Dienstag, 30. April 2024

Gewundene Wege der Vernunft.


aus Tagesspiegel.de, 31. 4. 2024                                                                          zu öffentliche Angelegenheiten

Ich weiß aber nicht, ob es ohne die Nazi-Barbarei dazu gekommen wäre, dass die Vorstellung, dass allen Menschen die gleichen Rechte zukommen, im Grundgesetz explizit zur verpflichtenden Grundlage unseres politischen Handelns gemacht wor-den wäre. Es war ja auch eine Folge des Holocaust, dass es 1948 zur Erklärung der Menschenrechte kam und so Menschenwürde und Menschenrechte Eingang nicht nur in die deutsche Verfassung gefunden haben.
Joachim Gauck

Und sie bewegt sich doch.

Leuchtturmseiten
aus welt.de, 30. 4. 2024                                                                                     zu öffentliche Angelegenheiten

"Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zufolge sprechen sich 68 Prozent der Deutschen für eine deutliche Erhöhung der Militäraus-gaben aus. Bei Anhängern der Grünen sind es Dreiviertel der Befragten. Die geringste Zustimmung erteilten AfD-Anhänger."

Bei den deutschen Wählern ist offenbar eine bedeutsame Umgruppierung im Gan-ge. Deren größtes Hindernis bleiben die deutschen Parteien.



Geradeaus und nicht um die Ecke.


aus t-online, 21.04.2024                                                         zu  Jochen Ebmeiers Realien

Charité-Forscher berichten Erstaunliches
Unser Gehirn funktioniert ganz anders als gedacht
Das menschliche Gehirn ist in vielen Bereichen für die Wissenschaft noch immer ein Rätsel. Deutsche Forscher haben nun einen weiteren Mechanismus entschlüsselt.

Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben eine neue Entdeckung über unser Gehirn gemacht – und damit eine jahrzehntealte Annahme widerlegt.

Gedanken fließen in eine Richtung statt in Schleifen

Bisher ging man davon aus, dass die Nervenzellen (Neurone) in der menschlichen Großhirnrinde ähnlich wie bei Mäusen verschaltet seien und ihre Signale in Schleifen fließen würden. Wie sich nun jedoch herausstellt, fließen Informationen beim Menschen stattdessen in eine Richtung. Das mache die Informationsverarbeitung beim Menschen leistungsfähiger und effizienter, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Charité.

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, untersuchte das Forscherteam besonders rare Proben: 23 Menschen, die sich aufgrund einer Epilepsie einer neurochirurgischen Operation an der Charité unterzogen hatten, stellten ihr Hirngewebe zur Verfügung. Mithilfe modernster Technik – der sogenannten Multipatch-Technik – konnten die Forscher Signalflüsse in den Gehirnproben beobachten, und zwar so lange, bis die Zellen außerhalb des Körpers ihre Aktivität einstellten.

Komplexere Hirnrinde – andere Informationsverarbeitung

Wie die Forscher in ihrer im renommierten Fachmagazin "Science" veröffentlichten Studie berichten, ist die menschliche Hirnrinde nicht nur deutlich größer als die der Maus, sondern auch komplexer. Nur ein kleiner Bruchteil der Neurone führe ihnen zufolge wechselseitige Dialoge. "Beim Menschen fließen die Informationen stattdessen vorrangig in eine Richtung, sie kehren nur selten direkt oder über Schleifen an den Ausgangspunkt zurück", so Dr. Yangfan Peng, Erstautor der Studie.

Wussten Sie schon?

Weniger als fünf Millimeter dick ist die Großhirnrinde, eine der wichtigsten Strukturen für die menschliche Intelligenz. Zwanzig Milliarden Nervenzellen verarbeiten hier, in der äußersten Schicht des Gehirns, unzählige Sinneswahrnehmungen. In der Hirnrinde planen wir Handlungen, hier sitzt unser Bewusstsein.

Dass dieser vorwärts gerichtete Signalfluss Vorteile für die Datenverarbeitung mit sich bringt, konnten die Wissenschaftler anhand einer Computersimulation belegen. Das Ergebnis hierbei: Das menschliche Netzwerk arbeitete im Gegensatz zur Maus effizienter und konnte mehr Informationen speichern.


Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Montag, 29. April 2024

Vaterlandslose Gesell*innen

              zu öffentliche Angelegenheiten
Tempora mutantur et nos mutamus cum illis.

 

 

Mehr Sichtbarkeit!

                                    zu öffentliche Angelegenheiten
Zu irgendeiner Minderheit gehör bestimmt auch ich.

