Dienstag, 1. November 2022

Oskar Zwintscher im Albertinum.

Unter der Überschrift Der sächsische Klimt bringt der Berliner Tagesspiegel heute einen Bericht über eine Ausstellung in Dresden:

"Das Albertinum Dresden feiert die späte Wiederentdeckung des Fin-de-Siècle Malers Oskar Zwintscher mit eine Retrospektive unter dem Titel Weltflucht und Moderne."

Hier ein früherer Beitrag aus meinen Geschmackssachen

Der entschlossen Unmoderne: Oskar Zwintscher in Dresden.


aus FAZ.NET, 31. 5. 2022                Oskar Zwintscher Selbstbildnis mit Tod 1897                   zu Geschmackssachen

Sächsischer Klimt in Ziegelrot
Oskar Zwintscher war bislang der große Unbekannte der Malerei um 1900. Dresdens Albertinum ändert das nun glänzend.

Von Stefan Trinks

Es gilt, eine Neuentdeckung zu feiern: Den 1870 in Leipzig geborenen und schon 1916 mit nur 46 Jahren in Dresden verstorbenen Fin-de-siècle-Maler Oskar Zwintscher. Er ist der große Unbekannte der Kunst um 1900, obwohl man ihn nicht ohne Grund den „sächsi-schen Klimt“ nannte – mit Klimt war er befreundet und stellte ge­mein­sam mit ihm aus. Malerisch kann Zwintscher allemal mit den Symbolisten Böcklin, Hodler und Klimt mithalten. Sein Dresdner „Bildnis einer Dame mit Zigarette“ von 1904 ist eine Ikone der selbstbewussten Frau, die in der Lebensreformbewegung und im Jugendstil eine völlig neue Wahrnehmung erfuhr.

Die frontal uns ge­gen­über­sitzen­de Rothaarige mit den großen grünen Augen lässt sich vom Betrachter nicht begaffen, sie hält dem Blick mühelos stand – dem Gesichtsausdruck nach zu schließen auch intellektuell. Im lockeren, korsettlosen Reformkleid sitzt sie Schwarz vor Schwarz – wüsste man es nicht besser, hielte man sie für eine französische Intellektuelle der Sechzigerjahre – mit überschlagenen Beinen da, während die auf dem Knie ruhende Hand grazil eine Zigarette hält, deren Spitze tiefrot glimmt. Dass Zwintschers Bild mit vollem Recht den abgegriffenen Titel „Ikone“ verdient, lässt sich an drei Alleinstellungsmerkmalen erkennen: ungewöhnliche, ausdrucksstarke Augen, auf den Kopf gestellte Formen (Hals und Handrücken der Selbstbewussten sind modern als Fläche „zugespachtelt“, um die filigranen Finger und das fotografisch präzise modellierte Ge­sicht umso feiner wirken zu lassen) und ein Farbeinsatz, der nicht einmal den wildesten Symbolisten einfiel. Mit dem Feuerrot der Zigarettenglut lodert zudem ein inneres Feuer des früh Vollendeten aus dem Bild, das seinesgleichen sucht.

Bildnis einer Dame mit Zigarette

Ohne die begüterte Frau wäre er wohl verhungert

Im Dresdner Albertinum ist dem Maler nun eine Einzelausstellung gewidmet. Fünfzig Gemälde stammen von ihm, der insgesamt nur 140 Gemälde hinterlassen hat, von denen noch einmal ein Großteil verschollen ist oder in den Wirren des Zweiten Weltkriegs in Dresden verloren ging. Fünfzig weitere Werke sind von be­freundeten Malern wie Klimt, bewunderten wie Böcklin und Hodler oder Zwintschers „Nachfolgern“. Selbst in Dresden ist es erst die zweite Schau nach 1982, obwohl der Maler hier den Großteil seines Lebens verbrachte. Das Albertinum besitzt zwar mit fünfzehn Gemälden den größten Ei­gen­bestand an Zwintscher, doch geriet er rasch in Vergessenheit durch seinen jähen Tod inmitten des Ersten Weltkriegs, den Stilwechsel zum Expressionismus schon zu seinen Lebzeiten sowie durch fehlende Schülerschaft – dabei lehrte er seit 1903, also bereits mit nur 33 Jahren, als Professor an der Kunstakademie in Dresden. Erschwerend hinzu kam Zwintschers geradezu legendäre Geschäftsuntüchtigkeit ohne nennenswerte Netzwerke, die ihm ein ruhmreiches Nachleben gesichert hätten. Aus finanzieller Not zeichnete er zahlreiche Karikaturen für die Meggendorfer Blätter, einem politisch milderen Konkurrenten des „Simplicissimus“.

