skyrat, aus Über Ästhetik, Rohentwurf; 3
Das „Feld“ des Ästhetischen ist „konstituiert“ durch ein
Problem: nämlich „daß in unserer Einbildungskraft ein Bestreben zum
Fortschritte ins Unendliche, in unserer Vernunft aber ein Anspruch auf absolute
Totalität als einer reellen Idee liegt.“ Kant, Kritik der Urteilskraft in Werke (ed. Weischedel) Bd. X, S. 172
...daß nämlich auf dem ‚Bild’ „mehr zu
sehen“ ist, als es abbildet. Daß außer den (zahllosen) identifizier-, meß- und
mitteilbaren Merkmalen „am“ Bild (=den digita-lisierbaren Punkten auf dem
Bildschirm, Pixels) noch etwas „Anderes“ „erscheint“; also daß „am“ Sinnlichen
ein nicht-sinnlicher Überschuß „wahrnehmbar“ wird; näm-lich (s)eine Bedeutung
(alias Das Transzendente).
Hardy5, pixelio.de
Namentlich die Gute Gestalt „sieht so aus,
als ob sie uns was sagen will“, das mehr
ist als nur ihr sachlicher Grund; etwa das Blattwerk der Pflanze; die aerodynamische
Form des Vogels; die Rundung des Bachkiesels... Mehr ist als Zweckform und
Ur-sache.
Das war schon
immer so. Aber es ist noch nicht immer aufgefallen. Sobald es aber auffiel
(den alten Griechen nämlich), nannte man es „das Schöne“ und setzte es so-gleich
in ein logisch-genetisches Verhältnis zum Wahren; systematisch bei Plato/Plotin.
Übrigens nicht zuerst das Kunstschöne - bei Plato ausdrücklich nicht: Sein
Urbild des Schönen ist der schöne Knabe. Aber wiederum nicht, sofern er Natur (‚Werden’)
ist, sondern sofern er an der Idee (‚Sein’) „teilhat“*. So in der Reflexion. Für
Plato war der Knabe Inbild des Erotischen: ein außerästhetisches Motiv -
dies-seits der Reflexion. Oder ist das Erotische selber der „Stoff“ des Ästhetischen?!
(In Platos - nachträglicher - Reflexion ist Eros der Drang zum Wahren und zum
Schö-nen; welches beides dasselbe ist.)
joujou, pixelio.de
Die früheste „ästhetische Absicht“ glauben
wir nicht in den Menschendarstellungen zu erkennen (Venus von Willendorf),
sondern in Tierdarstellungen: Lascaux, Alta-mira. Ein Hinweis darauf, daß „das
Kunstschöne vor dem Naturschönen da war“? (Die bloße „Natur“ - Landschaft und
Stilleben (nature morte - die zwar „tot“, aber nicht „natürlich“ ist) - wird
erst sehr spät, im 16. Jahrhundert in Holland, zum Ge-genstand der Kunst.) - Ist
aber Stilisierung allein schon „ästhetisch“**? (Dann auch bei der Venus von
Willendorf!) Auf jeden Fall hebt sie ‚am’ Gegenstand dasjenige hervor, was
seine (rituelle, mythische, logische, bedürfnismäßige) Bedeutung aus-macht! Ja,
aber nicht, dass ‚an’ den Dingen noch eine ‚Bedeutung’ haftet, macht das Ästhetische
aus, sondern daß sie als solche nicht
abgebildet, nicht ‚dingfest’ ge-macht werden kann! Also daß man sie nicht
bestimmen kann. ...
Martin Schemm
*) Das Wirkliche, „die Erscheinung“ heißt
bei Plato das Werden, die mindere,
unvollständige Seinsweise; Sein ist (ewige Form=) Idee - das, was „in Wahrheit“
ist; und das, was ‚das Werdende’ werden soll:
das, was es „bedeutet“.
**) Stilisierung = Entindividualisierung = ‚Wiederholbarkeit’;
äußerste Stilisierung: das ‚Zeichen für...’;
das allenthalben fungible ‚Bild von...’;
das ökonomisierte; d. h.: entästhetisierte, anästhetisierte Bild.
Nota. - Dass man auf dem obigen Wolkenbild einen Vogel 'erkennen' kann, stört die ästhetische Wirkung.
Mittwoch, 15. Januar 2025
Die Eigenbedeutsamkeit des Ästhetischen.
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