 

Karl Kraus.


aus Journalistikon, zu öffentliche Angelegenheiten

Karl Kraus
Publizistik als Medienkritik in der Wiener Moderne

Sonntag, 28. April 2024

Man muss ja nicht zu allem...

Hermann Nitsch, Schüttbild, 2021                                                                                                                   zu Geschmackssachen

 ... eine Meinung haben. Manchmal reicht ansehen, wenn man sonst Ruhe hat.

 

 

"Formen der Sichtbarkeit".

Maske aus Alaska                              
aus FAZ.NET, 5. 4. 2022
                                                zu  Jochen Ebmeiers Realien, zu Geschmackssachen

Philippe Descola
Vertraute Kunst in fremdem Licht
Sehen lernen, was den westlichen Blick auf die Welt bestimmt: Philippe Descolas vergleichende Anthropologie des Bildes ist ein großer Wurf.  

Von Peter Geimer

Als der französische Anthropologe Philippe Descola in den Siebzigerjahren die indigene Kultur der Achuar im Amazonas studierte, machte er eine Erfahrung, die bereits sein Lehrer Claude Levi-Strauss beschrieben hatte: Die Kategorien, in denen die Achuar dachten und die Welt beschrieben, unterschieden sich so grundsätzlich von den Erwartungen des Wissenschaftlers, dass er einen Teil seiner eigenen Denktradition vergessen musste, um sie zu verstehen. Eine Unterscheidung zwischen Natur und Kultur existierte im Denken der Achuar ebenso wenig wie Bereiche namens „Technik“, „Religion“ oder „Geschichte“. Wollte er dieses andere Denken auch nur ansatzweise verstehen, musste der Reisende in der Fremde zuerst sich selbst fremd werden.

Diese Erfahrung verarbeitete Descola später in seiner berühmten Studie „Jenseits von Natur und Kultur“ – einer anthropologischen Neuvermessung der Welt, die den Vergleich mit Michel Foucaults „Ordnung der Dinge“ nicht scheuen musste. Wo Foucault sich allerdings auf drei Jahrhunderte des westlichen Denkens konzentrierte, entwirft Descola eine Ontologie im globalen Maßstab.

Ein geistbegabtes Wesen namens „Mensch“

Die Flughöhe ist hoch, und von dort oben betrachtet geraten manche Nuancen und Details in den Hintergrund. Dafür aber werden großflächige Strukturen erkennbar, die ein geographisch und historisch dicht in Bodennähe operierender Blick nicht erfassen kann. Descola spricht von verschiedenen „ontologischen Filtern“, die darüber entscheiden, ob die Welt, in der man sich bewegt, der Ordnung des Animismus, des Totemismus, des Analogismus oder des Naturalismus entspricht. Einzig die Denktradition des Naturalismus, die Descola der westlichen Welt seit dem Mittelalter zuordnet, unterscheidet kategorisch zwischen geistbegabten Wesen namens „Mensch“ auf der einen, nichtmenschlichen Wesen auf der anderen Seite.

Philippe Descola: „Les formes du visible“. Une anthropologie de la figuration.
Philippe Descola: „Les formes du visible“. Une anthropologie de la figuration.

Die ganz anders organisierte Welt des Totemismus sieht eine solche Trennung nicht vor. Menschen, Tiere und Pflanzen gehören einem gemeinsamen Prototyp an – etwa der Klasse des Adlers –, da sie bestimmte Eigenschaften teilen. Auf dieser Basis entwickelt Descola in seinem neuen großen Buch eine vergleichende Anthropologie des Bildes. Wenn „die Weisen der Identifikation“, so der Autor, „tatsächlich die strukturierende Funktion besitzen, die ich ihnen zuschreibe, dann muss es möglich sein, sie auch in den Bildern zu finden“.

Nach den ein wenig abgeebbten Debatten um den iconic turn liegt mit Descolas Buch nun nicht weniger als der Entwurf einer neuen Bildtheorie vor. Descola teilt die Grundannahme der Bildwissenschaften, wonach visuelle Evidenz sich grundsätzlich von der Logik der Schrift unterscheidet. Statt vom „Bild“ spricht der Autor aber lieber von „Figuration“ – ein Begriff, der die Vergegenwärtigung des Dargestellten ebenso einschließen soll wie seine Verankerung in einer bestimmten Ontologie. Wie die um 1900 unternommenen Versuche einer „Weltkunstgeschichte“ zeigen, laufen universalistische Entwürfe leicht Gefahr, die eigene Kultur als verbindliche Norm zu betrachten.

