Dienstag, 28. Februar 2023

Die weibliche Wirtschaftsmacht des Mittelalters.


aus spektrum.de, 15. 2. 23                                                                                         zu öffentliche Angelegenheiten

Die Wirtschaftsmacht der Wikingerinnen
Während der Wikingerzeit und des Mittelalters beruhte der Handel im Nordatlantik zu einem Gutteil auf Textilien. Deren Produktion lag in den Händen von einfachen Frauen, die mit den Stoffen über Jahrhunderte einträgliche Geschäfte machten - und mit ihrer Webkunst auf einen Klimawandel reagierten.

von Francine Russo

Fachleute untersuchten Textilreste aus Island und Grönland, um die Lebenswelt der Frauen in einem Zeitraum von mehr als 900 Jahren zu rekonstruieren.

In Island diente ein spezieller Wollstoff über Jahrhunderte hinweg als Zahlungsmittel. Mit der Her­stellung des Gewebes verdienten die Frauen Geld.

Die Weberinnen passten ihre Textilien den klima­tischen Bedingungen an. Mit Beginn der »Kleinen Eiszeit« im 14. Jahrhundert veränderten sie die Webtechnik, um wärmere Stoffe zu fertigen.

Krieger, Künstler, Könige – seit Gelehrte die Menschheitsgeschichte erforschen, haben sie sich hauptsächlich mit den Taten von Männern befasst. Wie Frauen einst lebten, arbeiteten oder was sie gar dachten, untersuchte lange Zeit kaum jemand. Das einseitige Interesse hat einen überraschend sachlichen Grund: Die meisten Fundstücke, die die Zeiten überdauerten, bestehen aus anorganischen Materialien – Stein, Metall, Keramik. Und die Objekte aus diesen Stoffen erfüllten ihren Nutzen oft in der Lebenswelt der Männer. Es waren Spitzen von Jagdspeeren, Klingen von Schwertern, Teile von Streitwagen. Aber noch aus einem anderen Grund beschäftigten sich Archäologen überwiegend mit männlicher denn weiblicher Geschichte: Die meisten Forscher waren selbst Männer. So oder so – dadurch sind Fachleuten bisher zahlreiche Erkenntnisse über vergangene Kulturen entgangen.

Mittlerweile versuchen Archäologen, diese Wissenslücke zu schließen. Etwa indem sie intensiver als je zuvor Textilien untersuchen. Das Forschungsfeld lag lange brach, da Kleidung und Stoffe als belanglos und wenig ergiebig galten. Zudem bleiben Textilien meist nur unter bestimmten Bedingungen wie extremer Trockenheit oder andauernder Kälte erhalten. Doch wie sich inzwischen zeigt, liefern selbst zerschlissene Gewänder und Stofffetzen ungeahnte Hinweise über die Menschen, die sie einst herstellten und verwendeten…


Nota. - Die Geschichte des Kapitalismus wird hauptsächlich als die Entwicklung der Schwerindustrie aufgefasst. Doch die Entstehung der bürgerliche Wirtschaftsweise war das nicht. Metallne Gegenstände hat nicht jederzeit jeder gebraucht, doch bekleiden mussten sich immer alle. Bevor eine Große, nämlich Schwerindustrie entstehen konnte, gab es jahrtausendelang eine Klein- und Hausindustrie, und wurden ihre Erzeugnisse getauscht - jahrtausendelang gab es transkontinentale Handelswege und Marktplätze. Textilien dürften das Gros der getauschten Ware ausgemacht haben, vom Gewinn der Faser über das Weben, Färben und den Zuschnitt bis zum Nähen. Hausindustrie neben der Landwirtschaft wird zum Großteil von Frauen betrieben worden sein, und da sie nicht die körperlich schwerste Arbeit war, dürfte auch die Weiterverarbeitung hauptsächlich Frauensache gewesen sein.

So weit, so gut. Aber was folgt daraus? Ein Weltmarkt ist nicht draus hervorgegangen.
JE

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