Licht bricht. Sind die angelegten Felder stark genug, könnten sogar Teilchen aus dem Nichts entstehen! ...



Nota II. - Ohne Materie heißt nicht mit Nichts. Es gibt kein Nichts, sondern nichts gibt es nicht. Es gibt Etwas: 'Nichts' ist lediglich eine gedankliche Abstraktion. Nichts ist nicht 'das Andere' alias das Gegenteil ("Widerspruch") von Etwas, denn dann wäre etwas das Gegen-teil von nichts. O ja, ein positiv geladenes Quant - sagen wir: Materie - ist das Gegenteil von einem negativ geladenen Quant; sagen wir: Antimaterie. Wo sie zueinander "in Gegensatz treten", schluckt nicht ein Nichts ein Etwas, sondern heben beide einander auf und übrig bleibt nichts; aber nicht Nichts, sondern nur keins von diesen beiden.


Das Nichts existiert "nur ideell"? Nur was materiell existiert, ist Etwas? 'Sein' hieße Materie sein? Das führt zu Sophismen, die physikalische Wissenschaft in Weltanschauung auflösen. Ein Raum, in dem Nichts wäre, wäre kein Raum. Er wäre nämlich nicht gekrümmt, sondern "glatt"; wäre außer der Zeit und ginge uns nichts an. Real ist nur, was in der Zeit geschieht; was nur im Raum ist - und nicht mit irgendwas wechselwirkt -, liegt außerhalb unserer Er-fahrungsmöglichkeiten und ist so gut, als ob es nicht wäre.


Soviel zur Physik.

In meiner eigenen, nämlich weltlichen und gesellschaftlichen Existenz kommt es nicht darauf an - soll es nicht darauf ankommen -, wer ich bin, sondern auf das, was ich tue. Und privat für mich? Einbilden, wer ich sei, kann ich mir nach Belieben. Messen können müsste ich es an dem, was ich tue. 

JE

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