"Die Herrin tadelt den Diener", 1896, aus Meggendorfer Blätter

Die Ausstellung im Albertinum beginnt sensibel damit, anhand gut ausgewählter Beispiele erst einmal ein Bewusstsein für die malerischen Qualitäten Zwintschers herzustellen. Das erste Bild rechts vom Eingang, „Mondnacht“ von 1897, könnte eine Kitschszene aus der romantikseligen Heidelberger Altstadt des neunzehnten Jahrhunderts sein, wären da nicht die roten Dächer und vor allem fast psychedelisch wilde Jugendstilranken am Gemäuer.

Daneben hängt eins seiner vielen Selbstbildnisse, in denen er sich als „altdeutscher“ Malerrebell mit meist längerem of­fe­nem Lockenhaar inszeniert; auf jenem in Holbeins Malertradition von 1895 ist sein rechtes Bernsteinauge verschattet, das linke strahlt grün aus dem Bild. Es folgen die spektakulären „Roten Dächer – Meißen“ von 1905 als Orgie in Ziegelrot. Wie Schiele immer wieder die organischen Dachlandschaften seines ge­liebten Krumau porträtierte, zeigt Zwintscher die Dächer Meißens, wo er jahrelang lebte und arbeitete, wie sonnenverbrannte Epidermis fließend ineinander übergehend oder wie ein wogendes Feld leuchtenden Klatschmohns. Dass es ihm dabei nicht um eine perspektivisch korrekte Darstellung geht, unterstreicht der schwarze Keil der gotischen Domterrasse, der von seinem Bergsporn geradezu surreal kantig in das Fleisch der roten Dachhäute zu schneiden scheint.

 

Rote Dächer (Meißen) 1905

Auch auf dem Vorgängerbild von 1895 leuchten diese flammend als Fläche aus dem Bild. Zwintscher war also nicht nur begnadeter und gefragter Porträtist, auch seine Landschaften hätten die Kunst revolutioniert, wenn das Œuvre nicht so frühzeitig abgebrochen wäre. Beleg dafür ist das extreme Hochformat „Frühling“, auf dem ein Knabe mit Querflöte vor einer mächtigen Bergzinne musiziert, während drei Viertel des Bildes von einem stechenden Himmelblau als Fläche eingenommen werden. Ein Jahr später steigert er dieses Verhältnis noch, indem auf „Der Sommertag“ nun sechs Siebtel des Hochformates mit Azur gefüllt sind, während weit oben ein Raubvogel vor diesem ab­strakten Hintergrund und im Weiß einer leonardesk eine Fratze bildenden Wolke einsam seine Kreise zieht.

Frühling, 1894

Ein Kennzeichen von Zwintschers Landschaften liegt darin, dass größere Teile von ihnen wie Denkblasen konturiert und flächig in einer traumschönen Endlos-Skala von Grüntönen abstrahiert sind, während andere Partien im Hintergrund beinahe fotorealistisch nach vorn gezogen werden. Auf „O Wandern, O Wandern!“ von 1903 sind das beispielsweise acht feuerrote Dächer in einem weit entfernten Tal, die hell aus dem wogenden Grün stechen. So nimmt es auch nicht wunder, dass auf einem Bildnis-Paar von Zwintscher und seiner Dutzende Male als Modell und Muse por­trätierten Frau Adele, die er 1893 als Tochter eines wohlhabenden Böttchers in Meißen kennen und lieben gelernt hatte, die Hälfte seines „Selbstbildnisses mit Tod“ von roten Dächern eingenommen wird, während auf dem Pendant des Bildpaares „Adele als Braut“ die Gemäldehälfte neben der Porträtierten von stark abstrahierten Birken bedeckt ist – was Malern bei diesem streng schwarz-weiß gemusterten Baum ja stets leichtfällt.