Wasser, Düne, Opossum und Pflaumenbaum

Einer solchen Gleichschaltung entgeht Descola schon dadurch, dass er den Begriff der „Kunst“ gar nicht erst verwendet. Für den Versuch seiner globalen Anthropologie erweist sich eine Fokussierung auf den Sonderfall der Kunst als wenig hilfreich. Die schematische Darstellung eines Sees, die ein Mitglied des australischen Clans der Manggalili auf eine Baumrinde gemalt hat, mag auf den ersten Blick als künstlerisches Abbild einer Landschaft gelten. Wie Descola zeigt, repräsentiert das Schema aber keine existierende Topographie, vielmehr kommt die Landschaft erst durch die innere Verwandtschaft der in ihr lebenden Wesen zustande.

Der europäischen Tradition, die Verwandtschaft vor allem durch morphologische Ähnlichkeiten herstellt, muss der totemistische Impuls, Wasser, Düne, Opossum und Pflaumenbaum aufgrund ihrer gemeinsamen Eigenschaften als einheitliche Klasse zu begreifen, befremdlich erscheinen. Die ganz anders strukturierte Welt des Animismus beschreibt Descola am Beispiel der asymmetrischen Gesichtsmasken der Ureinwohner Alaskas. Indem sie ein halb geschlossenes und ein weit geöffnetes Auge zeigen, vereinen die Masken die Sichtweise des Jägers mit derjenigen der Beute. Das Tragen der Maske lässt den Jäger das Terrain überblicken. Zugleich bewirkt es, dass umgekehrt auch die Tiere mit ihm in Verbindung treten können: im Auge des Jägers erblickt das Tier sich selbst und erkennt, ob dieser „es wert ist, ihm den eigenen Körper zum Geschenk zu machen“.

Die Möglichkeit einer anderen Lesart

Die Lektüre des Buches verlangt danach, bekannte Beschreibungsmuster zu vergessen – nicht allein im Blick auf die Weltentwürfe der anderen, sondern ebenso auch im Blick zurück auf die eigene Kultur. Wie der Weltreisende muss er bereit sein, sich seiner Bildung ein Stück weit zu entfremden. Denn Descola abstrahiert in den Kapiteln zur europäischen Kunst von beinahe allen Voreinstellungen des tradierten kunsthistorischen Diskurses: ästhetische Norm, Intention des Künstlers, Wanderung von Stilen und Motiven, Sozialgeschichte, Provenienz der Bilder. Stattdessen gilt die Aufmerksamkeit der Sichtbarmachung jener ontologischen Grundierung, die den westlichen Naturalismus zusammenhält: der Entwurf einer Welt, die von einem „menschlichen Subjekt gebildet wird, indem es sie von seinem Standort aus beobachtet“.

Dass es im Holland des siebzehnten Jahrhunderts Menschen gab, die Schalentiere, Zinnbecher und Früchte malten, erscheint nach der Lektüre des Buches ebenso erstaunlich wie der Versuch, in einem gemalten Porträt das Wesen eines Menschen einzufangen. Die immer wieder als Zäsur beschriebene Erfindung der Zentralperspektive erscheint in einem anderen Licht, wenn Descola die Detailbegeisterung flämischer Maler als Ausdruck derselben Grundeinstellung zur Welt beschreibt: der Gewohnheit, die sichtbare Welt als Gegenpart zur eigenen Innerlichkeit zu betrachten. Auch manche Meistererzählungen der Avantgarde sehen nach ihrer anthropologischen Durchleuchtung überraschend anders aus: im Register Descolas ist Mondrian mit seinem Willen zur Abstraktion Teil derselben Welthaltung, von der er sich vermeintlich verabschiedet.

Das Buch wird hierzulande – spätestens mit seiner Übersetzung – eine interessante Diskussion auslösen. Foucaults intellektuellem Unternehmen ähnelt es auch darin, dass es ein Leichtes sein wird, dem Autor vorzurechnen, welche Spezialstudien er nicht zur Kenntnis genommen hat. Aber darum geht es eben gar nicht. Descola verfügt über exzellente Kenntnisse der kunsthistorischen Literatur. Vor allem aber besteht der Einsatz seines Buches ja gerade darin, den bewährten Zugängen der Kunstgeschichte die Möglichkeit einer anderen Lesart an die Seite zu stellen. In der Flughöhe des Anthropologen kommt sich manches überraschend nahe, was bislang getrennt erschien. Ebenso schärft sich aber dort, wo man Ähnlichkeiten sah, der Blick für Differenzen. Wenn das Denken nicht auf Dauer in sich selbst kreisen soll, sind große Entwürfe wie derjenige Descolas unverzichtbar.

