Dienstag, 14. März 2023

Intelligenz ohne Leib ist wie Salz ohne Suppe und Begriff ohne Anschauung.

aus welt.de, 14. 3. 2023

Zu wahrer Intelligenz fehlt ChatGPT der Körper
Mit Innovationen wie ChatGPT wird künstliche Intelligenz immer weiter vorangetrieben. Doch bislang hat sie ein entscheidendes Manko: Ihr fehlt ein Körper. Einen Körper zu haben, ist auch für eine Maschine ein Riesenvorteil. Sonst bleibt der Mensch überlegen. Packen wir es an.

Von Kristian Kersting, Oliver Brock 

Künstliche Intelligenz (KI) ist wieder in aller Munde. Danke ChatGPT. Das KI-System kann recht gut Witze erzählen, sich mit uns unterhalten und sogar Computer programmie-ren.

Es kann sogar halbwegs brauchbare Aufsätze schreiben — sodass einige Mahner schon das Ende der Hausarbeit verkünden und eine Revolution des Prüfungswesens an Hochschulen erwarten.

Auch beim „Bar Exam“, jener Prüfung, die angehende Anwälte für ihre Zulassung in den USA bestehen müssen und die mit unserer zweiten juristischen Staatsprüfung vergleichbar ist, schneidet ChatGPT ganz passabel ab. Aber ist damit der Beweis erbracht, dass Maschi-nen intelligent sind?

Nein, noch nicht. KI-basierte Assistenten wie ChatGPT und Empfehlungsalgorithmen interagieren täglich mit hunderten Millionen Menschen und beeinflussen unseren Alltag auf vielfältige Weise, und trotzdem haben sie noch wenig Verständnis von uns und unserer Welt.

Selbstfahrende Fahrzeuge beherrschen ihre Interaktionen mit der Welt immer besser, sind aber noch Anfänger, wenn es um die Kommunikation mit Fußgängern und anderen Autos oder die Zusammenarbeit mit ihren menschlichen Fahrern geht.

Systeme wie ChatGPT sind enorm unterhaltsam und wirken überraschend menschen-ähnlich, aber sie sind noch unzuverlässig und „verkörpern“ keine wahre Intelligenz. Die Evolution hat eine Vielzahl von beeindruckend schönen Körperformen hervorgebracht – von Würmern über Fische bis zum menschlichen Körper. Aber warum eigentlich so viele Formen?


Weil jede Form, jeder Körper eine besondere Eignung zum intelligenten Handeln mit sich bringt. Die Fähigkeiten jedes Körpers entsprechen den Umgebungsverhältnissen seines Lebensraums – Nordpol, Tiefsee, Gebirge, Flachland.

Der Körper ist also nicht nur eine Hülle oder das ausführende Medium eines Verhaltens, das vom Gehirn ersonnen und gelenkt würde. Er steuert seinerseits einen bedeutenden Teil des Verhaltens, weil er es dem Gehirn erst ermöglicht, die Welt wahrzunehmen und sinn-volle Entscheidungen zu treffen. 

Der Kern der aktuellen KI-Forschung hat sich auf das körperlose Wahrnehmen und Erkennen konzentriert. ChatGPT ist da keine Ausnahme. Und das ist ein Problem: Denn was man nicht im Kopf hat, muss man sprichwörtlich in den Beinen haben. Leider hat ChatGPT weder Beine noch Körper.

Vielen mag es überraschend erscheinen, dass der Körper aktiv zu biologischer Intelligenz beiträgt. Aber wir erleben es täglich selbst: Wenn wir zum Frühstück nach der Müslischale greifen, berechnen wir im Kopf natürlich nicht millimetergenau, wo unsere Hand die Schale berühren soll.

Unsere Hand-Auge-Koordination und auch die Hand selbst erledigen einen Großteil der Berechnungen. Die Hand ist ein flexibler, weicher Sensor, der, wie von Geisterhand (no pun intended) die Menschenhand und ihre Finger präzise in Stellung bringt, um die Schale zu greifen.

Unser Gehirn muss sich zum Glück nicht um die Details kümmern, es wäre davon auch überfordert. Menschen „rechnen“ also nicht nur mit dem Gehirn, sondern auch mit ihren Händen und mit ihrem Körper. Einen Körper zu haben, ist auch für eine Maschine ein Riesenvorteil, wenn man intelligent sein möchte!

Ein Körper erleichtert soziale Interaktionen. Mit einem Körper kann das KI-System aktiv seine eigenen Erfahrungen und damit Daten sammeln, anstatt sich auf bereits erhobene Daten und vorprogrammiertes Wissen zu verlassen.

Wir sollten KI-Systemen endlich neben einem Geist auch einen Körper geben, damit sie ein soziales Verständnis und ein (Ge-)Wissen um unsere Welt aufbauen. Der Körper ist der logische nächste Schritt, um unsere Industrie und unser produzierendes Gewerbe neu zu erfinden und unseren Wohlstand zu sichern. Worauf warten wir, packen wir es an!


Kristian Kersting ist Professor für KI und Maschinelles Lernen an der TU Darmstadt, Kodirektor des Hessischen Zentrums für KI (hessian.ai), Buchautor („Wie Maschinen lernen“) und Träger des „Deutschen KI-Preises 2019“.Oliver Brock ist Alexander-von-Humboldt-Professor für KI und Robotik an der TU Berlin und Sprecher des Exzellenzclusters „Science of Intelligence.“ Gemeinsam haben beide den KI-Klub mitgegründet.


Nota. - Ich weiß nicht recht - ist da wirklich keinerlei pun intended? Das menschliche Ge-hirn nachzubauen wird schwer genug. Aber einen ganzen Menschen, Gehirn im Körper nachzubauen hat sich nicht einmal Baron Frankenstein erkühnt, der hat sich immerhin mit gebrauchten Einzelteilen beschieden, aber es hat nicht recht geklappt. Der erkünstelte Kör-per müsste für die ganze Welt schon perfekt zugerichtet sein, wenn er dem Gehirn, wie die Autoren schreiben, sinnvolle Entscheidungen ermöglichen soll. Sinnvoll können Entschei-dungen nur sein für einen Leib-Körper-Menschen, der in einer weiten Welt sein Leben füh-ren muss - ich meine: selber führen. Da könnt ihr basteln, solange ihr wollt: Das muss keine Maschine; wohin denn auch - auf den Schrottplatz?
JE

Nota. - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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