Montag, 31. Oktober 2022

Abstraktion wird erst durch Verneinung möglich.

                                                                        zu Philosophierungen
aus derStandard.at, 30. 10 2022                Hühnerküken verstehen das Konzept von Abwesenheit, wie Forschende nun zeigen konnten.

SEIN ODER NICHTSEIN
Küken von Haushühnern verstehen die Bedeutung von "Nichts"
Bisher war unklar, ob es zur Vorstellung der Nichtexistenz eines Objekts die Fähigkeit zur Sprache braucht. Experimente an Hühnerküken brachten nun Klarheit.

Das Sein und das Nichts – schon große Denkerinnen und Denker wie Jean Paul Sartre, dessen Hauptwerk diesen Titel trägt, beschäftigte die Frage, wie etwas nicht sein kann und was das für uns bedeutet. Menschen verstehen das Fehlen eines Objekts als "Nichts" und haben dementsprechend auch einen Begriff dafür. Doch können auch Lebewesen, die nicht über Sprache verfügen, eine Vorstellung vom Nichtvorhandensein von Objekten haben? Eine neue Studie, die von der Central European University in Kooperation mit der Queen-Mary-Universität London sowie den Universitäten Triest und Trento durchgeführt wurde, legt jetzt nahe, dass die Küken von Haushühnern dazu in der Lage sind. Diese Ergebnisse wurden nun im Fachjournal "eLife" vorgestellt.

Im Zuge von vier Experimenten wurden Küken im Alter von acht Tagen in einen Zylinder gesetzt, von dem aus sie durch ein Loch verschiedene Ereignisse beobachten konnten. In weiterer Folge bekamen sie ein Objekt gezeigt, das dann entweder hinter eine Trennwand gestellt oder gänzlich entfernt wurde.

Unerwartetes hinter einer Trennwand

In verschiedenen Szenarien analysierten die Forscher dann die Reaktion der Tiere auf unerwartete und erwartete Ereignisse. Ein unerwartetes Ereignis wäre zum Beispiel, dass ein Objekt zunächst hinter die Trennwand gestellt wird, dann aber nicht mehr da ist, wenn diese entfernt wird. Erwartbar wäre beispielsweise, dass ein Objekt gänzlich entfernt wird und dann auch nicht hinter der Trennwand auftaucht.

Anhand der Reaktion der Küken, etwa daran, wie lange sie den Blick auf die Szenen richteten oder welches Auge sie bevorzugt verwendeten, konnte gezeigt werden, dass das Verhalten der Tiere mit deren Erwartungen in Bezug auf das Vorhandensein des Objektes zusammenhing. Vor allem die weiblichen Küken verhielten sich so, als würden sie etwas Neues sehen, wenn ein Objekt unerwartet wieder auftauchte. Das hänge damit zusammen, dass sie vermutlich das "ursprüngliche", identische Objekt noch immer als abwesend registrierten.

Die Küken zeigten dabei ein Verhalten, das bereits von anderen Vögeln bekannt war: Sie verwendeten zum Betrachten unbekannter Objekte meist das Linke Auge. Das hat damit zu tun, dass sie aufgrund der seitlich platzierten Augen den Kopf drehen müssen und durch das Sehen mit dem linken Auge die rechte Gehirnhälfte anregen wollen. Während dieses Verhalten typisch für Vögel ist, könnte es sich bei der Fähigkeit, die Abwesenheit von Gegenständen wahrzunehmen, um ein gemeinsames Merkmal von Wirbeltieren handeln, das die Basis für das abstrakte Denken des Menschen legte, heißt es in der Studie. (red, APA)


Studie

eLife: "Young domestic chicks spontaneously represent the absence of objects"


Nota. - So flach, wie sie zuerst erscheint, ist die Meldung garnicht. Sie erkennen es daran, dass der/die Autor:in sie selber nicht verstanden hat. Es geht nämlich nicht um Sachliches, sondern um Vorstellungen: um das, was (wem?) etwas bedeutet: um seine Bestimmtheit als...

Hühnerküken verstehen nicht, wie die Artikelüberschrift behauptet, die "Bedeutung von Nichts", noch auch nur "das Konzept von Abwesenheit", sondern bemerken grademal: Das a, das sie erwarten, ist nicht da.

*

Ein Nichts 'gibt es' nicht. Nicht ist Nicht-Etwas. Doch Etwas 'gibt es' auch nicht: Die Ab-straktion wird erst vorstellbar durch die Verneinung von dieser oder jener Bestimmung. Unbestimmtheit wird erst denkbar nach Fortfall vorangehender Bestimmtheit. 

Da steckt viel Tiefsinn drin. Überfluss ist zum Beispiel nicht das Fehlen von Mangel (an was?), sondern ihr Gegenteil. Die Unbestimmtheit von x hat zur Voraussetzung die Be-stimmtheit von a. Wo es nichts Bestimmtes gibt, gibt es auch nichts Un bestimmtes. Für wen denn? Nur, wer selber schon einmal bestimmt hat, kann nach etwas Bestimmtem fragen - und finden, dass es 'nicht da' ist. Denn dann hat er einen 'Begriff' von Bestimmt-heit: nämlich negativ, als deren Mangel.

'Eine Vorstellung vom Nichtvorhandensein von Objekten' - das ist bescheidener und kommt dem Sachverhalt ein bisschen näher. Jedoch sind Vorstellung, Nichtvorhandensein und Objekt Abstraktionen, die erst einer entwickelten Begrifflichkeit möglich wären. Ob ein solches bei den Küken gegeben war, wollten die Forsch:enden ja wohl herausfinden; und dann schieben sie es nachträglich unter!

Naturforscher:innen wollen sich bitte hinter die Ohren schreiben: Was die 'Dinge' sind und als was sie dem einen oder andern unter diesen oder jenen Bedingungen gelten, sind zwei paar Schuhe. Wer das nicht unterscheiden kann, sollte das Wort Wissenschaft vermeiden.
JE

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Pausen sind gut und nötig; der Pausenhof ist ein Übel.

                                                          aus Levana, oder Erziehlehre Die Schule ist ein Ort, der Kinder in einer so ...