Philippe Descola: „Les formes du visible“. Une anthropologie de la figuration. Éd. du Seuil, Paris 2021. 848 S., Abb., br., 35,– €.

 

Nota. - Von Mentalitätsgeschichte war noch keine Rede, als Diltheys Brieffreund Paul Gf. Yorck seine Fragmente Bewußtseinsstellung und Geschichte zu Papier brachte, selbst der Ausdruck Geisteswissenschaft war noch brandneu. Zu Populari-tät haben sie es nie gebrach, sie wurden erst 1956 postum bei Niemeyer in Nürn-berg veröffentlicht. Doch durch Diltheys Vermittlung sind sie über Norbert Elias, Bernhard Groethuysen und Alexandre Koyré schulbildend geworden. 

Der kulturanthopologische Ansatz von Lévy-Strauss hat ganz andere Quellen, aber er kam viel später, und was er der 'geistesgeschichtlichen' Richtung verdankt, sollten die Cultural anthroplogists selber erwägen. Denn sie sind nicht die Monopolherren dieses Terrains und nicht einmal seine Entdecker.

Feldforschung ist etwas anderes als Quellenstudium. Doch schon Gf. Yorck war aufgefallen, dass sich der Unterschied zwischen orientalisch-antiker und modern westlicher Bildung nicht auf bestimmte items - und seien es noch so viele - be-schränkt, sondern modal die gesamte Welt- und Lebensauffassung betrifft, was er mit "Bewusstseinsstellung" umschreibt. Okular nennt er die Verständnisweise der alten Griechen und Inder, die etwas zu verstehen meinten, sobald sie es in ein Bild fassen konnten, während der vernünftige Westler seit Descartes alles verräumlichen müsste, um, wie man heute treffend formuliert, damit "umgehen" zu können. (Die dazwischenliegenden Jahrhunderte römischer Klerikalität nennt er fein pointiert das "christlich-antike Amalgam".)

Die Frage ist nicht ("ontologisch"), ob das eine richtige Unterscheidung ist, und gar, ob die eine oder die andere Weltsicht ontologisch "richiger" sei. Sondern das Gewahr-werden des Unterschiedes selbst macht augenfällig, dass ein solches Urteil gar nicht möglich ist, weil jeder Urteilende notwendig in der einen oder andern "Bewusst-seinsstellung" selbst befangen ist.

Das ist das wissenslogische Kernproblem aller vergleichenden Kulturwissenschaft und gehört zum täglich Brot des Quellenstudiums wie der Feldforschung. Und es ist nicht eine Weltsicht so gut wie die andere Weltsicht. Nämlich nicht in der Welt, der der Wissenschaftler angehört, und darum kann er sich nicht nach Gusto für die eine oder die andere "entscheiden". 

Privat für sich allein mag ers versuchen, aber er riskiert wie Gauguin ein graues Wunder. Dem Rezensenten jedoch scheint es zu genügen, wenn wir unser moder-nes Bild von der Welt, das vom „menschlichen Subjekt gebildet wird, indem es sie von seinem Standort aus beobachtet“, mit einem Kessel Buntes garnierten. Als ich in der FAZ seinen Bericht aufschlug, hoffte ich, auf genau solches Material zu sto-ßen. Das ist er mir schuldig geblieben, und so müsste ich Descolas dickleibiges Buch selber lesen. Doch das hat er mir auch nicht schmackhaft gemacht.
JE, 7. 4. 22

Bin sehr wichtig.

       zu öffentliche Angelegenheiten
 

Nachtrag zu gestern.

                                        zu öffentliche Angelegenheien

Vernunft ist kein schöner Götterfunken, sondern kühl und klar.

 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Samstag, 27. April 2024

Vernunft ist kein goldener Mittelweg, sondern die ganz scharfe Kante.

                                                                            zu öffentliche Angelegenheien

36 Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören, denn du vermagst nicht ein einziges Haar schwarz oder weiß zu machen. 37 Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.
  
15 Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! 16 Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.

Das Missverständnis, Vernunft sei nicht nur trocken, sondern auch lau und lang-weilig, kommt daher, dass sie eines Tages als Gegnerin des Glaubens auftrat. Da hatten es die buchstabenfrommen Pharisäer auf einmal leicht: Mutter aller Fana-tismen sei die biblische Offenbarung - und der Dreißigjährige Krieg, der Europa erst zu dem gemacht hat, was es heute ist, gab davon ein schreckliches Zeugnis. 
 