Eltern und Bürgermeister in Tannengrün

Hintergrund auch der beiden in einem Rahmen zusammengefassten und wiederum von Holbein inspirierten „Bildnisse meiner Eltern“ von 1901 ist ein waldtiefes Tannengrün, ebenso wie neun Jahre später das überlebensgroße „Bildnis des Oberbürgermeisters Dr. Beutler“ von einem tannengrünen Vorhang und einem gleichfarbigen Samtfrack mit den vielen Orden des Honoratioren geprägt wird. Zwintschers Signaturfarben sind dementsprechend außergewöhnliche ziegelrote Töne und ein Tannengrün, das noch über jenes vom Jugendstil geliebte hinausgeht. Wiederzuerkennen ist er ebenfalls an den stets übergroßen leuchtenden Augen, die geradewegs in die Seele der Porträtierten, vor allem seiner Frau Adele mit ihrem manchmal fast überzeichnet wirkenden Augenpaar, leiten und diese auszuloten scheinen.

Diesem psychologisierenden Durchröntgen hielt nicht jeder stand. Im Jahr 1902 fährt Zwintscher auf Einladung des Malerfreundes Heinrich Vogeler in die Künstlerkolonie Worpswede, wo er Otto und Paula Modersohn-Becker trifft, vor allem aber Clara Rilke-Westhoff porträtiert. Von deren meist ein face ins beste Licht gerückten Attraktivität auf Fotografien bleibt auf Zwintschers Porträt nicht viel übrig. Er dreht sie ins Halbprofil, wodurch die auffällig breiten Julia-Roberts-Lippen zu einem verkniffenen Mund entgleisen, was wie Unsicherheit oder Verstellung wirkt. Zeitlebens behält er das Bild in seinem Dresdener Atelier, weil Rilke es ihm nicht abnimmt. Auch diesen porträtiert er auf moderne Weise, aber nicht im erwartbaren Worpsweder Naturidyll, vielmehr leicht von oben gesehen in einem Innenraum mit Fenster und mit irrlichternden Augen, vielleicht etwas zu sehr auf deinen jungenhaften Charme bei Frauen vertrauend. Auch dieses heute verschollene Bildnis kauft der Dichter Zwintscher nicht ab, wohl nicht zuletzt, weil dieser ihn auf einem Titelblatt der Meggendorfer Blätter als kleinen Mann neben der hochgewachsenen Clara karikiert hat. Selbstkritik oder Humor zählten bekanntlich nicht zu Rilkes Stärken.

Seine Errungenschaft sind demnach beinahe immer mit der Persönlichkeit der Dargestellten korrespondierende Hintergründe, deren oft der Natur entlehnte Symbolik er in der Manier des Jugendstils mit der jeweiligen Person verschmilzt. Weil er die Porträtierten ungewöhnlicherweise nicht auf der Grundierung der Gemälde vorzeichnete und ständig Änderungen vornahm, entstehen oft erstaunliche Formlösungen ohne Vorbild in der Kunstgeschichte. Das lebensgroße Bildnis seiner verehrten Adele ist das schlagendste Beispiel der Schau hierfür. Sie steht burschikos in Hosen und ganz in Schwarz mit weißem Spitzenkragen vor einem - natürlich tannengrünen - Granatapfeldekor. Ihren linken Arm stemmt sie in die Hüfte. Ihre rechte Hand ist abgewinkelt, als ruhe sie auf einer Lehne, doch ist da kein Stuhl. Ursprünglich saß Adele in dem Hochformat, wie das Röntgenbild belegt. Dann setzte ihr Zwintscher einen Hut auf den Kopf, stellte sie auf und ließ sie sich abstützen. Im Malprozess warf er all das über den Haufen. Zurück blieb die prekäre Balance einer selbstbewussten Frau, die auch im buchstäblichen Nichts offenbar dennoch einen festen Halt zu finden vermag.

