Freitag, 17. März 2023

Sieben Gene fürs mathematische Talent.

aus scinexx.de       Wie gut unsere mathematischen Fähigkeiten sind, hängt auch von den Genen ab.       zu Levana, oder Erziehlehre

Sieben Varianten fürs Mathematik-Talent
Einzelaspekte der mathematischen Begabung könnten auf verschiedene Gene zurückgehen


Das Talent für Mathematik ist uns zum Teil in die Wiege gelegt. Jetzt enthüllt eine Genomanalyse, dass verschiedene Aspekte des mathematisch-logischen Denkens auch auf unterschiedliche Genvarianten zurückgehen. Von den sieben neu identifizierten Varianten sind einige mit Rechenfähigkeiten wie dem Subtrahieren oder Addieren verknüpft, andere dagegen mit dem Erfassen von Mengen oder dem mathematisch-logischen Denken. Interessant auch: Einige Genvarianten liegen nahe an Genen, die auch mit Autismus und Schizophrenie verknüpft sind.

Die Fähigkeit zum Rechnen, zum abstrakten mathematischen Denken und zur Zahlenverarbeitung spiegelt sich in unserem Gehirn wider. Denn unser Denkorgan besitzt spezielle Areale und Schaltkreise für bestimmte mathematische Aufgabenbereiche. So werden Zahlen je nach Größe in verschiedenen Bereichen des Gehirns verarbeitet, auch das Addieren und Subtrahieren sowie die Verarbeitung der Zahl Null findet in verschiedenen Hirnarealen statt. Bei professionellen Mathematikern wird zudem ein spezielles Hirnnetzwerk aktiv.

Schon länger gibt es auch Hinweise darauf, dass die mathematische Begabung zu einem beträchtlichen Teil erblich bedingt ist – bis zu 60 Prozent unserer Mathefähigkeiten könnten auf unsere genetische Ausstattung zurückgehen. Welche Gene dies sind, ist allerdings noch kaum erforscht. 2020 identifizierten Forscher aber immerhin ein Gen, ROBO1, das schon bei Kleinkindern das Wachstum wichtiger Mathematik-Areale im Gehirn fördert.

Elf Mathe-Fähigkeiten einzeln untersucht


Jetzt haben Forschende um Liming Zhang von der Shaanxi Normaluniversität in China sieben neue Genvarianten für mathematische Fähigkeiten identifiziert. Dafür führten sie eine genomweite Assoziationsstudie bei 1.146 Grundschulkindern aus zwei chinesischen Provinzen durch. Anders als bei früheren Studien unterzog das Team die kleinen Testpersonen einem standardisierten Test, der elf verschiedene Aspekte der Mathematik-Begabung gesondert überprüfte.

Der Test erfasste im arithmetischen Bereich sechs verschiedene Aufgaben, darunter die vier Grundrechenarten, Gleichungen und Mengenlehre. Im numerisch-logischen und räumlichen Bereich absolvierten die Schulkinder Tests in fünf Aufgabenbereichen, darunter mathematische Argumentation, die visuelle Größenabschätzung, die räumliche Wahrnehmung, das Zählen von Mengen und verschiedene visuell-motorische Aufgaben.

Sieben Genvarianten mit spannenden Verbindungen


In den Vergleichsanalysen identifizierten die Forschenden sieben Genvarianten, die mit hoher Signifikanz mit den mathematischen Fähigkeiten verknüpft sind. Unter diesen waren zwei Varianten mit der Fähigkeit zur Division, eine mit der Addition und eine mit der Subtraktion verknüpft. Diese getrennte genetische Repräsentation der Grundrechenarten würde dazu passen, dass diese Rechenarten im Gehirn auch in getrennten Arealen stattfinden. Eine fünfte Genvariante zeigte eine enge Korrelation mit der räumlichen Wahrnehmung, eine sechste mit dem Abschätzen von Mengen.

Die siebte Genvariante war in signifikanter Weise mit der mathematischen Logik verknüpft und mit der Fähigkeit, mathematische Aussagen zu überprüfen und nachzuvollziehen. Diese Genvariante, rs34034296, liegt auf dem achten Chromosom in der Nähe des Genorts CSMD3, wie Zhang und seine Kollegen berichten. „Für den CSMD3-Genort wurde schon zuvor gezeigt, dass Menschen mit Autismus und Schizophrenie dort abweichende Anzahlen von Kopien aufweisen“, berichten die Forschenden. „Wir zeigen nun erstmals, dass diese Gene auch direkt mit den mathematischen Fähigkeiten verknüpft sind.“

Ebenfalls interessante Zusammenhänge gibt es für die mit der Subtraktion assoziierte Genvariante. Sie liegt am Gen LINGO2. „Dieses reguliert die Synapsenbildung und wurde bereits als Risikogen für Autistische Störungen identifiziert“, so das Team. Auch für zwei weitere Genvarianten konnten Zhang und seine Kollegen Verbindungen zu spezifischen Genen herstellen.

Genetische Basis je nach Mathe-Aspekt verschieden

Nach Ansicht des Forschungsteams liefern diese neu identifizierten Genvarianten damit weitere Einblicke in die neurogenetischen Mechanismen, die der mathematischen Begabung zugrunde liegen. „Die Ergebnisse unserer Forschung legen nahe, dass verschiedene Aspekte der mathematischen Fähigkeiten auch eine jeweils eigene genetische Basis haben“, sagt Seniorautor Jingjing Zhao von der Shaanxi Normaluniversität. Dies liefert nun Anknüpfungspunkte für weitergehende genetische Studien. (Genes Brain & Behavior, 2023; doi: 10.1111/gbb.12843)


Quelle: Wiley
17. März 2023
von Nadja Podbregar


Nota. - Mathematik nimmt im gesellschaftlichen Verkehrt hochtechnisierter Zivilisation einen großen Platz - einen unverhältnismäßig größeren als in früheren Gesellschaften. Entsprechend stark prägt sie die Vorstellung, die wir uns von Intelligenz machen: Am ehesten denken wir bei der Vokabel an Albert Einstein.

Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, dass Intelligenz keine spezifische Fähigkeit ist, die in einer besonderen Erbsubstanz begründet wäre, sondern ein ganzer Kranz unterschiedlicher Begabungen, die alle zusammen das Bild bestimmen, das wir uns in unserer Welt von einem intelligenten Menschen machen. Der Intelligenzquotient ist ein ungefährer Anhaltspunkt dafür, welche Leistungen wir von dem einen oder andern Individuum erwarten können, aber keine Aussage über deren Bedingung. Über die Erblichkeit der letzteren zu streiten ist daher ohne Sinn.

Zumal wir nun erfahren, dass der besondre mathematische Anteil seinerseits nicht auf einer, sondern seinerseits auf einem ganzen Bündel von Begabungen beruht, von denen jede von mindestens einem Gen (mit-)bestimmt wird, das mit den andern unmittelbar nichts zu tun hat. Ob ein Kind für Mathematik begabt ist oder nicht, muss der Lehrer in jedem einzelnen Fall selbst beurteilen; wofür die Bedingung zum mindesten ist, dass er es will.
JE

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