Glauben mag jeder, was er mag, und mit allem Eifer, den er dafür übrig hat; doch wenn die Offenbarung fortfiel, gab es kein Maß mehr.

Man musste sich also einigen.

Da gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: den Schacher, den die Pharisäer Konsen-sus nennen, und der scharfe Schluss aus geprüften Dingen. Vernunft ist nur das letz-tere, das erstere ist der goldene Mittelweg oder auch Eine Hand wäscht die andre.




Freitag, 26. April 2024

Es war ein Fehler.


Helmut Börsch-Supan hatte Recht: Die Entscheidung für die Schlossattrappe war die Bankrotterklärung der zeitgenössiscchen Architektur. Da konnte man ihm nur Recht geben, aber so war es wenigstens ehrlich: Wir sind nicht fähig, an der Stelle, wo das Schloss stand, einen sowohl ästhetisch als historisch angemessenen Ersatz zu schaffen. Die Schlossattrappe war eine Notlösung, aber wir hatten keine bessere.

Inzwischen ist das Ding "fertig", nachdem der elende Ostflügel so flach dasteht, wie der Architekt ihn ausgedacht hat. Fix und fertig, darf man sagen, seit der Zank sich auf sein gehöriges Niveau eingependelt hat: Inschriften auf der Kuppel, die von öffentlichem Platz aus gar nicht lesbar sind, und jüdische Propheten, die zwar nicht richtig christlich sind, aber eben auch weder schwarz noch gelb oder doch wenig-stens weiblich.

Es ist nicht einmal eine Notlösung. Gegen einen modernen Neubau sprach: Wer immer ihn entwerfen durfte - spätestens nach zwanzig Jahren hätten die Spatzen vom Dach geschrien: Das Ding muss wieder weg!

Das tun sie jetzt auch. 

 

 

Das Lügenproblem der KI.

https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgQWuc3AnaQ6a61uiWCrq_0PtKyRpqrDj_aF8AIZqixyH_zCHq_36Djjw82m8l3UqeWk1aeZr4t7IeyzLD9__oawYo87q8uvlxFjb2A3M0YyLdd5Oql7nhvW61Ju4e5mYSlghf7dcB9bGY0nWj4CGmYI85vLd-uby6b9LCqBHBrFhO_er_lfxWZdiuCUhc=s354                                  uJochen Ebmeiers Realien   zu Philosophierungen

Die Welt schrieb gestern über Das gefährliche Lügenproblem der KI. Zugleich nimmt das hin-und-her Mußmaßen darüber, wie weit KI an unsere natürliche In-telligenz heran reichen wird oder auch darüber hinaus, nicht ab. Beides zusammen-gesehen, setzt uns ein Licht auf. Noch niemals war nämlich einer besorgt über die Eventualität, dass künstliche Intelligenz eines Tages die... Vernunft neu erfinden und uns da überflügeln könnte.

Wo ist der Nexus? KI kann unbefangen lügen wie gedruckt, weil sie keine kritische Instanz eingebaut hat. Ohne Kritik gibt es aber keine Vernunft. Präziser gesagt, Ver-nunft ist kritisch. Das bedeutet, dass sie prinzipiell fähig und willig ist, jeder mögli-chen Frage auf den Grund zu gehen

Was aber ist der Grund? Es ist die allererste Voraussetzung, an der ein Denkvor-gang ansetzen und aus der er heraus-schließen muss.

Was es ist, das er voraussetzen muss, müssen wir dabei gar nicht wissen. Wir müs-sen aber voraussetzen, dass es unter allen möglichen Bedingungen gilt.

Was Geltung ist im Unterschied etwa zu Sein, kann die Maschine nicht wissen. Denn jeder noch so mikrologische Akt, den sie unternehmen kann, beruht auf Geltungen, die ihr einprogrammiert sind. Wenn das System sie prinzipell in Frage stellen würde, könnte es seinem Programm nicht folgen - könnte es nicht funktio-nieren.

Es ist so: Vernunft ist kritisch, oder sie ist nicht. Da gibt es keine halben Sachen.

 

Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog JE

Blog-Archiv

Aus unserer Intelligenz kann noch was werden.

aus derStandard.at, 4. 7. 2024   Sich durch teils komplexe Internetseiten zu navigieren ist eine große kognitive Leistung, sagt Pietschni...