Warum aber wurde Zwintscher der sächsische Klimt genannt? Aus gleich mehreren Gründen. Auch Klimt verband Jugendstil mit Symbolismus, war wie er ein begnadeter Zeichner der Frauen und stellte mit diesem gemeinsam aus. In Zwintschers „Fruchtsegen“, mit einer Art Madonna über paradiesischem Obstbaumhang, meint man Klimts „Apfelbaum“ zu erkennen. Es kann jedoch auch gerade umgekehrt sein, und Gustav Klimt hat das Motiv von seinem Dresdner Kollegen übernommen. Angesichts der Qualität dieser wiederentdeckten Malerei würde das niemanden verwundern.

Weltflucht und Moderne. Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900. Im Albertinum, Dresden; bis 15. Januar 2023. Der hervorragend gestaltete Katalog im Sandstein-Verlag kostet 42 Euro.

 

aus schmiertiger, 29. 5. 2022
 
Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900 im Albertinum

 O Wandern, o Wandern! 1903

Oskar Zwintscher (1870 – 1960) zählt nicht zu den ganz großen Namen der Kunstgeschichte, die weltweit Menschen in Museen ziehen. In Dresden und Umgebung aber, wo er überwiegend wirkte, kennt man seine Bilder von den Wänden der Städtischen Galerien sowie des Albertinums. Größeren Ruhm genoss er wohl zu seiner Zeit: 1910 brachte er es zu einer Einzelausstellung auf der Biennale in Venedig. Die neu eröffnete große Werkschau Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900, der auch ein zweijähriges Forschungsprojekt vorausging, bringt Oskar Zwintscher und Weggefährten neu in Erinnerung.

 Fruchtsegen, 1913

Träumerische, fast, märchenhafte Landschaften bei Tag und Nacht, in Meißen und Umgebung, meistens im Frühling, empfangen den Besucher der Ausstellung: Oskar Zwintscher, geboren in Leipzig, studierte in Dresden und lebte in Meißen, hielt mit dem Pinsel fest, was ihm nah war. Gleich mehrmals begegnen dem Besucher Selbstportraits und Bildnisse seiner Frau, die Dächer Meissens bei Tag und Nacht sowie des nahen Spaargebirges. Die Romantik und der folgende Impressionismus, den Zwinscher wohl nicht schätzte, waren vorbei und die Zeit des Historismus, des Jugendstils, des Realismus und des Symbolismus waren gekommen. Ohne die Erläuterungen zu den Bildern gelesen zu haben, erwecken gerade die frühen Landschaftsmalereien mit blauem, weiten Himmel, blühender Natur, in der Menschen als Teil der Szenerie erscheinen, das Gefühl, als hätte impressionistische Leichtigkeit die Melancholie der Romantik verweht. Aber das ist mehr Wirkung als Stilistik. Die hellen Farben, die realen Vorlagen, der Frühling sprechen die Sprache des Jugendstils. Es sind also überaus angenehm zu betrachtende Bilder, die, meteorologisch betrachtet, natürlich wunderbar in die Saison passen.

Proschwitzer Höhe bei Meißen. Um 1893.

Dem Jugendstil hängt ja auch der vermeintliche Makel des Dekorativen an. Schön anzusehen, aber nicht ohne Inhalt sind Zwintschers Gemälde, die in der Bildfindung neben realen Orten und Personen oft Bezug auf antike und religiöse Motive nehmen, vor allem in den eher dem Symbolismus zuzuordnen Werken. In den Bildern schwingen neue Einstellungen zu den Geschlechtern mit. Nacktheit, die nicht allein auf Jugend und Schönheit reduziert ist, wird immer wieder dargestellt. Bemerkenswert sind die Frauenbildnisse, für die oft Oskar Zwintschers Frau Adele Vorbild war. Mit selbstbewusstem Blick schauen sie nach vorn, werden selbst nackt nicht um Objekt des männlichen Blicks. “Gold und Perlmutter” (1909) zeigt Adele als stolze Venusfigur, die, mit nichts als Schmuck bekleidet, sich stolz dem Betrachter präsentiert, ohne erste Alterungserscheinungen zu verstecken. “Gram” zeigt einen von Trauer bedrückten Mann über den nackten Leichnam seiner Frau. Eines seiner bekanntesten Bilder, “Bildnis einer Dame mit Zigarette” (1904), zeigt eine streng, fast herausfordernd schauende junge Frau.

Gold und Perlmutter (1909)

Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900 zeigt mehr als einnehmende Portraits und schöne Frühlingslandschaften, sondern präsentiert auch die Forschungsergebnisse eines vorausgegangenen Projekts. Der Besucher bekommt somit Einblicke in die vielseitige Maltechnik des Künstlers – zum Teil mit Röntgenblick, der die Komposition unter dem fertigen Bild preisgibt. Natürlich bringt die Ausstellung Informationen zum biografischen und kunsthistorischen Kontext zusammen, zu sehen ist so auch das zur Kriegszeit als Auftragsarbeit entstandene Bild “Der Sieger”, das mit seinem plumpen Symbolismus weniger gefällt. Ebenso ausgestellt sind Gemälde von Zeitgenossen wie Gustav Klimt, Ferdinand Hodler oder Paula Modersohn-Becker. Fotografien, Exponate zum Malwerkzeug Zwintschers sowie Arbeiten für Magazine komplettieren eine Schau, die man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte.

Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900 ist bis zum 15.01.2023 im Albertinum zu sehen.

 

Nota. - Nach Shirley Jaffe und Judit Reigl schon wieder eine Offenbarung! Auch ich habe von Oskar Zwintscher nie etwas gehört oder gar gesehen, dabei ist er für einen ganz Vergessenen im Internet reichlich vertreten, die obigen Beiträge zu illustrieren war ganz einfach. 

Mit der künstlerischen Bewertung ist es schwieriger. Denn reflexhaft drängt sich eine kunsthistorische Einordnung auf, aber die ist für Galeristen und Käufer interessant, das einfach Publikum will doch zuerst einmal etwas sehen, und das ist ein ästhetischer Akt 

In einem Katalogeintrag fand ich folgende Formulierung: "Beispiel für den Übergang des reifenden Malers vom realistischen Naturalismus zum Symbolismus und schließlich zur neuen Sachlichkeit. Es zeigt beachtliche Ähnlichkeit zum 1895 geschaffenen Selbstbildnis Zwintschers. Aufgelöste Formen und Grenzen vermitteln noch impressionistische Züge." 

Da fällt mir ein: Zwintscher ist dehalb im Internet so leicht zu finden, weil seine Sachen noch zu Verkauf stehen! Wirklich künstlerisch wäre aber nicht der Umstand, dass er dieser oder jener Richtung zugerechnet werden kann, sondern dass die Zuordnung etwas Erzwungenes hat. Er hat vielmehr so gemalt, wie er es wollte. 

Als er jung war, wäre es ein Zeichen von Überheblichkeit gewesen, wenn er nicht die Malweisen versucht hätte, die seine Zeitgenossen gerade bedienten. Natürlich war am Anfang ein impressionistischer Anklang zu bemerken:

 

Auch Anklänge an Victorian aestheticism fehlen nicht:

Knabe mit Lilie, 1904

Symbolismus:

Die Melodie 1903

Spielende Trolle (Sturm) 1895

Weidenbäume bei Nacht 1904

Jugendstil:

Bildnis der Gattin des Künstlers am Meer, 1912


Bildnis der Gattin des Künstlers

 

Hodler:


Begegnung, 1914

Einen Anklang an Klimt habe ich tatsächlich nur dies ein Mal gefunden:

Fruchtsegen Datun? 

Aber das sind Anklänge, keine Nachahmungen; ein Maler, der sich nicht beeindrucken ließe von dem, was es um ihn herum zu sehen gibt, hätte die falsche Kunstgattung gewählt. Zwintscher malt immer ein ganz eigenes Bild. Weder schließt er sich einer Richtung an, noch sorgt er sich um eine unverkennbar eigene Handschrift. Doch vor allen Dingen ist ihm an Avantgarde kein bisschen gelegen. Er ist ganz sorglos unmodern.
JE, 
1. 6. 2022




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